BIP um 7,3 Prozent gestiegen Chinas Wachstum schrumpft
Für chinesische Verhältnisse ist das fast schon eine Krisenzahl: Um 7,3 Prozent ist die Wirtschaft der Volksrepublik im dritten Quartal gewachsen - nur noch. Es ist das geringste Wachstum seit der Weltfinanzkrise.
Beobachter hatten zwar mit einem noch geringeren Wachstum gerechnet. Doch auch die 7,3 Prozent liegen unter dem Ergebnis des Vorquartals und dem selbstgesteckten Ziel der Regierung: beide bei 7,5 Prozent. Damit bewegt sich China auf das langsamste Jahreswachstum seit 1990 zu. Damals war das Land wegen der blutigen Niederschlagung der Tiananmen-Proteste wirtschaftlich isoliert.
"Fast elf Millionen neue Jobs"
Die Regierung zeigt sich dennoch zufrieden. Das Wachstum habe sich etwas verlangsamt, gibt der Sprecher von Chinas Statistikamt, Sheng Laiyun, zu. "Aber die Schaffung neuer Arbeitsplätze kommt gut voran. In den ersten neun Monaten sind in den Städten fast elf Millionen neue Jobs entstanden. Die Inflation ist stabil. Insgesamt bewegt sich Chinas Wirtschaft also in einem angemessenen Rahmen. Angesichts des schwierigen internationalen Umfelds und der Umstrukturierung unserer Wirtschaft war es nicht einfach, das zu erreichen."
Peking will die chinesische Wirtschaft umbauen und unabhängiger machen von Exporten und Investitionen. Konsum und Dienstleistungen sollen neue Wachstumstreiber sein. Weit reichende Reformen wurden vor einem Jahr angekündigt: mehr Marktwirtschaft, mehr Öffnung für ausländische Unternehmen, eine Liberalisierung der Zinsen und des Finanzsektors, die Einrichtung von Freihandelszonen. Die Umsetzung der Beschlüsse stockt aber.
Geldpolitik lockern, Zinsen senken
Stattdessen steckt die Regierung wieder Geld in kleinere Konjunkturmaßnahmen wie den Ausbau der Infrastruktur. Sie will eine schnelle Abkühlung verhindern - aus Angst vor sozialen Unruhen. "Wir glauben, dass die Regierung und die Zentralbank wegen der Risiken die Wirtschaft weiter stützen werden", sagt Julia Wang, Volkswirtin bei der Großbank HSBC in Hongkong. "Sie werden Investitionen aus dem Privatsektor vereinfachen. Und sie werden sich beim Kreditwachstum offen zeigen." Die Regierung könnte also die Geldpolitik lockern, Zinsen senken und mehr Geld in die Märkte pumpen.
Kommt die Sechs vor dem Komma?
Der Ausblick aufs kommende Jahr bleibt getrübt. Banken und Wirtschaftsinstitute rechnen mit einem weiteren Rückgang des Wachstums. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2015 7,1 Prozent. Andere rechnen mit einer Sechs vor dem Komma. Für China sind das sehr niedrige Zahlen. Lange wuchs dort die Wirtschaft zweistellig. Der Nachholbedarf ist noch immer sehr groß. Wenn China pro Kopf den Wohlstand des Westens erreichen will, braucht es noch lange hohe Wachstumsraten.
Größtes Sorgenkind bleibt Chinas Immobilienmarkt. Die Wohnungspreise fallen fast im ganzen Land. Im laufenden Jahr ging das Verkaufsvolumen um fast elf Prozent zurück. Der Sektor steckt voller unsicherer Kredite. Er könnte das Finanzsystem in eine Schieflage bringen und die übrige Wirtschaft mit nach unten ziehen, so die Befürchtung. Die Regierung schaffte in den vergangenen Monaten bereits diverse Kaufbeschränkungen für Wohnungen ab, um den Markt zu stützen. Und wer eine Immobilie erwerben will, kommt jetzt auch leichter an ein Darlehen.