Rettungskräfte in Cherson bringen Zivilisten nach dem Beschuss eines Rettungsboots in Sicherheit.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Tote und Verletzte bei Rettungsaktion ++

Stand: 11.06.2023 23:18 Uhr

Bei der Evakuierung von Zivilisten aus dem Überschwemmungsgebiet bei Cherson ist ein Rettungsboot beschossen worden. Es gab mindestens drei Tote. Die Ukraine und Russland haben erneut Gefangene ausgetauscht. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

  • Tote und Verletzte bei Rettungsaktion in Cherson
  • Dammbruch: Kiew bekräftigt Vorwürfe gegen Russland
  • Vermisstensuche nach Zerstörung des Staudamms geht weiter
  • Drohne in russischer Region Kaluga niedergegangen
  • Ukrainische Armee rückt weiter auf Bachmut vor
11.06.2023 • 23:18 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute schließen wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Schüsse auf Rettungsboote mit Zivilisten im gefluteten Kriegsgebiet Cherson im Süden des Landes scharf verurteilt. "Sogar Tiere haben mehr Moral als Sie, russischer Staat", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft. "Russische Terroristen beschießen weiter Evakuierungswege, Evakuierungspunkte, Boote, die die Menschen wegbringen."

Ein Boot mit 21 Menschen war laut ukrainischen Behörden von Russen beschossen worden, während die Zivilisten sich aus dem von Moskau besetzten Teil des Gebiets Cherson in Sicherheit bringen wollten. Drei Menschen starben, zehn wurden verletzt.

Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) will offene Fragen zur Kühlwasserversorgung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja klären. Die vor Ort stationierten IAEA-Experten bräuchten deshalb Zugang zu einem Wasserzulauf in der Nähe des russisch besetzten Kernkraftwerks, um den Pegelstand selbst zu überprüfen, erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi.

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms am Dienstag hat zu einem Absinken des Pegelstandes im Reservoir des Dnipro-Flusses geführt, mit dem das AKW gekühlt wird. Laut IAEA liegen deutlich unterschiedliche Angaben zu den Wasserständen des Zulaufs und des Dnipro-Reservoirs vor. Das Kraftwerk liegt mehr als 100 Kilometer flussaufwärts von dem inzwischen zerstörten Staudamm. Falls der Pegelstand im Reservoir zu tief fallen sollte, könnte kein frisches Wasser zur Kühlung der stillgelegten Reaktoren und des Atomabfalls mehr angepumpt werden.

Karte Ukraine mit Kachowka-Stausee, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Über die Lage an umkämpften Frontabschnitten im Südosten der Ukraine haben beide Seiten sich widersprechende Angaben gemacht. Die ukrainischen Streitkräfte meldeten die Einnahme eines kleinen Dorfes rund 40 Kilometer südwestlich der Gebietshauptstadt Donezk, das an der Bahnstrecke von dort zur Hafenstadt Mariupol liegt. Eine Jagdbrigade der ukrainischen Streitkräfte veröffentliche auf Facebook ein Video, das Soldaten beim Hissen der ukrainischen Flagge auf einem beschädigten Gebäude zeigt, das sich nach ihren Angaben im Dorf Blahodatne befindet.

Das ukrainische Heer bestätigte in einer separaten Mitteilung die Einnahme des Dorfes. Nach Angaben eines Sprechers der Brigade, Myroslaw Semenjuk, wurden sechs russische Soldaten gefangen genommen. "Das nächste Dorf, das wir zurückerobern wollen, ist Uroshajne. Danach werden wir weiter nach Süden gehen", sagte er der Nachrichtenagentur AP.

Der russische Statthalter in der Nachbarregion Saporischschja, Wladimir Rogow, sprach dagegen von einer uklaren Situation. Blahodatne liege wie auch zwei Dörfer in Saporischschja in einer "grauen Zone", in der unklar sei, wer dort die Kontrolle habe. Ein anderes Dorf in Donezk hätten russische Truppen nach kurzer Zeit wieder zurückerobert. "Die Situation ist in der Entwicklung", schrieb er auf Telegram. "Keine besonderen Vorkommnisse."

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei einem Angriff während der Evakuierung von Zivilisten im südukrainischen Überschwemmungsgebiet sind nach Behördenangaben mindestens drei Menschen getötet worden. Weitere zehn Menschen seien bei dem Beschuss eines Rettungsboots verletzt worden, erklärte der ukrainische Regionalgouverneur von Cherson, Oleksandr Prokudin, im Online-Dienst Telegram. 

Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, schrieb in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram: "Sie haben den Zivilisten in den Rücken geschossen." Die Verletzten hätten es über den Fluss Dnipro bis in die Stadt Cherson geschafft, die von ukrainischen Kräften kontrolliert wird.

Rettungskräfte in Cherson bringen Zivilisten nach dem Beschuss eines Rettungsboots in Sicherheit.

Rettungskräfte bringen verletzte Zivilisten in Sicherheit, die unter Beschuss der russischen Streitkräfte geraten waren, während sie versuchten, mit einem Boot vom russisch besetzten Ostufer des überschwemmten Dnepr in das ukrainisch kontrollierte Cherson am Westufer zu fliehen.

