EU stellt Milchbericht vor Kein Geld für Massenschlachtungen
Die Milchquote wird abgeschafft - trotz drastisch gesunkener Milchpreise. Das hat EU-Kommissarin Fischer Boel bei der Vorstellung des Milchberichts bekräftigt. Eine klare Abfuhr gab es für eine Forderung des Bauernverbands: Eine Prämie fürs Schlachten gesunder Milchkühe wird es nicht geben.
Von Katrin Brand, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
"Ich wünschte, ich hätte einen Zauberstab, aber das ist nicht der Fall", seufzte Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel, und so konnte sie auch heute den europäischen Bauern keine Hoffnungen machen, sie könne die Krise auf dem Milchmarkt schnell lösen.
"Es geht um echte Menschen"
Im Herbst 2007 hatte der Preis für den Liter Milch noch bei 40 Cent gelegen, heute gibt es im Schnitt 24 - das hat die Kommission in ihrem Milchbericht errechnet. Und das erfüllt auch die Landwirtsgattin aus Dänemark mit großer Sorge: "Es ist offensichtlich, dass unsere Milchbauern gerade leiden", sagte sie. "Es geht um echte Menschen und nicht um Statistiken auf einem Blatt Papier."
Doch trotz ihres Mitleids kam Fischer Boel der Forderung vieler Bauern, die Milchquote zu senken, auch heute nicht nach. In den 1980er-Jahren war die Quote eingeführt worden, um Überproduktion zu verhindern und die Menge der in Europa hergestellten Milch zu begrenzen. Als die Nachfrage nach Milch in den vergangenen Jahren jedoch weltweit zu steigen begann, beschlossen die Agrarminister der EU, die Quote schrittweise zu erhöhen und 2015 ganz auslaufen zu lassen. Angesichts der dramatisch niedrigen Preise fordern Milchbauern in ganz Europa nun, die Quote zu erhalten und abzusenken. Doch die Kommissarin hält nicht die steigende Quote, sondern die sinkende Nachfrage für den Grund dafür, dass der Preis so stark gefallen ist.
Kommissarin appelliert an EU-Staaten
Fischer Boel schlägt vor, erst einmal härter durchzugreifen. "Wenn ein Bauer seine persönliche Quote überschreitet, muss er Überschreitungsgebühr bezahlen. Auch dann, wenn die Quote seines Landes noch nicht ausgeschöpft ist."
Diese Regelung wird in Frankreich bereits praktiziert, in Deutschland jedoch nicht. Fischer Boel appellierte außerdem an die 27 EU-Staaten, stärker als bisher ihre eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen und aus ihren Agrarmitteln Förderprogramme für Bauern oder besondere Finanzhilfen bereitzustellen.
Absage an den Bauernverband
Eins kommt für Fischer Boel allerdings nicht in Frage: Milchkühe zu schlachten, denn "es wäre den Steuerzahlern sehr schwer zu erklären, dass wir ihr Geld dazu benutzen, um gesunde Tiere zu schlachten, die nicht an irgendwelchen Krankheiten leiden". Außerdem würde das zu einem Überangebot auf dem Rindfleischmarkt und damit zu neuen Problemen führen. Der deutsche Bauernverband hatte das Schlachten von Kühen als eine Möglichkeit gesehen, um das Überangebot an Milch auf dem europäischen Markt zu bereinigen: Wenn anderthalb Millionen Tiere getötet würden, könnte das den Kick geben, um aus dem tiefen Tal wieder herauszukommen. Andere Bauernvereinigungen lehnen diesen Schritt allerdings entschieden ab.