Gasversorgung in Deutschland "Besser vorbereitet als im Vorjahr"
Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller hält die Gasversorgung im kommenden Winter für sicherer als 2022. Die deutschen Speicher seien sehr gut gefüllt, zudem habe die Industrie viele Einsparungen erreicht.
Mit Blick auf die Gasversorgung im bevorstehenden Winter zeigt sich der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, zuversichtlich. Er sieht Deutschland in einer günstigeren Situation als vor einem Jahr. "Wir sind schon optimistisch und wir sind besser vorbereitet als im Vorjahr", sagte Müller dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Das liege daran, "dass die Industrie konstant deutlich weniger Gas" verbrauche und "wir auch beim Einspeichern und beim Diversifizieren der Beschaffung besser" seien.
Industrie spart 20 Prozent Gas ein
Aus diesen Gründen könne Deutschland einen "normalen und auch einen leicht kalten Winter bei einem sparsamen Umgang mit Gas bewältigen", sagte Müller gegenüber der Zeitung. Seinen Angaben zufolge hat die Industrie etwa 20 Prozent eingespart, was auf technische Innovationen und Modernisierungen sowie Energieeffizienzmaßnahmen zurückzuführen sei.
Zudem gebe es Unternehmen, die einen "Brennstoffwechsel" umgesetzt und Gas durch Öl ersetzt hätten. Das sei zwar ökologisch nicht sinnvoll, helfe aber beim Gassparen. "Es ist allerdings auch bittere Realität, dass es Firmen gibt, die mit den aktuellen Gaspreisen keine wettbewerbsfähige Produktion aufrechterhalten können", schränkte der Volkswirt ein.
Darüber hinaus gingen auch private Haushalte bewusster mit der Heizung um. Trotzdem rief er dazu auf, Energie weiter sparsam zu nutzen. Auch für den kommenden Winter gelte: "Niemand soll frieren", so Müller. Aber zugleich bleibe es wichtig, dass die Menschen sich genau überlegen, welcher Verbrauch sich einsparen lasse.
Übung zur Gasmangellage geplant
Neben den Einsparungen verbesserte sich Müller zufolge auch das Angebot - etwa durch mehr LNG-Kapazitäten in Deutschland und Europa. "Wenn ein Winter einmal nicht so lauwarm sein sollte wie der letzte, oder wenn sich Putin entscheidet, die Gaslieferungen über die Ukraine nach Südosteuropa zu drosseln, dann haben wir durch die zusätzlichen LNG-Terminals Reserven, die die Versorgung sicherstellen", erklärte der ehemalige Verbraucherschützer. Die neuen Terminals seien "wie eine Versicherung, um unsere Gasversorgung zu garantieren".
Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller hält die Gasversorgung für gesichert - ruft aber dennoch zu Sparsamkeit auf.
Die Speicherfüllstände liegen in Deutschland laut Bundesnetzagentur derzeit bei über 94 Prozent. Um die Gasversorgung für den kommenden Winter zu sichern, sollte bis zum 1. Oktober ein Füllstand von 85 Prozent erreicht werden. Dieses Speicherziel wurde bereits im Juli erreicht.
Dennoch will die Bonner Behörde heute gemeinsam mit der Bundesregierung, den Ländern und verschiedenen Marktakteuren das Zusammenspiel bei einer Gasmangellage testen. "Die entsprechende EU-Verordnung sieht vor, dass zuerst für Industrieunternehmen, die Güter im nicht lebensnotwendigen Bereich erzeugen, der Gasbezug reduziert wird", sagt Müller gegenüber dem "RND". Das werde durchgespielt, um im schlimmsten Fall "ruhig, aber entschlossen handeln zu können".
Forderungen nach längeren Energiepreisbremsen
Die Gaspreise für Verbraucherinnen und Verbraucher sind in den vergangenen Monaten stark gesunken. Die Gaspreise für Neukunden seien aktuell so niedrig wie seit Ende 2021 nicht mehr, teilte das Vergleichsportal Check24 kürzlich mit. Das Vergleichsportal rät Haushalten daher, nun den Anbieter zu wechseln. "So können sie beim Gas über 1.000 Euro sparen." Bei fast allen alternativen Anbietern seien die Preise so günstig, dass die Gaspreisbremse nicht mehr greife.
Trotzdem mehren sich vor dem Winter Forderungen, die Energiepreisbremsen zu verlängern. Etwa die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hatte gestern vor einer erneuten Explosion der Energiepreise gewarnt und sich für eine Fortsetzung bis Ende April 2024 ausgesprochen. "Die Gaspreisbremse ist ein wichtiges Instrument, um die Menschen vor den Härten der Energiekrise zu schützen", sagte Grimm der "Rheinischen Post". Falls die Länder, die immer noch von Russland beliefert werden, abgeschnitten würden, könnte es wieder zu heftigen Preisanstiegen kommen, warnte sie.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach sich dafür aus, die Strompreisbremse über das Jahresende hinaus beizubehalten und zu erweitern. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte, sämtliche Preisbremsen bis Ostern 2024 auszudehnen. "So wären Privathaushalte auch im kommenden Winter vor weiteren Preissteigerungen bei Strom, Gas und Fernwärme geschützt", so die Vorsitzende Ramona Pop.