Nach neuen Makro-Daten US-Anleger in der Zwickmühle
Die Wall Street findet derzeit keine klare Richtung. Die großen Indizes schlossen unter dem Eindruck neuer Wirtschaftsdaten zwar schwächer, ein Ausverkauf findet aber auch nicht statt.
Der Handelstag stand heute primär im Zeichen neuer Konjunkturdaten. Vor allem ein stärker als erwarteter Anstieg der Erzeugerpreise hat dabei an der Wall Street für Nervosität gesorgt. Zudem gab es Daten vom Arbeitsmarkt und Häusermarkt.
Konkret legten die Preise auf Erzeugerebene im Januar um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg um 5,4 Prozent gerechnet. Von Dezember auf Januar zogen die Preise mit 0,7 Prozent fast doppelt so stark an wie erwartet.
Aus den Daten lassen sich frühe Signale für die Entwicklung der Verbraucherpreise ablesen. Diese sind wiederum ein wichtiger Faktor, der die Zinsentscheidungen der US-Notenbank Fed in der kommenden Woche beeinflussen könnte. Ein stärker als erwarteter Anstieg schürt somit die Zinsängste der Anleger.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging am Ende des Tages bei 33.696 Punkten aus dem Handel, ein Tagesverlust von 1,26 Prozent und damit fast am Tagestief. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 1,78 Prozent auf 11.855 Punkte und der breiter gefasste S&P 500 sackte um 1,38 Prozent auf 4090 Punkte. Alle Indizes blieben damit letztlich im Minus.
Verluste gab es auch am Rentenmarkt, wobei US-Staatsanleihen an ihre jüngsten Verluste anknüpften. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) fiel um 0,17 Prozent auf 111,84 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere, die zuletzt 3,85 Prozent betrug, erreichte im Verlauf mit 3,86 Prozent den höchsten Stand seit dem Jahreswechsel.
Die heute veröffentlichten Konjunkturdaten deuten unter dem Strich auf ein weiterhin entschlossenes Vorgehen der US-Notenbank im Kampf gegen die zwar sinkende, aber immer noch hohe Inflation hin. Sie versucht seit vergangenem Jahr, die hohe Inflation mit deutlichen Zinserhöhungen in den Griff zu bekommen.
Andererseits lassen die robusten Makro-Daten auch nicht auf eine bevorstehende tiefere Rezession schließen, die lange Zeit drohend im Raum stand. Die Anleger sind damit in der Zwickmühle, nicht nur in den USA.
"Für ein weiterhin robuste Wirtschaft nimmt der Aktienmarkt derzeit auch steigende Zinsen in Kauf", begründete Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die anhaltende Stärke der Börsen. Offensichtlich seien erhöhte Zinsen den Marktteilnehmern lieber als eine Rezession.
Die Zinssorgen wurden durch Aussagen einer führenden Fed-Vertreterin allerdings weiter angeheizt. Falls es die Lage erfordere, könne sich die Zentralbank auch "schneller" bewegen, sagte die Chefin des Fed-Bezirks Cleveland, Loretta Mester. Dies könne beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Inflation in künftigen Monaten stärker als erwartet ausfalle.
Die Inflation erweist sich als hartnäckiger als gedacht. Die Teuerungsrate fiel im Januar überraschend nur minimal auf 6,4 Prozent von 6,5 Prozent im Dezember. Das Ziel der Notenbank Fed - eine Teuerungsrate von 2,0 Prozent - bleibt somit noch weit entfernt.
Die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA ist etwas gesunken. In der vergangenen Woche gingen die Erstanträge um 1000 auf 194.000 zurück, wie das Arbeitsministerium am Nachmittag in Washington mitteilte.
Werte unter der Marke von 200.000 Hilfsanträgen werden von Experten als ein sehr niedriges Niveau eingeschätzt, was für eine weiter robuste Lage auf dem Arbeitsmarkt der größten Volkswirtschaft der Welt spricht. An den Finanzmärkten war ein leichter Anstieg der Hilfsanträge auf 200.000 Hilfsanträgen erwartet worden.
