Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj will für Offensive nicht auf Waffen warten ++
Präsident Selenskyj will die Offensive gegen Russland auch ohne alle zugesagten westlichen Waffen starten. Der Chef der Söldnergruppe Wagner, Prigoschin, befürchtet, dass die Offensive zur "Tragödie" für Russland werden könnte. Die Entwicklungen im Liveblog.
- Selenskyj will für Offensive nicht auf Waffen warten
- Weiter schwere Kämpfe um Bachmut
- Drohnenangriff auf Krim war Vorbereitung für Gegenoffensive
- London: Russische Truppen verschärfen Strafen
- Melnyk: Peking als Vermittler "nicht unrealistisch"
- Ukraine kontrolliert weiter Versorgungsroute nach Bachmut
Ende des Liveblogs
Für heute schließen wir den Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse!
Papst Franziskus arbeitet an Friedensmission
Der Vatikan ist nach Angaben von Papst Franziskus an einer Friedensmission zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine beteiligt. "Ich bin bereit, alles zu tun, was getan werden muss", sagt Franziskus auf dem Rückflug von seinem Besuch in Ungarn. "Es läuft jetzt eine Mission, aber sie ist noch nicht öffentlich." Er werde zu gegebener Zeit darüber informieren.
In Ungarn habe er mit Ministerpräsident Viktor Orban und mit dem russisch-orthodoxen Metropoliten Hilarion über die Lage in der Ukraine gesprochen. "Jeder ist an dem Weg zum Frieden interessiert."
Ukraines Armeechef Saluschnyj trifft NATO-Kommandeur Cavoli
Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj hat sich mit dem Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, Christopher Cavoli, beraten. Er habe den US-General ausführlich über die Lage entlang der Fronten in der Ukraine informiert, teilte Saluschnyj auf Telegram mit.
Ich habe mögliche Szenarien, Bedrohungen und Voraussetzungen für unsere zukünftigen Aktionen beschrieben.
Experten gehen davon aus, dass sich die Ukraine aktuell auf eine Frühjahrsoffensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete vorbereitet. Bei der Unterredung habe er Cavoli über die Notwendigkeit informiert, der Ukraine eine breite Palette an Waffen und Luftabwehrsystemen zur Verfügung zu stellen, die "zur Bewältigung der Herausforderungen bei der Bekämpfung der russischen Aggression beitragen würden."
Selenskyj: Warten für Offensive nicht auf alle zugesagten Waffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angekündigt, die erwartete Frühjahrsoffensive gegen Russland auch ohne einige von westlichen Ländern bereits zugesagten Waffen zu beginnen. "Ich hätte wirklich gerne auf alles warten wollen, was versprochen wurde", sagte Selenskyj im Gespräch mit Journalisten aus Skandinavien. Aber die Termine passten einfach nicht zueinander. Vor allem beobachte man das Wetter aufmerksam, um zu entscheiden, wann die Offensive starte.
Die Ukraine hofft vor allem, möglichst bald Kampfflugzeuge aus NATO-Staaten zu erhalten. Aber dafür werde man nicht mit der Offensive warten, sagte Selenskyj. Russland könnte ansonsten zu der Auffassung kommen, dass es erst nach der Ausbildung der Piloten an den Maschinen in einigen Monaten mit einem ukrainischen Vorstoß rechnen müsse, sagte Selenskyj.
Prigoschin: Gegenoffensive könnte für Russland zur "Tragödie" werden
Die erwartete Gegenoffensive der Ukraine könnte nach den Worten des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, für Russland zur "Tragödie" werden. Prigoschin sagte in einem veröffentlichten Interview mit dem russischen Militärblogger Semjon Pegow, er rechne Mitte Mai mit dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive. "Diese Gegenoffensive könnte zu einer Tragödie für unser Land werden", fügte er hinzu.