Der Großteil des Gebiets Cherson ist von russischen Truppen besetzt. Die Kriegsparteien werfen sich seit Tagen gegenseitig Beschuss vor, während nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms dort Helfer versuchen, Bewohner ins Trockene zu bringen. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich häufig nicht unabhängig bestätigen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron empfängt am Montagabend Bundeskanzler Olaf Scholz und den polnischen Staatschef Andrzej Duda zu einem Dreier-Gipfel in Paris. Geplant ist ein gemeinsames Abendessen, bei dem es um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die weitere Unterstützung für Kiew und die Vorbereitung des NATO-Gipfels im Juli gehen soll.

Die Dreier-Treffen zwischen Deutschland, Frankreich und Polen werden "Weimarer Dreieck" genannt. Das Gesprächsformat wurde im August 1991 von den damaligen Außenministern Hans-Dietrich Genscher, Roland Dumas und Krzysztof Skubiszewski im thüringischen Weimar gegründet. Es diente zunächst vor allem der Heranführung Polens und anderer osteuropäischer Staaten an die Europäische Union und an die NATO.

Die Ukraine und Russland haben bei einem neuen Gefangenenaustausch jeweils mehr als 90 Kämpfer wieder freigelassen. Kiew habe 95 Männer zurückerhalten, die unter anderem bei Kämpfen um die Städte Bachmut und Mariupol in russische Gefangenschaft geraten seien, teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. "Viele von unseren Leuten wurden verletzt in Gefangenschaft", sagte er.

Das russische Verteidigungsministerium in Moskau meldete die Freilassung von 94 eigenen Kämpfern aus ukrainischer Gefangenschaft. Die freigelassenen russischen Soldaten sollen in medizinischen Einrichtungen des Ministeriums behandelt werden und eine Reha durchlaufen, hieß es in der Mitteilung der Behörde. Russland und die Ukraine haben in dem seit 15 Monaten andauernden Krieg bereits mehrfach Gefangene ausgetauscht. Zuletzt hatte es Ende Mai einen größeren Austausch gegeben.

Ukrainische Soldaten haben nach Militärangaben aus Kiew im größtenteils von Russland besetzten Gebiet Donezk den Ort Blahodatne befreit. Die Truppen veröffentlichten ein Video, auf dem das Hissen der ukrainischen Flagge auf einem halbzerstörten Gebäude zu sehen ist. Es seien auch Gefangene genommen worden, hieß es.

Von russischer offizieller Seite gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Die russische Armee behauptet seit Tagen, sie wehre die ukrainische Offensive ab. Allerdings meldeten auch kremlnahe russische Militärblogger, dass Blahodatne aufgegeben worden sei, weil Moskaus Kämpfer dort eine Einkesselung befürchtet hätten. Demnach wurde zudem das Dorf Neskutschne eingenommen. Auch das Dorf Lobkowe im Gebiet Saporischschja soll von russischer Besatzung befreit sein.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat erklärt, dass seine Kämpfer keinen Vertrag mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu unterzeichnen würden. Das Verteidigungsministerium hatte am Samstag alle Freiwilligenkommandos angewiesen, bis Ende Juni Verträge mit dem Ministerium zu unterschreiben.

"Wagner wird keine Verträge mit Schoigu unterzeichnen", sagt Prigoschin. Die Wagner-Gruppe sei in das Gesamtsystem integriert und vollständig den Interessen Russlands untergeordnet, aber ihre hocheffiziente Kommandostruktur würde durch die Unterstellung unter Schoigu Schaden nehmen. Prigoschin ist wiederholt mit dem regulären Militär aneinandergeraten und hat die Kriegsführung in der Ukraine mehrfach kritisiert.

Die Ukraine hat nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums erfolglos versucht, ein Schiff der russischen Schwarzmeerflotte anzugreifen, das Erdgaspipelines schützen solle. Das Schiff überwache die Situation entlang der Turkstream- und Blue-Stream-Pipelines im Schwarzen Meer, teilt das Ministerium weiter mit.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu verleiht Medaillen an Soldaten, die nach russischen Angaben bei der Abwehr eines ukrainischen Gegenangriffs vier deutsche "Leopard"-Panzer und fünf "Bradley"-Kampffahrzeuge aus US-Produktion zerstört haben. Schoigu wird im staatlichen Fernsehen gezeigt, wie er Soldaten, die nach eigenen Angaben feindliche Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zerstört haben, den goldenen Stern "Held Russlands" übergibt - die höchste militärische Auszeichnung Russlands.

Die russische Führung sieht nach eigenen Angaben derzeit keine Basis für einen möglichen Dialog mit der Ukraine. Es gebe im Moment praktisch keine Vorbedingung für eine Vereinbarung, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow dem staatlichen Fernsehsender Rossija. Zudem gebe es keine "auch nur hauchdünne Grundlage für irgendeine Art von Dialog".