Die wöchentlichen Erstanträge gelten als zeitnaher Indikator für den amerikanischen Arbeitsmarkt. Sie liefern weiter keine Hinweise, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschlechtern könnte. Laut dem jüngsten Monatsbericht war die Zahl der neuen Stellen in der US-Wirtschaft im Januar stark gestiegen. Die Arbeitslosenquote sank auf 3,4 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit 1969.
Andererseits hat sich das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia im Februar überraschend und deutlich eingetrübt, zudem entwickelt sich der Häusermarkt weiter schwach. Im Januar gingen die neu begonnenen Bauten weiter zurück, während die Baugenehmigungen nahezu stagnierten.
Bei den Einzelwerten reagierten Anleger erschrocken auf eine Entscheidung Pekings, Raytheon und Lockheed Martin als sogenannte "unzuverlässige Unternehmen" einzustufen. Die US-Rüstungskonzerne verloren 0,5 und 1,9 Prozent.
Das chinesische Handelsministerium gab bekannt, die beiden Unternehmen wegen Waffenverkäufen an Taiwan sanktioniert zu haben. Daraufhin würden sie unter anderem von allen Importen und Exporten nach und aus China ausgeschlossen, Führungskräfte dürften nicht einreisen, es würden Aufenthaltsgenehmigungen für Mitarbeiter aufgehoben und es seien Geldstrafen fällig. Die Entscheidung wird von Experten als Eskalation im Streit über einen mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballon bewertet.
Ziemlich unsanft und plötzlich sind die Anleger heute am Nachmittag aus ihren Träumen gerissen worden. Überraschend hoch ausgefallene US-Erzeugerpreise sorgten umgehend für neue Zinsängste und machten deutlich, wie wacklig die derzeitige Lage an den Börsen ist.
Der DAX sackte im Gefolge bis auf sein Tagestief bei 15.417 Punkten deutlich ab, erholte sich aber im Verlauf wieder. Am Ende stand ein leichter Tagesgewinn von 0,18 Prozent auf 15.533 Punkte.
Neben den US-Wirtschaftsdaten blickten die Anleger auch auf eine Reihe neuer Unternehmensdaten, unter anderem von Flugzeugbauer Airbus und der Commerzbank.
Jede Konjunkturzahl hat im derzeitigen aggressiven Zinszyklus der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhebliche potenzielle Sprengkraft und beschert vor allem der New Yorker Weltleitbörse schon eine Weile einen sehr unsteten Handelsverlauf. Zuletzt sorgten durchwachsene Verbraucherpreise und Einzelhandelsumsätze schon für Unruhe.
Der DAX hat sich zuletzt zwar besser gehalten als die Wall Street, konnte sich der Tendenz aber nicht wirklich entziehen. Vor der Veröffentlichung der ernüchternden Zahlen hatte sich der deutsche Leitindex im Tageshoch bei 15.634 Punkten dem erst vor einer Woche erreichten Jahreshoch bei 15.658 Punkten angenähert, eher es dann schnell bergab ging bis auf das Tagestief.
"Erneut legen starke Wirtschaftsdaten aus den USA der Rally am Aktienmarkt zunächst Steine in den Weg", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Broker CMC Markets. Der Inflationsdruck bleibe hoch und die US-Wirtschaft präsentiere sich bei bester Gesundheit, was die US-Notenbank Fed auch nach den zwei bereits eingepreisten Zinserhöhungen nicht von der geldpolitischen Bremse gehen lassen könnte.
Die neuen US-Zinsperspektiven nach den Konjunkturdaten kommen dem Dollar zugute, was im Gegenzug den Euro belastet. Die Gemeinschaftswährung fällt wieder unter die Marke von 1,07 Dollar auf zuletzt 1,0670 Dollar im US-Handel. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs unverändert auf 1,0700 (Mittwoch: 1,0700) Dollar fest.
Die Anleger griffen derweil beim Bitcoin zu. Die Kryptowährung stieg um bis zu 4,4 Prozent auf 25.243 Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit Juni. Dies spreche für einen anhaltenden Risikoappetit der Anleger, sagte Timo Enden von Emden Research. Der aktuelle Kurs ist der höchste Stand seit etwa einem halben Jahr. Auch andere Digitalwerte wie die Nummer zwei am Markt, Ether, konnten zuletzt von der besseren Marktstimmung profitieren.
