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Krieg gegen die Ukraine ++ Tschechien für NATO-Norderweiterung ++

Stand: 11.08.2022 02:44 Uhr

In Tschechien hat der Senat den NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens nahezu einstimmig gebilligt. Wegen des Getreideabkommens erwarten die UN steigende Ausfuhren aus der Ukraine. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

11.08.2022 • 02:44 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Donnerstag wieder mit einem Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

Aus einer brennenden Brauerei in der ostukrainischen Separatistenhochburg Donezk ist nach Angaben örtlicher Behörden giftiges Ammoniak ausgetreten. Der Brand sei durch den Beschuss ukrainischer Artillerie ausgelöst worden, teilte die Territorialverteidigung Donezk mit. Das Gas verteile sich im Umkreis von zwei Kilometern. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, in Gebäuden zu bleiben und Fenster geschlossen zu halten. Ammoniak - bekannt für seinen stechenden Geruch - dient beim Bierbrauen als Kühlmittel.

Die Front zwischen ukrainischen Truppen und den Einheiten der von Moskau gesteuerten Separatisten verläuft seit 2014 nur wenige Kilometer nordöstlich der größten Stadt im Donbass. In diesen Tagen gibt es dort heftige Kämpfe. Russische Truppen versuchen, die gut befestigten ukrainischen Linien zu durchbrechen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In Tschechien hat der Senat - das Oberhaus des Parlaments - die Norderweiterung der NATO praktisch einstimmig gebilligt. Wie die Nachrichtenagentur CTK berichtete, stimmten alle 66 anwesenden Senatorinnen und Senatoren für den Beitritt Schwedens. Für den Beitritt Finnlands votierten 64 von 65 anwesenden Abgeordneten. Ein Senator enthielt sich der Stimme, begründete dies anschließend aber mit einem Irrtum. Nach dem Oberhaus muss noch das Abgeordnetenhaus zustimmen, was Ende August erwartet wird. Dies gilt als Formsache. Letzter Schritt zur Ratifizierung in Tschechien ist dann die Unterschrift von Präsident Milos Zeman.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Vergeltung für den russischen Beschuss der Stadt Marhanez angekündigt. Ukrainischen Angaben zufolge starben durch den Beschuss der Kleinstadt 13 Menschen. Zehn Menschen wurden demnach verletzt. Selenskyj erklärte in seiner allabendlichen Videoansprache, die Ukraine werde überlegen, wie man den russischen Streitkräften größtmöglichen Schaden zufügen könne, um damit den Krieg zu verkürzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern aus seinem Wahlkreis eine positive Haltung zur Hilfe der Bundesregierung für die Ukraine wahrgenommen. "Mein Eindruck ist schon, dass es eine breite Unterstützung gibt dafür, dass wir die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf unterstützen", sagte Scholz am Ende eines Wahlkreisgesprächs im brandenburgischen Michendorf bei Potsdam. Die Menschen wüssten, dass es Konsequenzen habe, aber dass diese zu ertragen seien, wenn "wir zusammenstehen und es gemeinsam anpacken, was jetzt zu tun ist". In diesem Sinne sei es für ihn ein ermutigender Abend gewesen.

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von Zuhörerinnen und Zuhören in seinem Wahlkreis in Michendorf, in der Nähe von Potsdam, Brandenburg.

Sommerreise des Bundeskanzlers: Scholz antwortete bei der Reise als Bundestagsabgeordneter durch seinen Wahlkreis auf viele Fragen von Bürgerinnen und Bürgern.

Estland hat den russischen Botschafter einbestellt, um gegen die Verletzung des eigenen Luftraums zu protestieren. "Estland betrachtet diesen sehr ersten und bedauernswerten Vorfall als vollständig inakzeptabel", teilte das Außenministerium mit. Demnach hatte ein russischer Helikopter ohne Erlaubnis einen Bereich im Südosten der kleinen baltischen Republik überflogen. Seid dem Ukraine-Krieg sind die Spannungen mit Russland gewachsen.

