Leichte Gewinne Wall Street ohne Schwung
Bei lustlosem Handel pendelten die großen US-Aktienindizes leicht höher um ihre Schlusskurse. Auch ein robuster Arbeitsmarkt gab keine Impulse - beflügelte allerdings Zinsspekulationen.
An der Wall Street bot sich heute ein ähnliches Bild wie in Europa. Nach den Verlusten des Vortages legten die großen Indizes zur Eröffnung leicht zu, um danach in Richtung ihrer Schlusskurse zurückzufallen. Am Ende legten die Märkte dann zwar noch etwas zu, insgesamt tendierten die US-Aktienmärkte aber heute richtungslos bei überschaubaren Schwankungen.
Der Leitindex Dow Jones hielt sich dabei am besten und schloss bei 34.818 Punkten um 0,4 Prozent höher. Die Marke von 35.000 Punkten konnte er allerdings heute nicht zurückerobern. Die anderen Indizes gingen moderat höher aus dem Handel, wobei erst im späten Handel noch etwas Interesse aufkam.
Der marktbreite S&P-500-Index schloss bei 4545 Punkten um 0,34 Prozent höher. Auch an der sonst volatileren Technologiebörse Nasdaq übten sich die Anleger in Zurückhaltung. Der Composite-Index beendete den Handel bei 14.261 Zählern um 0,29 Prozent höher, der Auswahlindex Nasdaq 100 endete 0,15 Prozent höher bei 14.861 Zählern.
Die mit Spannung erwarteten Arbeitsmarktdaten aus dem März, traditionell ein wichtiger Höhepunkt für die Finanzmärkte, bewegten den Markt damit kaum. Was aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass die soliden Daten Zinsängste schürten.
Die Daten zeigten, dass der Arbeitsmarkt immer noch sehr stark sei, was unterschwellig wiederum die Stärke der Wirtschaft demonstriere, sagte Paul Nolte, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Kingsview Investment Management. "Die Fed sollte sich zu diesem Zeitpunkt wohlfühlen, die Zinssätze zumindest anfangs zu erhöhen, ohne befürchten zu müssen, dass sie die Wirtschaft in eine Rezession stürzen wird."
Der US-Jobmotor läuft trotz Zinswende und Ukraine-Krieg rund. Im März entstanden 431.000 neue Jobs, wie die Regierung am Nachmittag in Washington mitteilte, etwas weniger als erwartet. Volkswirte hatten mit 490.000 gerechnet. Doch wurde der Stellenaufbau im Februar auf 750.000 und damit deutlich nach oben korrigiert. Zunächst war nur von 678.000 die Rede gewesen. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote fiel im März auf 3,6 Prozent von 3,8 im Februar. Damit dürfte annähernd Vollbeschäftigung erreicht sein, das Vor-Corona-Niveau lag bei 3,5 Prozent.
Die überraschend deutliche Erholung auf dem US-Arbeitsmarkt hält der Notenbank Federal Reserve (Fed) den Rücken frei, das Zinsniveau weiter sukzessive anzuheben, ohne die Wirtschaft dabei abzuwürgen. Trotzdem ist die Lage nicht ungefährlich.
"Der Mix aus hoher Inflation und steigenden Löhnen sorgt bei der Fed für Nervosität", meint Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank. Die Fed werde bei ihrer nächsten Sitzung im Mai deshalb den Leitzins aller Voraussicht nach um einen halben Prozentpunkt erhöhen.
Im März wurde bereits der Anfang gemacht, weitere Schritte werden in Anbetracht der hohen Inflationsraten fest erwartet. Die nächste Zinssitzung der Bank ist am 4. Mai. Zuletzt verstärkten sich die Befürchtungen, die Fed würde einen "großen" Zinsschritt mit 50 Basispunkten gehen.
Der DAX hat zum Wochenschluss zwar etwas Boden gut gemacht, für stärkere Kursgewinne fehlt derzeit aber die Fantasie. Ein trotz russischer Rückzugsankündigungen weiter unvermindert erbittert tobender Krieg in der Ukraine sowie Zins- und Inflationsängste lasten unverändert auf der Börse. Ein Ende dieser "Großwetterlage" ist nicht zu erkennen.
Der deutsche Leitindex schloss um 0,22 Prozent etwas höher bei 14.446 Punkten. Am Vortag hatte der Index noch 1,3 Prozent nachgegeben und damit im ersten Quartal einen Verlust von 9,3 Prozent erlitten. Hauptgrund war der russische Überfall auf die Ukraine, der am 24. Februar begann.
