Auf Rot stehende Ampel an der Wall Street New York
Marktbericht

DAX hält sich im Plus Wall Street weiter mutlos

Stand: 08.03.2023 22:19 Uhr

Der Zinsgipfel könnte noch weiter weg liegen als bisher gedacht. Diese Aussicht setzte der Wall Street auch zur Wochenmitte zu. Der deutsche Markt hielt sich demgegenüber respektabel.

Wie stark die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Leitzins bei der nächsten Sitzung am 22. März anheben wird, ist nach wie vor unklar. Nach Aussage von Fed-Chef Jerome Powell haben die Währungshüter noch keine Entscheidung dazu getroffen. Aufhorchen ließ aber seine Bemerkung, dass die jüngsten starken Wirtschaftsdaten darauf hindeuteten, dass das Endniveau des Leitzinses wahrscheinlich höher als zuvor erwartet ausfallen werde.

Das belastete die Wall Street auch zur Wochenmitte. Der Dow Jones büßte weitere 0,2 Prozent ein, nachdem er schon am Dienstag 1,7 Prozent verloren hatte.

Die Technologietitel des Nasdaq 100 gingen dagegen mit einem Plus von 0,5 Prozent aus dem Handel.

Vor dem Jahreswechsel hatte die Fed-Führungsetage für Ende 2023 im Mittel noch ein Leitzinsniveau von 5,1 Prozent veranschlagt. Dieses dürfte nun höher ausfallen. Zuletzt hatte die Notenbank den Leitzins um einen Viertel Prozentpunkt auf die Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent erhöht. Powell sei in seinen Reden der letzten beiden Tage äußerst entschieden gewesen, sagte Peter Tuz, Manager beim Vermögensverwalter Chase Investment Counsel. "Er zerstörte die Hoffnungen, dass wir uns dem Zinsgipfel nähern."

Auch der am Abend veröffentlichte Konjunkturbericht der Fed, das so genannte Beige Book, sprach von einem zuletzt moderaten Wachstum der amerikanischen Wirtschaft. Weiteren Aufschluss dürfte der US-Arbeitsmarktbericht für Februar am Freitag bringen. Arbeitsmarktdaten des privaten Anbieters ADP, die einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten bieten, fielen unterdessen robuster als erwartet aus. Der Arbeitsmarkt ist eine wichtige Einflussgröße für die US-Geldpolitik, da hohe Lohnsteigerungen zusätzliches Inflationspotenzial mit sich bringen.

Angesichts der neuen Zinssorgen in den Vereinigten Staaten konnte sich der deutsche Markt heute recht gut halten. Nach einem dürftigen Start schaffte es der DAX gegen Mittag wieder ins Plus und schloss 0,46 Prozent höher. Am Dienstag hatte der deutsche Leitindex zunächst noch ein neues Jahreshoch bei 15.706 Punkten erklommen, bevor er im Gefolge schwacher US-Börsen ins Minus drehte.

An den Finanzmärkten zeichnet sich damit laut den Experten der Credit Suisse erneut eine längere Periode mit höheren Zinsen ab. Die daraus resultierenden negativen Einflüsse für die Aktienmärkte seien zu groß, um ignoriert zu werden, kommentierte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. Denn dadurch stiegen die Finanzierungskosten für Unternehmen weiter an und die Gewinne sänken.

Angesichts der Aussicht auf deutliche Zinsschritte in den USA konnte die europäische Gemeinschaftswährung keinen Boden gut machen. Mit Kursen um 1,0545 Dollar lag der Euro am späten Abend kaum verändert im Markt. Im frühen europäischen Geschäft war er bis auf 1,0525 Dollar gesunken, den tiefsten Stand seit Anfang Januar. Mit Kursen um 1,0550 Dollar liegt der Euro kaum verändert im Markt.

Die Ölpreise stehen nach den deutlichen Kursverlusten von gestern weiter unter Druck. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai bei 82,70 Dollar. Grund sind die neuen Spekulationen über stärkere Zinsanhebungen in den USA. Dass die Ölreserven in den USA überraschend erstmals seit fast drei Monaten gefallen sind, stützte die Notierungen kaum. In der vergangenen Woche gingen die Lagerbestände an Rohöl im Vergleich zur Vorwoche um 1,7 Millionen Barrel auf 478,5 Millionen Barrel zurück. Zuvor waren die Ölreserven seit Mitte Dezember kontinuierlich gestiegen.