Durch den südlichen Strang der Druschba-Pipeline fließt nach slowakischen Angaben erneut russisches Öl durch die Ukraine nach Europa. "Über die Druschba-Pipeline kommt bereits wieder Rohöl in der Slowakei an, und in Ungarn wird die Versorgung voraussichtlich morgen wieder aufgenommen", sagte ein Sprecher des slowakischen Öl-Unternehmens Slovnaft der Nachrichtenagentur AFP.

Nach dem Getreide-Deal zwischen Moskau und Kiew erwarten die Vereinten Nationen steigende Ausfuhren aus der Ukraine über das Schwarze Meer. Eine Reihe von Schiffen würden momentan auf die Genehmigung zur Fahrt in Richtung der ukrainischen Häfen warten "und wir erwarten einen großen Aufwärtstrend bei den Anträgen für den Transit", sagte der UN-Koordinator für die Ausfuhren, Frederick Kenney, in New York. Am Mittwoch habe es mit insgesamt fünf vertragsmäßig inspizierten Schiffen einen neuen Höchststand gegeben.

Im Juli hatten die Kriegsparteien Ukraine und Russland Abkommen mit der Türkei und den UN für den Export von Agrarprodukten und Dünger aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen abgeschlossen. Ein Dutzend Schiffe haben seitdem die Häfen Tschornomorsk, Odessa und Piwdennyj mit über 370.000 Tonnen Fracht verlassen. Russland hatte nach seinem Angriff auf die Ukraine Ende Februar die ukrainischen Häfen blockiert. Die Ukraine wiederum hatte die Hafenzufahrten aus Furcht vor einer russischen Invasion vermint.

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben erneut eine für den russischen Nachschub wichtige Brücke über den Dnipro getroffen. Die Kachowskjy-Brücke sei nicht mehr zu befahren, teilt der Generalstab an der Südfront bei Facebook mit. Die Armee hatte ihre Angriffe auf Nachschubwege vergangenen Monat gesteigert.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach einer tagelangen Hängepartie um seine Ladung ist der Frachter "Razoni", der als erstes Schiff seit Kriegsbeginn mit Getreide an Bord die Ukraine verlassen hatte, in einen türkischen Hafen eingelaufen. Wie am Abend auf Ortungs-Websites zu sehen war, lief der Frachter in den Mittelmeerhafen von Mersin ein. Einem Medienbericht zufolge war zuvor ein neuer Käufer für die 26.000 Tonnen Mais an Bord gefunden worden.

Die "Razoni" hatte am Montag vergangener Woche den ukrainischen Hafen Odessa in Richtung Libanon verlassen und hätte eigentlich bereits am vergangenen Sonntag in Tripoli anlegen sollen. Dies geschah aber nicht - der libanesische Käufer der 26.000 Tonnen Mais trat nach ukrainischen Angaben vom Kaufvertrag zurück, weil sich die Lieferung wegen des russischen Angriffskrieges um fünf Monate verzögert hatte.  Daraufhin wurde händeringend ein neuer Abnehmer gesucht. Laut der Website "The Middle East Eye" wurde nun ein Käufer in der Türkei gefunden. Das Online-Medium berief sich auf einen Schiffsagenten.

Durch russischen Artilleriebeschuss auf die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben am Mittwoch mindestens sieben Zivilisten getötet worden. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew wurden Hochhäuser, Einfamilienhäuser und Läden im Stadtzentrum getroffen. Russland habe Mehrfachraketenwerfer des Typs Uragan eingesetzt. Sieben Anwohner seien durch Bombensplitter verletzt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf ein Kriegsverbrechen.

Die Nachrichtenagentur AFP hatte zuvor unter Berufung auf den Gouverneur der Region Donezk von sechs Toten und drei Verletzten berichtet.

Bachmut und die Nachbarstadt Soledar sind seit Tagen Ziel russischer Truppen, die in der Region Donbass vorzurücken versuchen. Westliche Militärbeobachter verzeichnen langsame Fortschritte der Russen. Die ukrainische Regierung hat alle Zivilisten aufgefordert, den Donbass zu verlassen.