Prigoschin beklagte sich erneut über eine unzureichende Versorgung seiner Kämpfer in der Ukraine mit Munition. "Wir haben nur zehn bis 15 Prozent der Granaten, die wir brauchen", sagte der Wagner-Chef. Die Schuld gab er erneut der russischen Armeeführung. Prigoschin ist ein Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin, liefert sich aber einen Machtkampf mit dem russischen Verteidigungsministerium und der Armeespitze.
Russland: Munitionslager in Ukraine zerstört
Russische Truppen haben bei einem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk nach eigenen Angaben ein Depot mit rund 200 Tonnen Munition zerstört. Zudem sei in der Region Sumy eine große Feldwerkstatt der ukrainischen Streitkräfte zerstört worden, sagte in Moskau der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, zur Agentur Interfax. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keine Reaktion.
Weiter Kämpfe um Bachmut
Im Osten der von Russland angegriffenen Ukraine halten die schweren Kämpfe um Bachmut an. Russische Truppen hätten vier weitere Teile der Stadt eingenommen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow. Unabhängig überprüft werden kann dies nicht.
Bachmut wird seit Monaten gemeinsam von der russischen Armee und der Söldnertruppe Wagner angegriffen. Inzwischen kontrollieren die Angreifer eigenen Angaben nach rund 85 Prozent des Stadtgebietes. Die ukrainische Führung beharrt auf dem Halten der inzwischen weitgehend zerstörten Stadt und begründet dies mit den hohen Verlusten der angreifenden Truppen, die so zermürbt würden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Russland tauscht Vize-Verteidigungsminister aus
Mehr als 14 Monate nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine ist in Russland erneut einer der Vize-Verteidigungsminister ausgewechselt worden. Ab sofort ist Generaloberst Alexej Kusmenkow für die materielle und technische Versorgung der Armee zuständig. Er war bislang stellvertretender Direkter der Nationalgarde. Dies teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Er folgt auf Michail Misinzew, der den Posten erst im vergangenen September übernommen hatte. Insgesamt hat Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu zwölf Stellvertreter.
Bereits in der vergangenen Woche hatten russische Blogger über die Entlassung Misinzews berichtet und Machtkämpfe innerhalb des russischen Militärs als einen Grund genannt. Offiziell bestätigt war das damals allerdings noch nicht.
Özdemir begrüßt EU-Einigung über Agrarimporte aus Ukraine
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat die Einigung über Agrarimporte aus der Ukraine in die EU begrüßt. "Es ist wichtig, dass das ukrainische Getreide dorthin gelangt, wo es gebraucht wird: in die Länder des globalen Südens", erklärte der Grünenpolitiker. Das Land brauche Einnahmen aus der Landwirtschaft für die Verteidigung gegen Russlands Krieg. "Die EU-Solidaritätskorridore müssen hierfür verstärkt werden."
Özdemir bezeichnete ein abgestimmtes und regelbasiertes europäisches Vorgehen als Grundlage "für unsere Stärke". Dazu hätten sich die EU-Mitgliedsstaaten wiederholt nachdrücklich bekannt. Die europäische Solidarität untereinander und mit der Ukraine dürfe nicht kurzfristig nationalen Einzelinteressen geopfert werden, weil das alle schwäche. "Putins Krieg findet auf vielen Schauplätzen statt, er versucht, die Ukraine wirtschaftlich zu schwächen und den Druck auf unsere Staatengemeinschaft zu erhöhen."
Özdemir betonte: "Die eigenwilligen Grenzschließungen einerseits, aber auch das wenig transparente Vorgehen der EU-Kommission andererseits haben Kratzer hinterlassen. Ich erwarte, dass die Kommission künftig früher und beherzter eingreift und andere Mitgliedsstaaten bei Problemstellungen enger einbindet."