Immerhin war die Handelsbandbreite heute geringer als zuletzt, was eine gewisse Entspannung bei den Anlegern signalisiert. Das Tagestief lag bei 14.403, das Hoch bei 14.502 Punkten.
Der Krieg in der Ukraine hat Ökonomen zufolge jedoch die konjunkturellen Aussichten weltweit zu Beginn des zweiten Quartals deutlich eingetrübt. "Von der Hoffnung auf einen nachhaltigen Post-Corona-Aufschwung bleibt immer weniger übrig", schrieben die Analysten der Helaba.
Zudem kommen die Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien nicht vom Fleck, was immer wieder für Ernüchterung an der Börse sorgt. "Geopolitische Bedenken belasten weiterhin die Stimmung der Anleger", schrieben die Experten der Credit Suisse. Bei den Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland mangele es an nennenswerten Fortschritten.
Einen kleinen Lichtblick habe der Rückgang des Ölpreises geliefert, der sich auf Wochensicht bisher um rund neun Prozent verbilligt. Zuletzt hatten die USA ihre strategische Ölreserve angezapft, was für Entlastung sorgt.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat sich angesichts der hohen Rohölpreise grundsätzlich zur Freigabe weiterer Öl-Reserven bereiterklärt. Eine Einigung über das Volumen und den genauen Zeitpunkt könne innerhalb einer Woche erzielt werden, teilt das japanische Industrie-Ministerium heute mit. Zuvor waren die IEA-Mitgliedsstaaten zu einer Notfall-Sitzung in Tokio zusammengekommen. Sie hatten sich bereits am 1. März bereit erklärt, etwa 60 Millionen Barrel freizugeben. "Die akute Angebotsknappheit am Ölmarkt ist dadurch gelindert", meinte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.
Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete rund 104 Dollar, gut 3,4 Prozent weniger als gestern. Dennoch sorgt das Thema hohe Energiepreise und die dadurch angeheizte Inflation weiterhin für Nervosität.
Die Zinsängste der Anleger haben zum Wochenschluss zudem neues Futter erhalten. In der Eurozone hat sich der Höhenflug der Verbraucherpreise fortgesetzt und die Inflationsrate im März auf ein Rekordhoch von 7,5 Prozent getrieben. Analysten wurden von der Stärke des Preissprungs überrascht. Sie hatten im Schnitt nur einen Anstieg der Inflationsrate auf 6,7 Prozent erwartet.
Die neuen Daten dürften den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhen, endlich das Zepter des Handelns an sich zu reißen und sich mit Zinserhöhungen den rasanten Steigerungen der Verbraucherpreise entgegenzustemmen. Steigende Zinserwartungen jedoch hemmen die Kauflaune am Aktienmarkt, machen sie doch Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv.
Neben der hohen Inflation bleiben die Folgen des Krieges in der Ukraine der zentrale Faktor für die Märkte. Im Raum steht nach wie vor, das Russland den Gashahn zudreht, was aktuell aber nicht der Fall ist. Eigenen Angaben zufolge liefert das Land bisher planmäßig.
"Die Tage, in denen die deutsche Wirtschaft mit russischem Gas die Wertschöpfungsketten für viele Produkte aufrecht halten kann, könnten gezählt sein", warnte derweil Marktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets. Experten prognostizierten einen negativen Domino-Effekt für die deutsche Wirtschaft, der "nicht mehr aufzuhalten und nur schwer reparabel wäre".
Auch BASF-Chef Manfred Brudermüller warnt für den Fall eines Importstopps oder längerfristigen Ausfalls von Gas- und Öllieferungen aus Russland vor beispiellosen wirtschaftlichen Schäden. "Das könnte die deutsche Volkswirtschaft in ihre schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bringen", sagte Brudermüller der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Auch OMV-Chef Alfred Stern hält einen Verzicht auf russisches Gas ebenfalls für derzeit unmöglich. "Außer, wir sind bereit, mit massiven Konsequenzen zu leben", sagte der Vorstandschef des Wiener Öl- und Gaskonzerns in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "Die Presse".
Für Österreich ist nach Worten des OMV-Chefs ein Verzicht auf russisches Gas in diesem Jahr nicht umsetzbar. "Wir sind in der schwierigen Lage, dass wir nicht einfach aus russischem Gas aussteigen können", sagte Stern. Österreich habe als Binnenland keinen Zugang zu Flüssiggas.