Angesichts der unterbrochenen diplomatischen Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland hat Kiew die neutrale Schweiz um diplomatische Vertretung in Moskau gebeten. "Die Verhandlungen dazu sind abgeschlossen", teilte eine Sprecherin des Schweizer Außenministeriums der Nachrichtenagentur AFP mit. Russlands Einverständnis stehe allerdings noch aus.

Die Schweiz vermittelt bereits seit dem 19. Jahrhundert regelmäßig zwischen Staaten, die ihre diplomatischen Beziehungen zueinander abgebrochen haben. Die Ukraine kann sich nach Angaben des Schweizer Außenministeriums ein sogenanntes Schutzmachtmandat vorstellen. Dieses würde es Russland und der Ukraine ermöglichen, "Beziehungen auf niedrigem Niveau zu unterhalten", sagte die Sprecherin. Über Inhalt und Dauer des Mandats machte sie mit Verweis auf Diskretion als "entscheidendes Element für gute Dienstleistungen" keine Angaben.

Bei russischen Luftangriffen auf Bachmut in der Region Donezk sind nach ukrainischen Behördenangaben sechs Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Russische Truppen hätten die ostukrainische Stadt mit Mehrfachraketenwerfern bombardiert und dabei ein Wohnviertel getroffen, schrieb Gouverneur Pawlo Kyrylenko bei Telegram. Mindestens zwölf Wohnhäuser seien beschädigt worden, vier stünden in Flammen, erklärte der Gouverneur. Er fügte seiner Nachricht Fotos von Feuerwehrleuten hinzu, die versuchten, Brände zu löschen.

Bachmut liegt zwischen den Städten Donezk und Luhansk nahe der Frontlinie in der Ostukraine. Die Region war in den vergangenen Wochen fast täglich angegriffen worden. In der von Russland eroberten benachbarten Region Cherson hatte die ukrainische Armee zuletzt eine Gegenoffensive gestartet.

 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Kämpfe in der Ukraine müssen nach Einschätzung des Präsidialamts in Kiew dringend noch vor Beginn der nächsten Heizperiode beendet werden. Ansonsten bestehe das Risiko, dass Russland die Infrastruktur für Wärme und Energie zerstöre, sagte der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak, nach Angaben der russischen Agentur Interfax in Kiew.

Die russische Armee greife jetzt schon Infrastruktureinrichtungen an. "Das ist einer der Gründe, warum wir maximale Maßnahmen ergreifen wollen, um den aktiven Teil des Kriegs bis Ende Herbst zu beenden", sagte Jermak. Die ukrainische Armee versuche alles, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Je länger sich russisches Militär auf ukrainischem Gebiet verschanzen könne, desto schwieriger werde es.

Russland ist am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Inzwischen hält es einschließlich der Halbinsel Krim etwa ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt.

Die Ukraine hat für den Fall eines Anschlusses des Atomkraftwerks Saporischschja an die von Russland annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim mit einem Kappen der Stromleitungen gedroht. "Ich denke, unsere Streitkräfte werden dazu bereit sein, wenn es nötig ist", sagte der Chef des staatlichen AKW-Betreibers Enerhoatom, Petro Kotin, der Agentur RBK-Ukraine.

Dazu könne es kommen, bevor das Kraftwerk vom ukrainischen Netz getrennt wird. Kotin sagte auch, dass die ukrainischen Truppen die Stromleitungen beschießen würden, wenn Russland das Atomkraftwerk an sein Netz anschließe. Bei einem Ausfall des Kraftwerks wäre die Stromversorgung des gesamten russisch besetzten Südens gefährdet.

Kotin zufolge will Russland das AKW seit Langem mit der Krim verbinden. Besetzt halten es die Truppen seit März.