Die ukrainische Regierung bekräftigt ihre Vorwürfe, dass Russland den Kachowka-Staudamm gezielt zerstört haben soll, um die ukrainischen Streitkräfte im Süden des Landes am Vormarsch zu hindern. Die Sprengung des Damms aus dem Inneren des zugehörigen Wasserkraftwerks sei offenbar mit der Absicht durchgeführt, die ukrainischen Verteidigungskräfte daran zu hindern, eine Offensive in der Region Cherson zu starten, sagt Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Zudem habe Russland damit die Entsendung von Reserven in die Gebiete Saporischschja und Bachmut ermöglichen wollen.

Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Gebiet Cherson geht die Suche nach Vermissten weiter. Das ukrainische Innenministerium teilte mit, dass auf der von Kiew kontrollierten rechten Seite des Dnipro-Ufers noch 32 Ortschaften mit 3784 Häusern überschwemmt seien. 29 Menschen würden vermisst, hatte die Behörde am Vorabend mitgeteilt. 1400 Einsatzkräften seien beteiligt daran, die der Flut nach dem Bruch des Staudamms zu beseitigen, hieß es.

Auch auf der von Russland besetzten Seite des Ufers dauerte die Evakuierung von Ortschaften an. Tausende Menschen wurden auf beiden Seiten des Flusses in dem umkämpften Gebiet in Sicherheit gebracht.

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms dürfte nach britischen Erkenntnissen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung der russisch besetzten Krim-Halbinsel haben. Der Dammbruch habe mit ziemlicher Sicherheit schwere Beeinträchtigungen der wichtigsten Frischwasserquelle der Krim, dem Nord-Krim-Kanal, verursacht, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Das Wasser aus dem Kachowka-Reservoir werde bald aufhören, über den Kanal Richtung Krim zu fließen. Dies werde die Verfügbarkeit von Süßwasser im Süden des Gebietes Cherson und im Norden der Krim verringern, schrieben die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update.

Russland werde den unmittelbaren Wasserbedarf der Bevölkerung jedoch vermutlich unter anderem mit Hilfe von Reservoirs, Wasserrationierungen und der Lieferung von russischem Flaschenwasser auffangen. Die Gemeinden sowohl auf der ukrainisch kontrollierten wie auf der russisch besetzten Seite des Flusses Dnipro seien gleichzeitig mit einer Sanitärkrise mit eingeschränktem Zugang zu sicherem Trinkwasser und einem erhöhten Risiko von Krankheiten konfrontiert.

Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrer Offensive gegen die russische Armee im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes nach Einschätzung westlicher Experten lokale Erfolge erzielt. Die Gewinne gebe es im Westen des Gebiets Saporischschja und dort im Südwesten und Südosten der Stadt Orichiw, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Insgesamt gebe es ukrainische Offensivhandlungen an vier Abschnitten der Front, hieß es.

Dagegen hatte das russische Militär mitgeteilt, die Angriffe dort und im Gebiet Donezk um die Stadt Bachmut erfolgreich abgewehrt zu haben. Die ukrainischen Luftstreitkräfte informierten auch über den erneuten Abschuss von sechs Drohnen im Gebiet Charkiw und Sumy an der Grenze zu Russland.

Im an die Ukraine grenzenden Gebiet Belgorod, das seit Tagen beschossen wird, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit, dass ein Güterzug mit 15 leeren Waggons entgleist sei. Verletzte gab es demnach nicht, der regionale Zugverkehr musste vorübergehend eingestellt werden. Die Hintergründe waren zunächst unklar. In Russland verüben immer wieder Schienenpartisanen Sabotageakte gegen Bahnanlagen, um militärischen Nachschub zu stoppen.

Eine Drohne ist am frühen Morgen in der Nähe des Dorfes Strelkovka in der russischen Region Kaluga niedergegangen. "Nach vorläufigen Informationen gibt es keine Verletzten", teilte der Gouverneur der Region, Wladislaw Schapscha, über Telegram mit. Die Region Kaluga grenzt im Norden an die Metropolregion Moskau.

Die Polin Iga Swiatek hat nach ihrem dritten Triumph bei den French Open andere Spielerinnen und Spieler zur Einheit gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine aufgerufen. "Meine Unterstützung gilt allen Ukrainern, weil ich weiß, dass ihre Situation nicht einfach ist. Wenn ich in ihren Schuhen stecken würde, wüsste ich ehrlich nicht, ob ich antreten könnte", sagte die 22-Jährige nach dem Finalsieg in Paris. Die Tennis-Gemeinschaft solle zusammen "alles unternehmen, um die russische Aggression zu stoppen".

Bei Bachmut ist die ukrainische Armee nach Angaben des Militärs an einigen Stellen bis zu 1,4 Kilometer vorgerückt. Der Generalstab erklärte, russische Angriffe bei Bachmut und Marjinka seien zurückgeschlagen worden. Russland habe schwere Verluste erlitten, die das Land zu verheimlichen versuche. Die Angaben lassen sich unabhängig nicht überprüfen.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 11. Juni 2023 die tagesschau um 02:45 Uhr und Deutschlandfunk um 13:00 Uhr in den Nachrichten.