Im abgelaufenen Jahr steigerte der europäische Flugzeugbauer Airbus seinen Umsatz um 13 Prozent auf knapp 58,8 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern legte um 16 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zu und übertraf damit die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Unter dem Strich blieb mit 4,25 Milliarden Euro ein Prozent mehr übrig als im Vorjahr. Die Dividende für die Anteilseigner soll nun von 1,50 auf 1,80 Euro je Aktie steigen. Airbus waren mit einem dicken Plus von 4,91 Prozent Tagessieger im DAX.
Mercedes-Benz will eigene Aktien für bis zu vier Milliarden Euro am Markt zurückkaufen. Das hätten Vorstand und Aufsichtsrat heute beschlossen, teilte der Autokonzern aus dem DAX nach Börsenschluss mit. Ab März sollten die Aktien über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren an der Börse erworben und anschließend eingezogen werden.
Mit den beiden chinesischen Großaktionären BAIC und Geely sei vereinbart, dass diese ihren Anteil an Mercedes-Benz jeweils unter zehn Prozent halten, indem sie bei dem Programm anteilig Aktien veräußern. Die Aktie legte nachbörslich zu.
Volkswagen hebt einem Medienbericht zufolge ab der kommenden Woche die Preise für alle Modelle mit Verbrennermotor an. Die Preissteigerungen betrügen durchschnittlich 4,4 Prozent, berichtete am Donnerstag die Branchenzeitung "Automobilwoche" unter Verweis auf ein Rundschreiben des Konzerns an seine Händler. Grund seien "deutliche Kostensteigerungen in der Beschaffung von Rohstoffen, Energie und Anlagen".
Die Autoindustrie warnt derzeit auch wegen den Plänen der EU-Kommission für die neue Abgasnorm Euro 7 vor weiteren Preissteigerungen. VW-Chef Oliver Blume bekräftigte am Donnerstag bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg, an der auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnahm, seine Kritik an den EU-Plänen.
Der Chipkonzern Infineon fährt mit den Plänen für seinen milliardenschweren Ausbau seines Standorts Dresden fort. Vorstand und Aufsichtsgremien haben grünes Licht für das Projekt gegeben, wie das im DAX gelistete Unternehmen heute in Neubiberg vor der Hauptversammlung mitteilte. Zuvor habe das Bundeswirtschaftsministerium die Genehmigung für einen vorzeitigen Projektbeginn erteilt. Für Infineon ist es die bislang größte Einzelinvestition. In dem Werk sollen unter anderem Leistungshalbleiter gefertigt werden, die Produktion solle 2026 den Betrieb aufnehmen.
Gleichzeitig wurde Ex-VW-Chef Herbert Diess zum neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Bei der Hauptversammlung des Chipherstellers wurde zudem die Ausschüttung einer Dividende von 32 Cent je Aktie beschlossen - 5 Cent oder knapp 19 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Zinseinnahmen aus dem Firmenkundengeschäft haben den Gewinn der Commerzbank im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Unter dem Strich stand 2022 ein Gewinn von 1,4 Milliarden Euro nach 430 Millionen Euro im Vorjahr. Das operative Ergebnis lag bei 2,1 Milliarden Euro nach 1,18 Milliarden Euro im Jahr zuvor.
Die Lufthansa verringert wegen anhaltenden Personalmangels ihr Flugangebot im Sommer deutlich. Die Kernmarke Lufthansa streiche rund 34.000 Flüge oder zehn Prozent des Angebots an den Drehkreuzen Frankfurt und München, berichtete die "Wirtschaftswoche" am Donnerstag. Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte, dass der Flugplan wegen noch nicht überwundenen Personalmangels im Luftverkehr in Europa ausgedünnt wird. Dadurch solle der Flugbetrieb insgesamt stabilisiert werden. Zum Volumen der Streichungen wollte er sich nicht äußern.
Der schwedische Batteriezellen-Hersteller Northvolt macht sich Insidern zufolge bereit für einen milliardenschweren Börsengang in den nächsten zwölf Monaten. Das Start-up-Unternehmen, an dem auch Volkswagen, BMW und Siemens beteiligt sind, stehe kurz davor, Investmentbanken auszuwählen, die die Emission vorbereiten sollten, sagten mehrere mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Bei der jüngsten Finanzierungsrunde 2021 hatten Investoren Northvolt mit zwölf Milliarden Dollar bewertet. Insgesamt hat das Unternehmen bisher acht Milliarden Dollar in Form von Eigen- und Fremdkapital bei Kapitalgebern wie Baillie Gifford und Folksam eingesammelt. Größter Anteilseigner ist Volkswagen.