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei Luftangriffen im Süden der Ukraine auch einen Gepard-Flugabwehrpanzer vernichtet. "Nahe der Ortschaft Nowopawliwka im Gebiet Mykolajiw wurde ein von Deutschland an das Kiewer Regime geliefertes Kampffahrzeug für den Flugabwehrkanonenkomplex Gepard zerstört", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.

Insgesamt will Deutschland als Teil seiner Waffenhilfe an die Ukraine 30 Gepard-Panzer liefern. Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums wurden bisher fünf verschickt. Die ukrainische Seite hat die Ankunft von drei Panzern bestätigt.

In der Vergangenheit hatte das russische Verteidigungsministerium mehrfach über die Vernichtung der US-Raketenwerfer HIMARS berichtet. Bereits bis Anfang August sind so laut den Angaben Konaschenkows sechs der insgesamt 16 von den USA gelieferten Waffen zerstört worden. Washington und Kiew haben dies später stets dementiert.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat der von Russland angegriffenen Ukraine bei einem Besuch in Lettland die anhaltende Unterstützung der Vereinigten Staaten zugesichert. "Wir sind entschlossen, der Ukraine zu helfen, der Ukraine die Ausrüstung und Fähigkeiten bereitzustellen, die es ihr ermöglichen, ihr Hoheitsgebiet zu verteidigen", sagte der Pentagon-Chef in Riga nach einem Treffen mit dem lettischen Verteidigungsminister Artis Pabriks.

Auch dem seit 2004 der EU wie der NATO angehörenden Lettland sicherte Austin die Solidarität der USA zu. "Wir werden eine dauerhafte Rotationspräsenz im Baltikum aufrechterhalten, Lettland einschließend", sagte der Pentagon-Chef. 

Lloyd Austin (li.) und Artis Pabriks

US-Verteidigungsminister Austin (links) sicherte seinem lettischen Amtskollegen Pabriks Solidarität sowie der Ukraine weitere Unterstützung zu.

Die USA verlegen seit 2014 in einem rotierenden Verfahren Einheiten für Manöver an die NATO-Ostgrenze. Lettland grenzt an Russland und dessen Verbündeten Belarus. Der Baltenstaat ist wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine um seine Sicherheit besorgt.

Die Bundesregierung hat zurückhaltend auf Forderungen reagiert, keine touristischen Visa mehr für Russinnen und Russen auszustellen. Man habe dies "zur Kenntnis genommen", sagte ein Regierungssprecher und verwies auf die bevorstehenden Beratungen der EU-Außenministerinnen und -minister Ende des Monats. Es gebe zu dem Thema bisher keine Position der Bundesregierung.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes verwies darauf, dass ein Aussetzen der Visa-Vergabe an Russinnen und Russen nicht nur den Tourismus treffen würde, sondern auch Angehörige von in der EU lebenden Russinnen und Russen sowie Studierende, Schülerinnen und Schüler.

Einige EU-Länder geben bereits keine Visa mehr für Russinnen und Russen aus, darunter Lettland. Estland und Finnland hatten diesen Schritt zuletzt von weiteren europäischen Ländern gefordert.

Dem FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber zufolge fallen die meisten der von Deutschland und den Niederlanden an die Ukraine gelieferten Panzerhaubitzen 2000 derzeit aus. Das liege aber nicht an russischem Beschuss, sondern daran, dass die Geschütze von den ukrainischen Streitkräften "massiv genutzt" würden, sagte Faber dem Portal ntv.de.

Faber hatte in den vergangenen Tagen die ukrainische Hauptstadt Kiew sowie Charkiw, Kramatorsk und Slowjansk im Osten des Landes besucht. "Ich habe aus dem Verteidigungsministerium erfahren, dass derzeit noch fünf von 15 Panzerhaubitzen einsatzbereit sind", sagte der Bundestagsabgeordnete. In diesem Zusammenhang sei von ukrainischer Seite der Wunsch nach mehr Ersatzteilen geäußert worden.

Aus Deutschland seien nach ukrainischen Angaben bislang zehn Panzerhaubitzen 2000 geliefert worden, dazu fünf weitere aus den Niederlanden, sagte Faber. Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums wollte sich zur Einsatzbereitschaft der Geschütze nicht äußern.