Einen schweren Stand hatte im US-Handel die Tesla-Aktie. Der Elektroautobauer ist nach Beschwerden über fehlende Lenkradbefestigungen ins Visier der Verkehrsaufsicht NHTSA geraten. Die US-Behörde leitete nach zwei Berichten über während der Fahrt abgefallene Lenkräder eine Untersuchung ein. Laut NHTSA wurden die Fahrzeuge ohne Befestigungsschrauben ausgeliefert. Die Ermittlung umfasst gut 120.000 Tesla Model Y des Jahrgangs 2023. Die Verkehrsaufsicht könnte im nächsten Schritt einen Rückruf anordnen. Zudem stufte Analyst Adrian Yanoshik von der Privatbank Berenberg Aktie auf "Hold" ab. Die Ausrichtung auf kleinere Elektrofahrzeuge dürfte das Marktpotenzial zwar deutlich ausweiten, benötige aber Zeit, argumentierte er.

Mit einem Zuwachs von über sieben Prozent lag die Aktie von Continental einsam an der DAX-Spitze. Der Autozulieferer hat sein Betriebsergebnis trotz massiver Kostenerhöhungen überraschend gesteigert. Bei einem um fast 17 Prozent auf 39,4 Milliarden Euro gewachsenen Umsatz kletterte das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um gut fünf Prozent auf 2,0 Milliarden Euro. Die Dividende will Continental allerdings um 70 Cent auf 1,50 Euro je Anteilschein senken.

Die Adidas-Aktie legte eine bemerkenswerte Tageserholung aufs Parkett. Nach deutlichen Verlusten drehte der DAX-Titel im Verlauf deutlich ins Plus. Nach einem Gewinneinbruch im vergangenen Jahr bleiben die Aussichten für den Sportartikelhersteller vorerst mau. Der neue Konzernchef Björn Gulden kündigte für 2023 ein "Übergangsjahr" an. Adidas-Anleger müssen sich nach dem Gewinneinbruch im vergangenen Jahr auf eine deutlich geringere Dividende von 0,70 Euro je Aktie einstellen, nach 3,30 Euro im Vorjahr.

Der Duft- und Aromenhersteller Symrise sieht sich vom Verdacht möglicher Preisabsprachen bei Duftstoffen nicht betroffen. "Wir denken heute, wir haben nichts zu verbergen", sagte Vorstandschef Heinz-Jürgen Bertram heute bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Symrise kooperiere vollumfänglich und werde aktuell als Zeuge gehört. Die EU-Kartellbehörde hatte gestern in mehreren Mitgliedsländern Unternehmen und einen Verband der Duftstoffbranche untersucht. Laut der Schweizer Wettbewerbskommission stehen die Schweizer Branchenriesen Firmenich und Givaudan sowie International Flavors & Fragrances aus den USA und Symrise im Zentrum internationaler Ermittlungen.

LEG Immobilien blickt nach einem guten Geschäftsjahr mit einer Mischung aus Optimismus und Vorsicht auf 2023. Die ab diesem Jahr zentrale Ertragskennziffer Affo werde nun bei 125 bis 140 Millionen Euro erwartet, teilte der Immobilienkonzern am Abend mit. Zuvor war LEG von 110 bis 125 Millionen Euro ausgegangen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation soll die Hauptversammlung dennoch der Aussetzung der Dividende zustimmen. Im Vorjahr hatte LEG noch 4,07 Euro pro Aktie ausgeschüttet. Angesichts der von hohen Zinsen und anhaltender Unsicherheit über die Bewertung des Immobilienbestands geprägten Lage solle die so entstehende Liquidität zur Stärkung der Bilanz verwendet werden, hieß es zur Begründung.

Brenntag rechnet für das laufende Jahr mit einem anhaltend schwierigen Geschäftsumfeld. Für das laufende Jahr geht der Chemikalienhändler deshalb im besten Fall von einem operativen Ergebnis auf Vorjahresniveau aus und peilt beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro an. 2022 kletterte der Umsatz um 35 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte bereinigte Ebitda zog um gut ein Drittel auf 1,8 Milliarden Euro an.

Eine der schwächsten Aktien im MDAX war Fuchs Petrolub. Der Schmierstoffhersteller hat im vergangenen Jahr die Kostensteigerungen bei den Rohstoffen zu spüren bekommen. So übertraf das operative Ergebnis (Ebit) mit 365 Millionen Euro den Vorjahreswert nur knapp um zwei Millionen. Der Umsatz stieg um 19 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Wegen der wirtschaftlichen Unwägbarkeiten blieb der Vorstand mit seiner Prognose vorsichtig und kündigte ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Prozentbereich auf 3,6 Milliarden Euro an.

Nach dem Aus im Achtelfinale der Champions League stand die Aktie von Borussia Dortmund stark unter Druck. Das BVB-Papier verlor über acht Prozent und fiel auf den tiefsten Stand seit sieben Wochen. Tags zuvor waren die Anleger noch optimistisch in die Partie gegen Chelsea gegangen, mit den höchsten Kursen seit gut einem Jahr. Nun gab es nicht nur die sportliche Enttäuschung, dem Verein entgehen auch weitere UEFA-Gelder.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 08. März 2023 um 09:00 Uhr.