Kiew: Drohnenangriff auf Krim war Vorbereitung für Gegenoffensive
Der Drohnenangriff auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim am Samstag hat nach Darstellung des ukrainischen Militärs der Vorbereitung auf die geplante Gegenoffensive gedient. "Die Unterwanderung der feindlichen Logistik ist eines der Vorbereitungselemente für die mächtigen Aktivhandlungen unserer Verteidigungskräfte, über die wir schon seit langem sprechen", sagte die Pressesprecherin des Südkommandos der ukrainischen Armee, Natalija Humenjuk. "Und diese Arbeit bereitet die groß angelegte Offensive vor, auf die alle warten."
Infolge des Drohnenangriffs war in der Krim-Hafenstadt Sewastopol am frühen Samstagmorgen ein großes russisches Treibstofflager in Brand geraten.
Papst ruft in Ungarn zum Frieden in der Ukraine auf
Papst Franziskus hat in Ungarn zum Frieden in der Ukraine aufgerufen. Bei seinem Mittagsgebet am Sonntag in Budapest vertraute Franziskus Ungarn und den gesamten europäischen Kontinent dem Schutz der Muttergottes an. Dabei bat er um Frieden, insbesondere für die am meisten leidenden Menschen - "das gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und das russische Volk". So konkret hatte sich das katholische Kirchenoberhaupt bislang in Ungarn nicht zu dem Thema geäußert.
Vor dem Mittagsgebet hatte Franziskus vor 50.000 Menschen eine Freiluftmesse auf dem Platz gefeiert und dabei "offene Türen" auch für Geflüchtete gefordert.
Kommunen dringen auf "Neustart" in der Flüchtlingspolitik
Der Städte- und Gemeindebund fordert für den kommenden Migrationsgipfel von Bund und Ländern einen "Neustart" in der Flüchtlingspolitik. "Viele Kommunen sind bei Unterbringung, Integration, Schaffung von Kita- und Schulplätzen längst an ihren Kapazitätsgrenzen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Flüchtlingszahlen müssten durch grundlegende Veränderungen reduziert werden.
Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung hatten in den vergangenen Wochen Forderungen nach mehr Bundesmitteln für die Flüchtlingsversorgung mehrfach Absagen erteilt. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren im vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen Menschen aus dem Land nach Deutschland gekommen, von denen knapp eine Million geblieben sind.
London: Russische Truppen verschärfen Strafen für Verstöße gegen Disziplin
Russische Kommandeure im Krieg gegen die Ukraine haben nach Einschätzung britischer Geheimdienste die Strafen für Verstöße gegen die Truppendisziplin erheblich verschärft. Bereits für den Versuch, den Dienstvertrag zu beenden oder kleinere Vergehen wie Trunkenheit würden Soldaten in improvisierte Zellen gesteckt, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf "zahlreiche" Berichte russischer Kämpfer mit. Dabei handele es sich um Löcher im Boden, die mit einem Metallgitter bedeckt sind.
"In den ersten Kriegsmonaten gingen viele russische Kommandeure bei der Durchsetzung der Disziplin relativ locker vor und erlaubten es denjenigen, die den Einsatz verweigerten, in aller Stille nach Hause zurückzukehren", hieß es in London weiter. "Seit Herbst 2022 gab es mehrere zunehmend drakonische Initiativen zur Verbesserung der Disziplin in der Truppe, vor allem seit Generalstabschef Waleri Gerassimow im Januar 2023 das Kommando übernommen hat."
Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.
Russland sieht Menschenrechte seiner Sportler bedroht
Das russische Olympische Komitee hat gegen die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees protestiert, Athleten aus Russland und Belarus nur ohne Flagge, Hymne oder andere nationale Erkennungszeichen zu internationalen Wettbewerben zuzulassen. Dies sei überzogen und diskriminierend.
"Unserer Meinung nach ist ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen worden, wenn kein Athlet der Welt sicher sein kann, dass seine Menschen- und Bürgerrechte von nun an gebührend respektiert werden", heißt es in einer Stellungnahme des russischen Komitees.