Panzerhaubitze 2000 bei der Ausbildung auf einem deutschen Armeestützpunkt in Munster.

Panzerhaubitzen 2000: FDP-Politiker Faber gab unter Bezug auf ukrainische Quellen an, aus Deutschland seien bislang zehn der Geschütze geliefert worden - dazu fünf weitere aus den Niederlanden.

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben durch Raketenbeschuss eine Brücke beim Staudamm von Nowa Kachowka im Süden der Ukraine unbenutzbar gemacht. Von der Besatzungsverwaltung gab es dazu bisher keine Informationen. Am Vortag hatte der russische Sender RT lediglich über regelmäßigen Beschuss der Brücke über den Schiffskanal und den Staudamm selbst berichtet.

Russland hat nach seinem Angriff auf die Ukraine unter anderem das südukrainische Gebiet Cherson am Unterlauf des Flusses Dnipro weitgehend erobert. Mittels weitreichender Raketensysteme versucht die ukrainische Armee systematisch, die drei einzigen Flussquerungen in dem Gebiet zu zerstören. Damit soll der Nachschub der russischen Armee verhindert und eine Rückeroberung ermöglicht werden.

Die Eisenbahnbrücke und die Straßenbrücke bei Cherson haben die Ukrainer bereits unbrauchbar gemacht. Infolgedessen errichteten die russischen Truppen eine Fährverbindung für Zivilisten und Berichten zufolge auch mehrere Pontonbrücken für das eigene Militär über den knapp einen Kilometer breiten Fluss.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die durch ihren Live-Protest im Fernsehen bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa ist in Russland erneut festgenommen worden. Gegen Owsjannikowa seien Ermittlungen wegen der "Verbreitung von Falschinformationen" über die russische Armee eingeleitet worden, sagte ihr Anwalt Dmitri Sachwatow der Nachrichtenagentur AFP. 

Zuvor hatte er angegeben, Owsjannikowa gerate verstärkt ins Visier der Behörden - das Haus seiner Mandantin sei durchsucht und strafrechtliche Ermittlungen seien eingeleitet worden, schrieb er auf Telegram.

Seit Ende Juli wurde Owsjannikowa bereits zweimal wegen "Diskreditierung" der Armee zu Geldstrafen verurteilt. Die Urteile bezogen sich insbesondere auf Veröffentlichungen im Internet, in denen die Journalistin die Militäroffensive in der Ukraine kritisierte. 

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat bei einem Besuch in Lettland neue Militärmanöver mit den baltischen Staaten angekündigt. Auch das militärische Ausbildungsprogramm im Baltikum solle verstärkt werden, sagte Austin in Riga. Bei Bedarf könnten die USA zusätzliche Truppen stationieren, um die Region vor einer möglichen Bedrohung durch Russland zu schützen. Neben einer Verlegung von bereits in Europa stationierten Truppen, könnten auch weitere Soldaten aus den USA eingeflogen werden. Austin ist der erste US-Verteidigungsminister seit mehr als 25 Jahren, der Lettland besucht.

Nach den Explosionen auf dem Militärstützpunkt Saki auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim haben die Behörden den Notstand in dem Landkreis ausgerufen. Der Verwaltungschef der Krim, Sergej Aksjonow, sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge, dass mindestens 252 Bewohner des benachbarten Kurorts Nowofjodorowka in Notunterkünfte umgesiedelt werden.

Die Gasversorgung zweier Ortschaften wurde demnach vorübergehend abgestellt. Bei den Explosionen am Dienstag ist nach offiziellen Angaben mindestens ein Mensch ums Leben gekommen, 14 Menschen wurden demnach verletzt. Aksjonow versprach den Besitzern der beschädigten Wohnhäuser Schadenersatz zwischen 10.000 und 100.000 Rubel (umgerechnet 166 bis 1660 Euro). Laut Aksjonow laufen strafrechtliche Ermittlungen zu den Explosionen.

