Ein Militärhubschrauber über einem Wärmekraftwerk in der Ukraine.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Ukraine: 80 Prozent der Wärmekraftwerke angegriffen ++

Stand: 08.04.2024 23:35 Uhr

Der Energiesektor wurde laut Kiew zuletzt stärker angegriffen als je zuvor seit Kriegsbeginn. Großbritanniens Außenminister Cameron will sich in den USA für die Freigabe milliardenschwerer Ukraine-Hilfe einsetzen. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen.

08.04.2024 • 23:35 Uhr

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Die geplanten Beschränkungen für die zollfreie Einfuhr bestimmter ukrainischer Agrarimporte haben in Brüssel eine weitere Hürde genommen. Eine entsprechende Einigung der Unterhändler des Europaparlaments und der Mitgliedsländer verkündete die belgische EU-Ratspräsidentschaft. Demnach soll es Obergrenzen für die zollfreie Einfuhr von Geflügel, Eiern, Zucker, Mais, Honig und Hafer geben.

Auf diesen Kompromiss hatten sich die 27 Mitgliedstaaten Ende März verständigt. Grundsätzlich sieht die Einigung weiter eine Verlängerung der seit 2022 geltenden Zollfreiheit für die Ukraine vor. Die zollfreie Menge für die betreffenden Agrarprodukte soll jedoch auf die durchschnittlichen Einfuhrmengen zwischen Mitte 2021 und Ende 2023 begrenzt werden. Auf Importe, die darüber hinausgehen, sollen wieder Zölle erhoben werden.

Auf Drängen von Ländern wie Frankreich und Polen war der Berechnungszeitraum im Vergleich zu früheren Plänen damit um ein halbes Jahr erweitert worden. Frankreich und Polen hatten zudem gefordert, die Beschränkungen auch für Weizen und Gerste einzuführen, konnten sich damit allerdings nicht durchsetzen.

Unter dem Vorsitz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj haben die führenden Militärs in Kiew über weitere Maßnahmen zum Schutz der ostukrainischen Großstadt Charkiw beraten. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa. "Das Hauptthema war Charkiw, die Verteidigung der Stadt gegen russische Angriffe und die Möglichkeit, unsere Luftabwehr und elektronische Kriegsführung in der Region Charkiw zu verstärken", schrieb Selenskyj auf Telegram über die Sitzung des Oberkommandos der ukrainischen Armee.

Nach Dafürhalten der ukrainischen Militärs könnte die nächste russische Großoffensive gegen Charkiw gerichtet sein. "Wir halten unsere Positionen, die Hauptsache ist jetzt eine effiziente Logistik", umriss Selenskyj die Lage an den Fronten.

Russland hat in den vergangenen Wochen den Energiesektor der Ukraine nach Angaben Kiews so massiv angegriffen wie nicht zuvor seit Beginn des Krieges. "Wir können sagen, dass bis zu 80 Prozent der Wärmekraftwerke angegriffen wurden, mehr als die Hälfte der Wasserkraftwerke und eine große Anzahl von Relaisstationen" für die Stromübertragung, sagte der ukrainische Energieminister German Galuschtschenko laut der Nachrichtenagentur AFP.

Ausmaß und Auswirkungen der aktuellen Angriffe seien viel größer als frühere Angriffe im Winter 2022/2023. "Wir sehen, dass die Russen die Waffen modifiziert haben", erläuterte der Minister. Moskau setze jetzt explosive Drohnen und Raketen nach iranischem Vorbild ein, die pro Angriff mehr Schaden anrichteten. Moskau greift seit Ende März nahezu täglich das ukrainische Energieversorgungsnetz an.

Bei einer dreitägigen Reise nach China ab Samstag will Bundeskanzler Olaf Scholz laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit unter anderem ausloten, inwieweit Peking auf Russland und dessen Kriegsführung in der Ukraine einwirken kann. "Unser Wunsch wäre schon, dass China den Einfluss, den es hat, auf Russland geltend machen kann, um zu einer friedlicheren Entwicklung im Ukraine-Konflikt beitragen zu können", sagte Hebestreit.

Die Ukraine hat russische Vorwürfe eines Drohnenangriffs auf das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja zurückgewiesen. Der Sprecher der militärischen Geheimdienstbehörde, Andrij Jussow, legte nahe, dass es keinen Angriff gegeben habe. Er erklärte, russische Truppen erfänden regelmäßig Angriffe auf die Anlage. In diesem Fall wurden die Angriffe allerdings von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigt. Diese benannte jedoch keine der beiden Seiten als Urheber. Russische Funktionäre in dem besetzten Atomkraftwerk hatten dem ukrainischen Militär einen Drohnenangriff auf den Komplex vorgeworfen.