Als Favoriten gelten dabei die US-Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley. Beim Börsengang könnte Northvolt mit mehr als 20 Milliarden Dollar bewertet werden, sagten die Insider. Ob er in New York oder in Europa stattfinden werde, sei offen. Northvolt selbst äußerte sich zurückhaltend: "Wir werden künftig mehr Kapital brauchen. Von daher ist es nur natürlich, dass wir auf einen Börsengang vorbereitet sind", sagte ein Sprecher. "Aber im gegenwärtigen Marktumfeld ist das nicht relevant."
Der Autobauer Renault hat im vergangenen Jahr einen hohen Verlust bei steigendem Umsatz verbucht. Der Rückzug aus Russland sorgte unter dem Strich für einen Nettoverlust 2022 in Höhe von 700 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte Renault fast eine Milliarde Euro Gewinn gemacht. Dennoch will der Autobauer mit 0,25 Euro je Aktie wieder eine Dividende zahlen. Der Umsatz stieg vor allem dank höherer Verkaufspreise um 11,4 Prozent auf fast 46,4 Milliarden Euro.
Der Ticketverkäufer CTS Eventim hat sich 2022 dank wieder anziehender Geschäfte mit Liveveranstaltungen deutlich besser entwickelt als erwartet. Der Konzernumsatz stieg von 408 Millionen Euro im von der Corona-Pandemie belasteten Vorjahr auf nun gut 1,9 Milliarden Euro. Bereinigt um Sondereffekte sowie vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) blieben davon 384 Millionen Euro als operatives Ergebnis übrig und somit rund 84 Prozent mehr als noch 2021.
Der Autobauer Tesla wird bei mehr als 360 000 Wagen mit der Testversion seiner fortgeschrittenen Fahrassistenz-Software in den USA ein Online-Update durchführen, weil die Behörden eine erhöhte Unfall-Gefahr sehen. Der Elektroauto-Hersteller gab die offiziell als Rückrufaktion geführte Aktualisierung heute bei der Verkehrssicherheits-Behörde NHTSA bekannt. Die NHTSA untersuchte die Test-Version nach mehreren Zwischenfällen und Beschwerden.
Der Rückruf-Notiz zufolge wurde Tesla Ende Januar von der NHTSA zu einer formellen Rückruf-Aktion aufgefordert. Insgesamt seien 362.758 Fahrzeuge der Baujahre 2016 bis 2023 betroffen, auf denen die FSD-Software ("Full Self-Driving" (komplett selbstfahrend)) genutzt wird oder ihre Installation ansteht.
Cisco-Aktien legten an der Nasdaq gegen den Trend 5,24 Prozent zu. Der US-Netzwerkausrüster hat im abgelaufenen Jahresviertel den Umsatz um sieben Prozent auf 13,6 Milliarden US-Dollar gesteigert. Der Gewinn sank hingegen unter dem Strich um sieben Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar.
Cisco stellt vor allem sogenannte Router und Switches für Internet- und Datenverkehr her. Das Unternehmen profitiert von einem Rückstau an Investitionen, die viele Kunden während der Corona-Pandemie zurückgehalten hatten.
Der Nahrungsmittelriese Nestlé will die Preise im laufenden Jahr weiter anheben. Damit wirke der Schweizer Konzern der Verteuerung der Rohstoffe entgegen, sagte Konzernchef Mark Schneider. "Es sind weitere Preiserhöhungen erforderlich", erklärte Schneider. "Wir müssen weiter nachbessern." Bei den Einkaufspreisen für Kaffee oder Milchprodukte habe der Inflationsdruck zwar nachgelassen. Aber der Lebensmittelkonzern befinde sich immer noch im "Aufholmodus", sagte Schneider. Er wollte keine Prognose machen, um wieviel die Preise 2023 angehoben würden. 2022 beliefen sich die Preiserhöhungen auf 8,2 Prozent.