Das russische Verteidigungsministerium nennt bisher einen Verstoß gegen die Brandschutzregeln als wahrscheinlichste Ursache des Vorfalls. Experten vermuten, dass diese Version aus Imagegründen präsentiert wird. Moskau wolle seine Verletzlichkeit durch ukrainische Waffensysteme nicht eingestehen, hieß es. Zahl und Wucht der Explosionen legten dagegen einen gezielten Angriff der Ukraine nahe.

10.08.2022 • 13:16 Uhr

Zur Lage in der Ukraine

ARD-Korrespondent Paul Pietraß in Kiew mit einer Einschätzung der aktuellen Lage am AKW Saporischschja und zur Explosion auf dem russischen Militärstützpunkt auf der besetzten Krim.

Paul Pietraß, RBB, zzt. Kiew, mit einer Einschätzung zur Lage in Saporischschja

tagesschau 12:00 Uhr

Die G7-Gruppe sieben wichtiger Industrieländer hat Russland nachdrücklich aufgerufen, seine Armee vom Gelände des ukrainischen Atomkraftwerkes Saporischschja zurückzuziehen. "Es ist Russlands fortdauernde Herrschaft über das Kernkraftwerk, die die Region gefährdet", erklärten die Außenminister der G7-Staaten, darunter auch Deutschland, sowie der EU-Vertreter für Außenpolitik in einer gemeinsamen Erklärung. 

Die Gruppe äußerte sich "zutiefst besorgt angesichts der ernsten Bedrohung" durch das russische Vorgehen in Hinsicht auf ukrainische Atomanlagen und warnte vor dem "Risiko eines nuklearen Unfalls oder Zwischenfalls" über die Grenzen der Ukraine hinaus.

Nach Saporischschja sollten Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA geschickt werden, "um Bedenken in Bezug auf nukleare Sicherheit und Sicherung sowie diesbezügliche Maßnahmen zu klären, wobei die Souveränität der Ukraine über ihr Hoheitsgebiet und ihre Infrastruktur vollumfänglich zu achten ist", hieß es weiter.

Russland erhob unterdessen Vorwürfe gegen die UN. "Die UN haben in dem vorliegenden Fall leider eine negative Rolle gespielt", sagte die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa dem staatlichen russischen Radiosender Sputnik. Die UN hätten ihr zufolge eine geplante Inspektionsreise der IAEA in letzter Sekunde wegen Sicherheitsbedenken gestoppt. Bei den UN solle man begreifen, "dass die Welt am Abgrund wandelt", erklärte Sacharowa.

Über die Pipeline Druschba (Freundschaft) in der Ukraine könnte offenbar bald wieder russisches Öl nach Ungarn, Tschechien und in die Slowakei fließen. Der Sprecher der slowakischen Raffinerie Slovnaft, Anton Molnar, teilte der Nachrichtenagentur dpa mit, sowohl die Ukraine als auch Russland hätten einem Kompromissvorschlag zugestimmt, um den seit einigen Tagen unterbrochenen Betrieb wieder aufzunehmen.

Demnach würden die Transitgebühren an die Ukraine vorerst von Unternehmen aus der EU getragen werden. Eine erste Zahlung sei bereits überwiesen worden, sagte Molnar.

Der russische Pipeline-Monopolist Transneft hatte die Ukraine für den Lieferstopp verantwortlich gemacht. Demnach habe die Ukraine das Weiterpumpen des Öls gestoppt, weil die Transitgebühren nicht gezahlt worden seien. Diese werden normalerweise von Transneft überwiesen, was wegen der Sanktionen gegen Russland aber nicht funktioniert habe.

Die Slowakei hatte bestätigt, dass über die Druschba-Leitung kein Öl mehr ankomme. Die Nordroute der Pipeline, über die auch Deutschland versorgt wird, ist davon nicht betroffen, weil sie nicht durch die Ukraine, sondern durch Polen und Belarus verläuft.