Wichtige zivile Dienste in Russland wie Krankenhäuser leiden nach britischer Darstellung unter den Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Grund seien die gewaltigen personellen und finanziellen Ressourcen, die für den Krieg bereitgestellt würden, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. "Die Zahl der medizinischen Fachkräfte in Russland wird im Laufe des Jahres 2024 weiter sinken." 

Als Ersatz rekrutiere Russland medizinisches Personal in Afrika, hieß es unter Berufung auf die Denkfabrik Center for European Policy Analysis in Washington. Diese Mitarbeiter müssen demnach keine Qualifikationsnachweise vorlegen außer einer Selbsteinschätzung. Das Vorgehen gefährde die klinischen Leistungen, betonte das britische Ministerium.

Die Behörde zitierte den russischen Parlamentsvorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin, der Anfang April von 30.000 fehlenden Ärztinnen und Ärzten gesprochen habe. Bei Bezirkskrankenhäusern liege der Mangel bei rund 50 Prozent. Das sei eine leichte Steigerung im Vergleich zum November 2023. Grund sei, dass einige Fachkräfte zu privaten Anbietern gewechselt seien und andere das Land verlassen hätten. Etwa 2 Prozent der Ärzte und des Fachpersonals seien ausgereist, um der Teilmobilmachung im September 2022 zu entgehen, hieß es in London weiter.

Bei einem Besuch in den USA will der britische Außenminister David Cameron für die Freigabe eines 60 Milliarden Dollar teuren US-Hilfspakets für die Ukraine werben. Cameron werde in einem Gespräch mit dem republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, warnen, dass die USA die Sicherheit des Westens gefährdeten, falls die Republikaner die vom Senat genehmigten Finanzhilfen weiter blockieren. Das berichtete die britische Zeitung "Telegraph".

Bei erneuten russischen Angriffen auf die südukrainische Region Saporischschja sind nach Angaben der örtlichen Behörden mehrere Menschen getötet worden. Im Bezirk Pologiwskyji seien drei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden, teilte Regionalgouverneur Iwan Federow in Onlinenetzwerken mit. Innerhalb eines Tages hätten die russischen Streitkräfte acht bewohnte Gebiete in der Region 357 Mal angegriffen, erklärte er.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Ukrainische Behörden haben die Bevölkerung im Norden des Landes nach einem russischen Angriff vor Luftverschmutzung gewarnt. "Russland hat in der Nacht eine Infrastruktureinrichtung der Stadt angegriffen", teilte der Stadtrat von Swjahel in der nördlichen Oblast Schytomyr auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Derzeit bestehe eine direkte Bedrohung durch Luftverschmutzung. "Es wird empfohlen, sich in Innenräumen mit geschlossenen Fenstern aufzuhalten", schrieb die Behörde. Zivilisten seien bei dem Angriff nicht zu Schaden gekommen.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Russland hat über Nacht zwei Dutzend Angriffsdrohnen auf die Ukraine abgefeuert und dabei vor allem kritische Infrastruktur im Süden und Osten des Landes ins Visier genommen, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Die Luftwaffe zerstörte 17 der im Iran hergestellten "Shahed"-Drohnen, die Russland bei seinem Angriff über den Regionen Odessa, Mykolajiw, Kirowohrad, Chmelnyzkyj und Schytomyr eingesetzt hatte, hieß es in der Nachrichten-App Telegram.

Eine von Russland abgefeuerte Luftlenkrakete "Kh-59" sei über der Region Dnipropetrowsk zerstört worden, hieß es weiter. Vier Drohnen seien über der südlichen Region von Odessa zerstört worden, sagte Oleh Kiper, der Gouverneur der Region. "Eine Logistik- und Transportanlage wurde beschädigt", fügte Kiper auf Telegram hinzu. "Auch eine Tankstelle wurde durch die Trümmer eines niedergeschlagenen Shahed beschädigt." Bei dem Angriff habe es keine Verletzten gegeben, ergänzte er.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Vassili Golod, ARD Kiew, zur militärischen Lage der Ukraine

tagesschau24, 08.04.2024 12:00 Uhr

Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist in China eingetroffen. Das teilte das russische Außenministerium mit. Lawrow wird in dem Land Gespräche über den Krieg in der Ukraine, die bilateralen Beziehungen und die Lage im asiatisch-pazifischen Raum führen.

Lawrow werde mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi über eine Reihe "heißer Themen" sprechen, zu denen auch die gemeinsame Zusammenarbeit in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen und der Gruppe der 20 (G20) gehören werde, hatte Moskau zuvor erklärt.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat erneut an die US-Republikaner appelliert, die von ihnen blockierten Milliarden-Hilfen freizugeben. In der Region Donezk gab es durch russischen Beschuss mindestens fünf Tote. Der Liveblog von Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 08. April 2024 um 09:00 Uhr in den Nachrichten.