Krieg gegen die Ukraine ++ Russischer und US-Verteidigungsminister telefonieren ++
Die Verteidigungsminister von Russland und den USA haben per Telefon miteinander gesprochen. Wegen Spionage hat ein Gericht im besetzten Donezk einen Ex-OSZE-Mitarbeiter zu 14 Jahren Haft verurteilt. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.
- Verteidigungsminister Russlands und der USA sprechen wieder am Telefon
- Aufbau von NATO-Ukraine-Kommando in Hessen beginnt
- Gericht im besetzten Donezk verurteilt Ex-OSZE-Mitarbeiter wegen Spionage
- Ukraine will Beschuss von Kinderkrankenhaus vor den IStGH bringen
- UN-Vollversammlung verlangt Russlands Rückzug von AKW
- NATO-Beitritt: Selenskyj sieht sein Land auf richtigem Weg
Ende des Liveblogs
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Telefonat der Verteidigungsminister Russlands und der USA
Die Verteidigungsminister der USA und Russlands haben nach Angaben beider Seiten erneut miteinander telefoniert. Das Gespräch von Lloyd Austin und Andrej Beloussow sei auf Initiative der russischen Seite zustande gekommen, sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters. Austin habe die Bedeutung des Aufrechterhaltens von Gesprächskanälen angesichts des Ukraine-Kriegs betont. Das russische Ministerium teilte mit, beide Politiker hätten sich über die Vermeidung von Sicherheitsrisiken und der Minimierung eines Eskalationsrisikos ausgetauscht.
Russland erhöht Steuern zur Finanzierung der Ukraine-Offensive
Im Bemühen um zusätzliche Einnahmen zur Finanzierung der Offensive in der Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin Gesetzesänderungen unterzeichnet, die Steuererhöhungen in Milliardenhöhe vorsehen. Er unterschrieb eine Reihe von Änderungen des Steuergesetzes, die unter anderem eine Erhöhung der Einkommenssteuersätze für Spitzenverdiener sowie der Körperschaftssteuer für Unternehmen vorsehen. Die Erhöhungen bringen nach Schätzungen des Finanzministeriums umgerechnet rund 27 Milliarden Euro pro Jahr ein. Die Pläne waren im Mai vom Finanzministerium vorgestellt worden. Anfang der Woche wurden die Gesetzesänderungen vom Parlament verabschiedet. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 haben die Staatsausgaben die Einnahmen deutlich überschritten.
Medienbericht: Waffenstudie hält weitere Abfangjäger für nötig
Nach den NATO-Hilfszusagen für die ukrainische Flugabwehr haben zwei Experten laut Angaben der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) gefordert, der Ukraine kurzfristig noch mindestens 80 Jagdflugzeuge zu liefern. Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations und der Datenanalytiker Marcus Welsch schreiben laut F.A.S. in einer Studie, die der Zeitung vorliege, vor allem zur Abwehr relativ langsamer Marschflugkörper sei "eine Ergänzung durch Abfangjäger" zwingend. Die Ukraine brauche mindestens 80 davon, "um ihren Luftraum ausreichend schützen zu können". Gressel begründete diese Forderung im Gespräch mit der F.A.S. mit Folgerungen aus dem Angriff auf die Kiewer Kinderklinik.
Ein Vertreter der Bundesregierung sagte auf eine Frage der F.A.S., Berlin wolle der Ukraine keine Abfangjäger liefern, weil man nicht wisse, ob sie damit nur Drohnen und Marschflugkörper abfangen werde, oder ob die Flugzeuge auch "für andere Aufgaben" genutzt würden - zum Beispiel zur Bekämpfung von Bodenzielen.
Kiew fordert Generalfreigabe für Marschflugkörper-Einsatz
Die ukrainische Regierung hat gefordert, dass ihre Verbündeten die Beschränkungen für Angriffe mit Marschflugkörpern innerhalb Russlands generell aufheben. Dann könnten systematisch russische Luftwaffenstützpunkte zerstört werden, sagte ein ukrainischer Präsidentenberater der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. Auf den Stützpunkten seien Flugzeuge stationiert, die für Angriffe in der Ukraine eingesetzt würden. Die USA, Frankreich und Großbritannien erlauben bislang nicht den Einsatz der Marschflugkörper gegen Ziele in Russland. Ausgenommen sind nur Stellungen auf russischem Boden nahe der Grenze zur ukrainischen Region Charkiw.
IAEA verurteilt Angriff auf Ochmatdyt-Klinik
Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) verurteilt den russischen Angriff auf eine Kinderklinik in Kiew - denn dort wird radioaktives Material zur Therapie eingesetzt. In einer Resolution wies das Gremium darauf hin, dass das Krankenhaus eine von der IAEA mitfinanzierte Einheit für Krebsdiagnostik und Strahlentherapie betreibt.