Der Euro kann sich im US-Handel nicht von den Verlusten im europäischen Handel erholen. Die Gemeinschaftswährung wird bei 1,1051 Dollar weiter leicht schwächer und damit in der Nähe des Tagestiefs gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1052 (Donnerstag: 1,1101) Dollar fest.
Gestern hatte der Euro zunächst noch an seinen wochenlangen Aufwärtstrend angeknüpft und bei 1,1185 Dollar den höchsten Wert seit Anfang März erreicht. Dann setzte jedoch eine Gegenbewegung ein, die den Euro wieder unter 1,11 Dollar drückte. Der Euro profitierte zuletzt von Signalen der Entspannung im Ukraine-Krieg und von der Aussicht darauf, dass die EZB noch in diesem Jahr erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie den Leitzins erhöhen könnte. Die jüngsten Inflationsdaten aus der Eurozone verstärkten unter Experten diese Auffassung, auch wenn der Euro kaum darauf reagierte.
Die Deutsche Bank gehört zu den größten DAX-Gewinnern. JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein hat sein Kursziel für die Deutsche Bank auf 15 Euro erhöht und sieht damit etwa 27 Prozent Luft nach oben. Nach Goldman Sachs als "Top Pick" ordnet er die Deutsche Bank in seiner Rangfolge der Banken-Favoriten auf dem zweiten Platz ein. Banken gehören zu den natürlichen Profiteuren steigender Zinsen.
Das Volkswagen-Werk in Bratislava muss für eine Woche seine gesamte Produktion unterbrechen. Grund dafür ist neben dem anhaltenden Chipmangel auf dem Weltmarkt auch der Krieg in der Ukraine, wie Firmensprecherin Lucia Kovarovic Makayova auf Anfrage mitteilte. "Infolge fehlender Bauteile wird die Fahrzeugproduktion in allen Segmenten vom 4. bis zum 8. April eingestellt."
Der Softwarekonzern SAP mit Sitz in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) feiert heute sein 50-jähriges Bestehen. Die Firma wurde von Dietmar Hopp, Hasso Plattner, Klaus Tschira, Hans-Werner Hector und Claus Wellenreuther unter dem Namen "Systemanalyse Programmentwicklung" gegründet. Aus SAP wurde einer der wertvollsten Konzerne Deutschlands und Europas größter Softwarehersteller. 2021 erzielte SAP einen Gewinn nach Steuern von etwa 5,4 Milliarden Euro.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr erwartet höhere Preise für Flugtickets infolge des Krieges in der Ukraine. "Ich gehe davon aus, dass sich Fliegen weiter verteuert", sagte Spohr dem "Spiegel" laut Vorabmeldung vom Freitag. Treibstoff mache 20 bis 30 Prozent der Kosten eines Fluges aus, und der Kerosinpreis habe sich in kurzer Zeit fast verdoppelt, führte Spohr aus.
Zwar habe die Lufthansa zwei Drittel ihres Kerosins für 2022 am Terminmarkt beschafft. "Aber bei dem Kerosin, das wir jetzt für die Zukunft einkaufen, schlägt der gestiegene Ölpreis voll durch." Trotz der höheren Preise erwartet der Lufthansa-Chef keinen Einbruch bei Ticketverkäufen – im Gegenteil: "Wir erleben bei den Buchungen einen Nachfrageschub. Vergangenes Jahr lagen wir noch bei 40 Prozent der Sitzkapazität von 2019, zurzeit sind wir bei über 50 Prozent, und für den Sommer erwarten wir im Schnitt 90 Prozent." Auf bestimmten Routen habe die Airline bereits mehr Buchungen als 2019. Lufthansa-Aktien gaben heute nach, haben sich zuletzt aber im MDAX wieder über die Marke von 7,00 Euro geschoben.
Im MDAX springt die Stratec-Aktie um rund 19 Prozent in die Höhe. Die Finanzinvestoren EQT und KKR haben Kreisen zufolge ein Auge auf den Diagnostik-Spezialisten Stratec geworfen. Auch die Finanzinvestoren CVC Capital Partners und Permira sollen ein Gebot prüfen.
Die US-Automobilhersteller Ford und GM wollen in der kommenden Woche die Produktion in je einem Werk im US-Bundesstaat Michigan wegen eines Teilemangels vorübergehend einstellen. Der Unternehmensleitung von Ford zufolge ist der Mangel an Halbleitern der Grund für die Entscheidung. GM teilte mit, dass die Produktion im Werk Lansing Grand River wegen des Mangels an Teilen eingestellt wird.