Bei den Explosionen auf einem Luftwaffenstützpunkt auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind nach ukrainischen Angaben mindestens zehn Flugzeuge zerstört worden. "Nach der Explosion, die wir gesehen haben, ist klar, dass das Kontingent der Luftwaffe getroffen wurde", sagte der Sprecher des ukrainischen Luftwaffenstabs, Juri Ihnat, im Fernsehen.

Laut Ihnat sind dort Kampfflugzeuge der Typen Suchoi Su-30M und Su-24 sowie Transportflugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 stationiert. Der Militärstützpunkt Saki auf der Krim, die Russland 2014 annektiert hatte, war am Dienstag von Explosionen schwer erschüttert worden. Videos zeigen, dass es an mindestens zwei unterschiedlichen Stellen zu Detonationen kam. In sozialen Netzwerken kursieren zudem Videos, die zerstörte Flugzeuge und Autos auf dem Stützpunkt zeigen sollen.

Ein Strand auf der besetzten Halbinsel Krim, im Hintergrund steigt eine große Rauchwolke von den Explosionen auf dem Luftwaffenstützpunkt auf.

Die große Rauchwolke der Explosion auf dem Stützpunkt war weithin auf der bei russischen Touristen beliebten Krim zu sehen.

Offiziellen Angaben aus Moskau zufolge ist ein Verstoß gegen die Brandschutzregeln für den Vorfall verantwortlich. Viele Beobachter gehen hingegen von einem ukrainischen Angriff aus. Die Führung in Kiew hat bisher aber keine Verantwortung für die Explosionen übernommen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb allerdings auf Twitter: "Das ist nur der Anfang."

Den Militärexperten des US-amerikanischen Institute for the Study of the War zufolge will die russische Führung einen ukrainischen Angriff aus Imagegründen nicht eingestehen. Dann würde Moskau einräumen müssen, dass seine Luftabwehr versagt habe, teilte das Institut in seiner Analyse mit.

Die Philippinen wollen aus Angst vor möglichen US-Sanktionen einen Vertrag über den Kauf von 16 russischen Militärtransporthubschraubern kündigen. Das Geschäft mit der russischen Firma Sovtechnoexport habe einen Umfang von 12,7 Milliarden Pesos (223 Millionen Euro) gehabt, teilte die Regierung in Manila mit. Das Verteidigungsministerium wolle nun mit der russischen Seite die Details der Kündigung besprechen.

Die Entscheidung, den Vertrag zu kündigen, sei in den letzten Tagen der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine getroffen worden, sagte der frühere Verteidigungsminister Delfin Lorenzana.

Aus der Ukraine geflüchtete Kinder haben einer Studie zufolge gute Chancen im deutschen Schulsystem. Es könne auf einem hinreichenden Bildungsstand aufgebaut werden, teilte das Ifo-Institut in München auf Basis einer Auswertung der Pisa-Studie 2018 mit. Das Kompetenzniveau ukrainischer Kinder liege zwar unter dem deutscher Kinder, jedoch deutlich über dem Niveau von Kindern aus EU-Ländern wie Rumänien und Bulgarien. Aus diesen beiden Ländern seien bereits zahlreiche Kinder erfolgreich ins deutsche Schulsystem integriert worden. An allgemeinbildende Schulen und Berufsschulen in Deutschland waren nach Angaben der Kultusministerkonferenz zuletzt mehr als 150.000 ukrainische Schüler registriert.

Die durch eine Protestaktion im russischen Fernsehen bekannt gewordene TV-Journalistin Marina Owsjannikowa gerät nach Angaben ihres Anwalts verstärkt ins Visier der Behörden. Das Haus seiner Mandantin sei durchsucht und strafrechtliche Ermittlungen seien eingeleitet worden, schrieb er auf Telegram. Hintergrund seien russische Gesetze, die die Verbreitung von Falschmeldungen über die russische Armee unter Strafe stellen.