Linksfraktion fordert Protest gegen Melnyk
Die Linksfraktion fordert wegen einer Äußerung des früheren ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk über die Abgeordnete Sahra Wagenknecht offiziellen Protest des Bundestags bei der Regierung in Kiew. Dies geht aus einem Schreiben von Fraktionschef Dietmar Bartsch an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hervor, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Das Schreiben nimmt Bezug auf einen Tweet Melnyks, der inzwischen Vizeaußenminister der Ukraine ist. Darin heißt es: "Oskar Lafontaine und seine Frau Sahra Wagenknecht sind beide die schlimmsten Komplizen vom Kriegsverbrecher Putin, die als solche noch zur Rechenschaft gezogen werden. Und zwar sehr bald."
Dies sei "eine eindeutige Drohung", schrieb Bartsch an Bas. "Ein solches Vorgehen eines Regierungsvertreters der Ukraine gegenüber einer gewählten Bundestagsabgeordneten ist nicht hinnehmbar und erfordert aus unserer Sicht deutliche Schritte", hieß es weiter. "Meine Mitvorsitzende Amira Mohamed Ali und ich bitten Sie deshalb, in Ihrer Funktion als Bundestagspräsidentin gegen diese Drohung zu protestieren und das Auswärtige Amt um Stellungnahme gegenüber der ukrainischen Regierung zu ersuchen."
Melnyk: Peking als Vermittler "nicht unrealistisch"
Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hält eine Vermittlerrolle Chinas im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für denkbar. "Es ist nicht unrealistisch", sagte der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland der Funke Mediengruppe. "Die Chinesen verfolgen natürlich ihre eigenen Interessen. Ich glaube aber schon, dass eine gerechte friedliche Lösung und das Ende der Kampfhandlungen den Interessen Pekings mehr entsprechen als dieses gewaltige nicht enden wollende Erdbeben für die gesamte Weltordnung", sagte Melnyk.
Im Hinblick auf das jüngste Telefonat des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping - das erste seit Kriegsbeginn vor gut 14 Monaten - sagte der Diplomat: "Es war ein großer Schritt nach vorne, um unsere Beziehungen zu China zu stärken und die russische Aggression zu beenden."
Natürlich könne Chinas Position eine andere sein als jene der Ukraine, sagte Melnyk. "Für Kiew ist der Abzug aller russischen Truppen aus den besetzten Gebieten eine conditio sine qua non", betonte er. Der Teufel liege schließlich "im Detail", sagte Melnyk demnach weiter.
Ukraine kontrolliert weiter Versorgungsroute nach Bachmut
Einem Sprecher des ukrainischen Militärs zufolge kontrolliert die Ukraine weiterhin eine wichtige Versorgungsroute in die umkämpfte ostukrainische Stadt Bachmut. Die Lage bleibe aber weiter schwierig, sagte Serhii Tscherevatji, ein Sprecher der ukrainischen Truppen im Osten, in einem Interview mit einer lokalen Nachrichtenwebsite. Die Russen würden immer wieder versuchen, die sogenannte "Straße des Lebens" zwischen dem zerstörten Bachmut und der 17 Kilometer entfernten Stadt Tschassiw Jar im Westen einzunehmen.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Tote nach Beschuss russischer Grenzregion nahe Ukraine
Dem Gouverneur der russischen Region Brjansk zufolge sind nach einem ukrainischen Angriff auf ein Dorf in dem Gebiet zwei Zivilisten ums Leben gekommen. "Nach vorläufigen Informationen wurde ein Wohnhaus vollständig zerstört, zwei weitere Häuser wurden teilweise zerstört", schrieb Gouverneur Alexander Bogomaz auf seinem Telegram-Kanal. Die westrussische Grenzregion Brjansk grenzt im Süden an die Ukraine. Die Ukraine hat sich bisher nicht zu dem Angriff geäußert.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner hat wegen hoher Verluste mit dem Truppenabzug aus Bachmut gedroht. Die Ukraine begrüßt die von der EU-Kommission vermittelte Einigung über Agrarimporte. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.