MINT-Herbstreport "Beunruhigender Trend" bei deutscher Innovationskraft
Deutschland fällt bei Innovationen hinter andere Länder zurück, zeigt ein neuer Report. Zugleich arbeiten mehr Frauen und ausländische Fachkräfte im MINT-Bereich. Dieses Potenzial könne noch weiter ausgeschöpft werden.
Deutschland verliert seinen Vorsprung bei Innovationen. Das geht aus dem MINT-Herbstreport des Instituts der deutschen Wirtschaft IW hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt.
MINT-Berufe sind Jobs im Bereich der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Dazu zählen im akademischen Bereich zum Beispiel Ingenieure oder Informatiker und als Ausbildungsberufe Elektroniker oder Laboranten.
Die Studie spricht mit Blick auf die deutsche Innovationskraft von einem "beunruhigenden Trend". Danach ist Deutschland bei Ausgaben für Forschung und Entwicklung - bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt - zurückgefallen. International belegt die Bundesrepublik bei diesem wichtigen Indikator für Innovationskraft nur noch Platz sechs unter zehn ausgewählten Ländern. Und das, obwohl die Ausgaben seit dem Jahr 2000 in Deutschland deutlich gestiegen seien. Allerdings haben Länder wie die Schweiz, Schweden, Japan oder Südkorea stärkere Steigerungsraten. Dadurch fällt Deutschland zurück.
Innovationshindernis Fachkräftemangel
Auch bei den Patentanmeldungen stellen die Studienautoren einen negativen Trend fest. Der Anteil Deutschlands an den internationalen Patentanmeldungen sei seit dem Jahr 2000 stetig gesunken. Länder wie China oder Südkorea hätten dabei große Fortschritte gemacht und Deutschland fast eingeholt.
Die Studie gibt auch einen tieferen Blick in die Art der Patentanmeldungen. So habe sich der Forschungsschwerpunkt etwa in der Automobilindustrie in China seit 2010 sehr stark in Richtung elektrifizierten Antriebsstrang entwickelt, während diese Fokussierung in Deutschland, den USA oder Japan deutlich moderater ausgefallen sei.
Häufigstes Innovationshindernis für deutsche Unternehmen ist laut MINT-Report der Fachkräftemangel. Trotz starkem konjunkturellem Einbruch in den Jahren 2023 und 2024 fehlten bundesweit derzeit rund 200.000 MINT-Fachkräfte. Aufgeschlüsselt auf verschiedene Wirtschaftszweige zeigten sich die größten Engpässe in den Energie- und Elektroberufen und im Bereich der Maschinen und Fahrzeugtechnik.
Höherer Frauenanteil
Positiv merken die Studienautoren an, dass der Anteil der Frauen an allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen in MINT-Berufen von 13,8 Prozent im Jahr 2012 auf 16,3 Prozent im ersten Quartal 2024 gestiegen sei. In Ostdeutschland sei der Anteil mit 16,9 Prozent sogar besonders hoch. Allerdings sei er dort dafür in den vergangenen Jahren weniger stark angestiegen.
Den höchste Frauenanteil in den MINT-Berufen gebe es in Berlin (22,4 Prozent), Hamburg (19,7 Prozent) und Thüringen (18,2 Prozent). Geringere Anteile liegen laut Studie in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz (jeweils 14,4 Prozent) und dem Saarland (13,6 Prozent) vor.
Positive Auswirkungen auf die Innovationskraft der deutschen Unternehmen habe in den vergangenen Jahren die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland gehabt. Die Fachkräftelücke in den MINT-Berufen würde laut Studie ohne ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich höher ausfallen. Ohne diese könnten demnach 700.000 MINT-Stellen nicht besetzt werden.
Mehrere Lösungsansätze
Laut MINT-Report bietet die Branche weiter gute Karrieremöglichkeiten. Es gebe nur wenige befristete Stellen. Außerdem liege der durchschnittliche Bruttomonatslohn von vollzeitbeschäftigten MINT-Akademikern bei rund 5.900 Euro und damit über dem Durchschnitt anderer Akademikerberufe. Allerdings ist der Durchschnittslohn im Vergleich zum MINT-Herbstreport 2023 nicht gestiegen.
Neben der Problembeschreibung unterbreiten die Autoren auch Lösungsvorschläge. Es sei sinnvoll, das Interesse von Mädchen an MINT-Fächern zu fördern. Dafür solle die Berufs- und Studienwahl klischeefrei gestaltet werden. Schulen sollten Mentoringprogramme einrichten und erfolgreiche MINT-Frauen als Vorbilder präsentieren.
Außerdem müsse das Potenzial älterer Arbeitskräfte gehoben werden. Dafür solle zum Beispiel lebenslanges Lernen und kontinuierliche Weiterbildung gefördert werden.
Als dritten Punkt nennt die Studie mehr Zuwanderung für Facharbeiter in MINT-Berufen. Dafür könne man zum Beispiel auch die Anzahl internationaler Studierender in Deutschland erhöhen und diese durch mehr unterstützende Programm besser zum Studienerfolg bringen.