Abstimmung im EU-Parlament Finale für siebenjährigen Finanzplan
Nach monatelangen Verhandlungen wird das EU-Parlament heute voraussichtlich den Rahmen für den EU-Haushalt zwischen 2014 und 2020 beschließen. Über 900 Milliarden Euro schwer ist das Siebenjahresbudget, mit dessen Ausgestaltung viele Abgeordnete unzufrieden sind.
Wieviel Geld soll die EU in den nächsten Jahren ausgeben? Über diese Frage haben sich erst die Mitgliedsstaaten untereinander zerstritten, und dann war das Parlament unzufrieden mit dem, was die Regierungschef ausgehandelt haben.
Heute soll nun der Schlussstrich unter das monatelange, ja jahrelange Tauziehen gezogen werden. Zum Glück, meint Herbert Reul, der Chef der CDU-CSU-Gruppe im Europaparlament: "Ich bin sehr erleichtert, ich bin sehr zufrieden. Ich bin froh, dass wir eine solche Entscheidung jetzt treffen."
Abmagerungskur für Süd- und Osteuropäer
Eine Entscheidung, die die ziemlich deutliche Handschrift von Reuls Parteichefin trägt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gegen viele Begehrlichkeiten der Süd- und Osteuropäer eine europäische Abmagerungskur durchgesetzt. Ihr bester Verbündeter dabei war der britische Premier David Cameron.
Etwas über 900 Milliarden Euro soll die EU in den nächsten sieben Jahren ausgeben dürfen. Das ist weniger als ein Prozent der Wirtschaftsleistung der 28 Mitgliedsstaaten. Und das ist sogar weniger als in der vorhergehenden Sieben-Jahres-Periode. CDU-Mann Reul findet trotzdem, dass das reicht: "Ich glaube, dass genug Geld da ist, auch für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Man muss nur die Mittel, die man hat, gezielter einsetzen."
Grüne: Zu wenig Geld für Zukunftsinvestitionen
Nicht jeder sieht das so. Die Grünen zum Beispiel wollen gegen den mehrjährigen Finanzrahmen stimmen. Denn der sei eine Ansammlung verpasster Chancen, sagt die grüne Haushaltsexpertin Helga Trüpel: "Er ist geringer als das, was wir bisher hatten, was aus unser Sicht in der jetzigen Situation, wo man auch Zukunftsinvestitionen leisten sollte, nicht die richtige Antwort ist."
Und mindestens genauso ärgert sich Trüpel über die Aufteilung der Mittel: "Zum Beispiel wird immer noch zu viel Geld ausgegeben für die Direktzahlungen an Landwirte und zu wenig für die ökologische Entwicklung im Landbau. Insgesamt wird aus unserer Sicht zu wenig ausgegeben für Forschung und Entwicklung, für nachhaltige Forschung und zu wenig für Bildung."
In der Tat fließen auch in Zukunft rund 40 Prozent der EU-Gelder in die Unterstützung der Landwirte. Etwas mehr als ein Drittel der 900 Milliarden ist für die Unterstützung vor allem strukturschwacher Regionen vorgesehen. Viel bleibt dann nicht mehr für Investitionen in Forschung, für die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen, für den Ausbau der transeuropäischen Verkehrs- und Energienetze oder für das Bildungsaustauschprogramm Erasmus.
Ein Plan, der nicht zufrieden stimmt
Das Parlament hatte unmittelbar nach der Einigung der Regierungschefs im Februar mit einer Ablehnung des ganzen Finanzplans gedroht und konnte dann in Verhandlungen mit den Regierungen auch einige kleinere Korrekturen erreichen.
Nicht bei der Höhe des Haushalts, nicht bei der Mittelaufteilung, aber zum Beispiel - wie Herbert Reul erläutert - beim Aufbrechen der bisher sehr starren Haushaltsplanung: "Das ist die Übertragung von Mitteln von einem Haushaltsjahr ins andere, von einem Kapitel ins andere, weil ja kein Mensch weiß, was in dieser langen Periode nächstes oder übernächstes Jahr an neuen Schwerpunkten anliegt."
Die Grünen hätten sich auch da mehr gewünscht. Und auch die Linken werden gegen den Finanzrahmen stimmen. Die Sozialdemokraten sind zwar ziemlich unzufrieden, aber sie wollen den Haushaltsplan durchwinken, damit die Gelder dann auch gesichert zur Verfügung stehen. Die Liberalen wollen auch zustimmen. Sie hoffen, dass weniger Geld nicht weniger Europa bringt, sondern ein effizienteres Europa.
Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) legt die EU Obergrenzen und Schwerpunkte ihrer Haushalte fest. Für einen Zeitraum von sieben Jahren werden unter anderem die maximalen Gesamtausgaben und die Verteilung auf wichtige Aufgabenbereiche vereinbart. Innerhalb dieser Vorgaben müssen sich später die jährlichen Etats bewegen.
Wie der MFR zustande kommt, ist im Vertrag von Lissabon festgelegt. Es handelt sich im Kern um eine Verordnung. Den Vorschlag dafür legt die EU-Kommission vor. Im nächsten Schritt verhandeln die Regierungen der EU-Staaten über einen Kompromiss, sie können die MFR-Verordnung nur einstimmig beschließen. Zuvor muss aber auch das Europaparlament zustimmen. Wegen des drohenden Vetos beeinflussen die Änderungswünsche der Parlamentarier die Beratungen der Regierungen der EU-Staaten. Kommt es nicht rechtzeitig zu einer Einigung, gelten die Obergrenzen des letzten Jahres aus dem vorangegangenen MFR zunächst weiter.