Owsjannikowa hatte sich im März während einer Live-Sendung des staatlichen TV-Senders Kanal Eins mit einem Plakat hinter die Moderatorin gestellt, auf dem sie zum Ende des Kriegs aufrief und vor Propaganda warnte. Daraufhin wurde die gebürtige Ukrainerin vorübergehend festgenommen und wegen ihrer anhaltenden Kritik an dem russischen Vorgehen in der Ukraine zu einer Geldstrafe verurteilt.

Marina Oesyannikova (Aufnahme 21. Juni 2022 )

Im Visier der Behörden: die Journalistin Owsjannikowa.

Russland hat nach britischen Angaben mit hoher Wahrscheinlichkeit einen neuen Großverband von Bodentruppen für den Krieg gebildet. Das 3. Armeekorps sei in der Nähe der Stadt Mulino, östlich der Hauptstadt Moskau, stationiert, berichtet das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf seine Geheimdienste.

Durch nächtlichen Raketenbeschuss sind im Gebiet Dnipropetrowsk ukrainischen Angaben zufolge mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. 13 weitere seien verletzt worden, schrieb der Chef der Militärverwaltung des Gebiets, Walentyn Resnitschenko, auf Telegram. Die beiden Ortschaften, die getroffen wurden, liegen dem zuletzt mehrfach beschossenen Atomkraftwerk Saporischschja gegenüber. In der Kleinstadt Marhanez seien 20 mehrgeschossige Gebäude beschädigt worden, darunter der Kulturpalast, zwei Schulen und ein Wohnheim.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die deutschen Kohlenimporteure rechnen trotz des ab Donnerstag geltenden Importverbots für russische Steinkohle in der EU nicht mit Lieferengpässen. "Kohle ist auf dem Weltmarkt verfügbar", sagte Vorstandschef Alexander Bethe vom Verein der Kohlenimporteure (VdKi) der Nachrichtenagentur dpa. Hauptlieferländer seien jetzt die USA, Südafrika, Australien, Indonesien und Kolumbien.

Russland will das besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja nach ukrainischen Angaben an die annektierte Halbinsel Krim anschließen. Der Präsident des ukrainischen AKW-Betreibers Energoatom, Petro Kotin, sagte, die russischen Soldaten an dem Atomkraftwerk würden ein Vorhaben des russischen Atomkonzerns Rosatom umsetzen, das AKW "an das Stromnetz der Krim" anzuschließen.

"Dafür müssen zunächst die Stromleitungen des Atomkraftwerks beschädigt werden, die mit dem ukrainischen Energiesystem verbunden sind", sagte Kotin im ukrainischen Fernsehen weiter. "Zwischen dem 7. und 9. August haben die Russen schon drei Stromleitungen beschädigt. Derzeit läuft das Werk mit einer einzigen Produktionsleitung, was ein äußerst gefährlicher Arbeitsmodus ist."

Die USA unterstützen mit 89 Millionen Dollar die Räumung von Anti-Personen-Minen in der Ukraine. Mit den umgerechnet 87 Millionen Euro soll unter anderem die Arbeit von 100 Minenräumteams von Nichtregierungsorganisationen oder spezialisierten Privatunternehmen finanziert werden, wie ein Vertreter des Außenministerium sagte. Er warf den russischen Streitkräften vor, nach ihrem Rückzug aus Teilen der Ukraine zahlreiche Minen und Sprengfallen hinterlassen zu haben, unter anderem in Waschmaschinen, Krankenhausbetten und Leichen.

Der UN-Sicherheitsrat soll sich auf Initiative Russlands mit dem Beschuss des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja beschäftigen. Moskau beantragte ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums für Donnerstag. Der Rat soll vom Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, über den Zustand des AKW unterrichtet werden. Das in der Stadt Enerhodar gelegene AKW Saporischschja war am vergangenen Wochenende mehrfach beschossen und teils beschädigt worden.

Die Ukraine strebt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj weiter eine Rückeroberung der von Russland annektierten Halbinsel Krim an. "Dieser russische Krieg gegen die Ukraine und gegen das gesamte freie Europa hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden - mit ihrer Befreiung", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. August 2022 um 06:00 Uhr.