Am Montag war eine Rakete in ein Gebäude auf dem Gelände des Kinderkrankenhauses "Ochmatdyt" eingeschlagen. Zwei Erwachsene, darunter eine Ärztin, wurden getötet. Mehr als 30 Menschen, unter ihnen mindestens acht Kinder, wurden verletzt. Nach Angaben ukrainischer Behörden wurde bei dem Angriff keine radioaktive Strahlung freigesetzt. Die Klinik spiele "eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Kinderkrebs in der Ukraine", hieß es in der IAEA-Resolution. Die finanzielle Unterstützung durch die IAEA sei "unentbehrlich, um junges Leben zu retten und die Auswirkungen von Krebs zu lindern". Von den 34 stimmberechtigten Staaten im Gouverneursrat der IAEA unterstützten nach dpa-Angaben 20 die Resolution, Russland und China stimmten dagegen, die übrigen enthielten sich.
Britischer Geheimdienst: Horrende Verluste bei russischer Armee
Die russischen Truppen haben in ihrem Angriffskrieg nach britischen Schätzungen allein in den vergangenen zwei Monaten mehr als 70.000 Soldaten verloren. Im Mai habe die tägliche Rate von Getöteten und Verwundeten 1.262 Soldaten betragen, im Juni seien es durchschnittlich 1.163 gewesen, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Es sei wahrscheinlich, dass Russland auch in den kommenden zwei Monaten mehr als 1.000 Soldaten täglich verliert, da versucht werde, die ukrainischen Stellungen mit Massenangriffen zu überwältigen.
Gericht in Donezk verurteilt Ex-OSZE-Mitarbeiter wegen Spionage
Ein Gericht in der von Russland besetzten und beanspruchten ostukrainischen Region Donezk hat einen ehemaligen Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wegen angeblicher Spionage verurteilt. Das sogenannte Oberste Gericht der Donezker Volksrepublik verhängte eine 14-jährige Haftstrafe gegen den aus der Region stammenden Ukrainer, wie die russische Staatsanwaltschaft mitteilte. Der für Sicherheit zuständige Assistent soll für einen "ausländischen Geheimdienst" im Dezember 2021 Daten über Industrieobjekte gesammelt haben. Er war im April 2022 genauso wie andere Ex-OSZE-Mitarbeiter festgenommen worden.
Kreml weist Bericht über Anschlagsplan gegen Rheinmetall-Chef zurück
Russland weist den Bericht über ein geplantes Attentat auf Rheinmetall-Chef Armin Papperger als falsch zurück. Es handele sich um "fake news" basierend auf anonymen Quellen, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Solche Berichte könnten nicht ernst genommen werden. Der US-Nachrichtensender CNN hatte am Donnerstag berichtet, die USA und Deutschland hätten einen Anfang des Jahres geplanten Anschlag Russlands auf Papperger vereitelt. Der Rheinmetall-Chef ist eines der prominentesten Gesichter der Rüstungsindustrie in Deutschland. Die Produkte des Konzerns sind vielfach für die Ukraine bestimmt.
Verteidigungsexperte: Deutschland muss Nachrichtendienste stärken
Nach Berichten über einen vereitelten Plan Russlands zur Ermordung von Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter vor russischer Bedrohung für Deutschland gewarnt und Konsequenzen gefordert. "Wir müssen es sehr ernst nehmen und uns auch entsprechend wappnen", sagte Kiesewetter im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Kiesewetter sprach sich dabei für eine Stärkung der Nachrichtendienste aus. Konkret gehe es darum, "dass unsere Nachrichtendienste befähigt werden, besser aufzuklären", sagte er.
Ukraine will Beschuss von Kinderkrankenhaus vor den IStGH bringen
Der ukrainische Generalstaatsanwalt will den mutmaßlichen russischen Raketenbeschuss eines Kinderkrankenhauses in Kiew vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bringen. "Fälle wie ein absichtlicher Angriff auf das größte Kinderkrankenhaus in Kiew sollten beim IStGH landen", sagt Andrij Kostin der Nachrichtenagentur Reuters. Russland bestreitet, für den Beschuss verantwortlich zu sein, und spricht von einem Irrläufer der ukrainischen Flugabwehr.
Ukraine meldet Abschuss russischer Marschflugkörper
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben alle fünf "Kalibr"-Marschflugkörper des Typs Kh-101 abgefangen, die russische Streitkräfte auf die Ukraine abgefeuert haben. Auch elf von 19 Drohnen seien zerstört worden. Hauptziel des russischen Angriffs sei die Stadt Starokostjantyniw gewesen, wo es einen wichtigen Militärflughafen gibt. Die Stadt liegt in der Oblast Chmelnyzkyj im westlichen Zentrum des Landes. Die elf Drohnen seien über insgesamt sechs Regionen abgefangen worden.
Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Grünen-Fraktionsvize Brugger verteidigt Aufrüstungspläne
Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger rechtfertigt die geplante Aufrüstung mit weitreichenden US-Waffen in Deutschland. Sie verstehe, wenn viele Menschen dabei Assoziationen zum Kalten Krieg hätten, sagte die Verteidigungsexpertin im Deutschlandfunk. Die Maßnahmen seien aber kein Beitrag zum Wettrüsten, sondern dienten der Verteidigung. Mit Russland gebe es einen brutalen Aggressor, der Völkerrecht breche, auf Kriegswirtschaft umgestellt habe und einen brutalen Krieg gegen die Ukraine führe. Es gehe mit dem Stationierungsplan der USA daher um Zusammenhalt und Schutz, aber nicht um Aggression. Am Rande des NATO-Gipfels in Washington war bekannt geworden, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen.
NATO-Beitritt: Selenskyj sieht sein Land auf richtigem Weg
Die Ukraine sieht sich nach dem NATO-Gipfel in Washington für ihren Kampf gegen den russischen Angriffskrieg gestärkt. Bis das Land dem Militärbündnis beitrete, setze die Ukraine auf Sicherheitsabkommen mit NATO-Staaten, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Die Staats- und Regierungschefs der 32 Mitgliedsstaaten sagten der Ukraine zum Abschluss ihres Gipfeltreffens Unterstützung bis zum Sieg gegen Russland zu. Außerdem wurde der Ukraine zugesichert, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann.
Scholz weist Selenskyj-Forderung zurück
Kanzler Olaf Scholz hat die ukrainische Forderung nach einer Aufhebung aller Auflagen für den Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Territorium zurückgewiesen. Niemand habe eine Veränderung der bisherigen Richtlinien vor - aus gutem Grund, sagte Scholz in Washington. Zwar wollten die NATO-Partner "die Ukraine maximal unterstützen". Gleichzeitig müssten sie "aber eine Eskalation des Krieges zu einem Krieg zwischen Russland und NATO verhindern".
Aufbau von NATO-Ukraine-Kommando in Hessen beginnt
Der Aufbau des neuen NATO-Ukraine-Kommandos in Wiesbaden beginnt. Das Kommando soll Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte koordinieren. Der Oberbefehlshaber für Europa werde allerdings vermutlich noch einige Monate brauchen, bis er das Kommando so aufgestellt habe, dass es alle geplanten Aufgaben übernehmen könne, erklärten Bündnisvertreter am Rande des NATO-Gipfels in Washington. Bis dahin würden weiterhin die US-Streitkräfte die Koordinierungsaufgaben übernehmen. Für Militärhilfen für die Ukraine wollen die NATO-Staaten innerhalb des nächsten Jahres wieder mindestens 40 Milliarden Euro mobilisieren.
Biden: Für Gespräch muss Putin sein Verhalten ändern
US-Präsident Joe Biden ist nur unter bestimmten Bedingungen gewillt, mit Kremlchef Wladimir Putin zu sprechen. "Ich bin nicht bereit, mit Putin zu reden, solange Putin nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern", sagte Biden bei einer Pressekonferenz beim NATO-Gipfel in Washington. Generell betonte er, dass er bereit sei, mit jedem Staats- und Regierungschef zu sprechen - auch etwa mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Das gelte auch, wenn Putin ihn anrufen würde, um zu reden. "Ich will damit sagen, dass ich bereit bin, mit jedem zu reden, aber ich sehe keine Bereitschaft dazu", sagte Biden und relativierte seine erste Aussage zu Putin damit etwas. Biden sagte weiter, Putin habe "ein Problem". Russland habe in der Ukraine zwar erheblichen Schäden angerichtet und Menschen getötet. Aber Moskaus Krieg sei nicht sonderlich erfolgreich im Hinblick auf den russischen Gewinn von Territorium.
UN-Vollversammlung verlangt Russlands Rückzug von AKW
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat Russland zum Rückzug vom ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja aufgefordert. 99 der 193 Mitglieder stimmten für eine entsprechende Resolution, die von Deutschland und Dutzenden weiteren Ländern eingebracht wurde. Neun Länder stimmten dagegen, 60 enthielten sich.
Der rechtlich nicht bindende Beschluss fordert unter anderem, "dass die Russische Föderation dringend ihr militärisches und sonstiges nicht autorisiertes Personal aus dem Kernkraftwerk Saporischschja abzieht und das Kraftwerk unverzüglich wieder unter die volle Kontrolle der souveränen und zuständigen Behörden der Ukraine stellt". Moskau müsse auch unverzüglich seine Angriffe auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine einstellen, hieß es im Text weiter. Zudem bekräftigte die Vollversammlung ihre Forderung an Russland, den Angriff auf sein Nachbarland zu beenden und sich aus der Ukraine zurückzuziehen.
Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen
Russland fühlt sich durch die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland bedroht. Die Ukraine beschlagnahmt im Schwarzen Meer ein Frachtschiff wegen illegalen Getreideexports. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.