Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

China-Daten und Schuldenstreit Nervosität an den Märkten

Stand: 31.05.2023 22:29 Uhr

"Wahrscheinlich" ist eben noch nicht "sicher". Da zu Handelsschluss noch keine Klarheit über den US-Schulden-Deal herrschte, erlebten die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks einen nervösen Tag.

Da die Abstimmung zur Aussetzung der Schuldenobergrenze in Washington erst nach Börsenschluss stattfand, blieb die Wall Street verunsichert, konnte sich im Verlauf aber etwas erholen. Der Leitindex Dow Jones ging nach der nervösen Sitzung 0,4 Prozent tiefer aus dem Handel. An der Technologiebörse Nasdaq gerieten die Kurse noch stärker unter Druck. Der Nasdaq 100 büßte 0,7 Prozent ein.

Der am Abend veröffentlichte Konjunkturbericht der Notenbank Federal Reserve (Fed) brachte wenig neue Erkenntnisse. Die Wirtschaftstätigkeit habe sich in den vergangenen Wochen kaum verändert, hieß es im so genannten "Beige Book". Der Ausblick scheine sich allerdings zu verdunkeln. Das wurde als weiteres Anzeichen dafür gewertet, dass die Notenbank bei ihrer nächsten Sitzung im Juni eine Zinspause einlegt. Auch die überraschend deutlich eingetrübte Stimmung der Einkaufsmanager in der Region Chicago spricht für dieses Szenario.

Der DAX war am letzten Maitag noch deutlicher unter Druck geraten. Zum Handelsende gab der deutsche Leitindex 1,5 Prozent nach. Damit schließt er den Monat mit einem Minus von 1,6 Prozent ab. Zeitweise hatte das deutsche Börsenbarometer im Mai neue Jahreshöchststände deutlich über 16.000 Punkten erreicht.

Grund für die trübe Stimmung waren neben dem noch immer nicht ganz durchgestandenen US-Schuldenstreit schwache Konjunkturdaten aus China. Die chinesischen Frühindikatoren für den Mai fielen schlechter als erwartet aus. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) des herstellenden Gewerbes ging schon den zweiten Monat in Folge zurück. Der Index für das Dienstleistungsgewerbe blieb zwar im expansiven Bereich, fiel aber auch.

Indes gab es aus Deutschland erfreuliche Konjunkturdaten. So ist die Zahl der Arbeitslosen im Mai auf 2,544 Millionen zurückgegangen. Das waren 42.000 weniger als im April, aber 284.000 mehr als vor einem Jahr, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilte. Die Quote sank um 0,2 Punkte auf 5,5 Prozent. "Trotz schwacher Konjunktur ist der Arbeitsmarkt insgesamt beständig", sagte der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Daniel Terzenbach.

Die EZB warnte dagegen wegen der jüngsten Bankenturbulenzen, einer hartnäckigen Inflation und schärferer Finanzierungsbedingungen vor erhöhten Risiken für die Stabilität des Finanzsystems im Euroraum. Die Aussichten für die Finanzstabilität in der 20-Länder-Gemeinschaft blieben fragil, teilten die Währungshüter mit. "Preisstabilität ist entscheidend für dauerhafte Finanzstabilität", erklärte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos zur Vorlage des halbjährigen Finanzstabilitätsberichts der Notenbank. "Aber da wir die Geldpolitik straffen, um die hohe Inflation zu senken, kann dies Schwachstellen im Finanzsektor aufdecken."

Update Wirtschaft vom 31.05.2023

Melanie Böff, HR, tagesschau24

Die schwachen China-Daten brockten den asiatischen Aktienmärkten auch im Mai einen Verlustmonat ein. Der 225 Werte umfassende japanische Nikkei-Index schloss 1,4 Prozent tiefer bei 30.888 Punkten. Der chinesische CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Werten der Börsen in Shenzhen und Shanghai büßte um 1,1 Prozent ein.

Die Sorgen wegen einer nachlassende Nachfrage des wichtigsten Ölimporteurs China lasteten erneut auf dem Ölmarkt. Brent-Rohöl-Futures für die Lieferung im August fielen um 0,9 Prozent auf 72,68 Dollar je Barrel.

"Da Chinas Industrieproduktion und Anlageinvestitionen im vergangenen Monat langsamer als erwartet gewachsen sind, sind die Märkte besorgt, dass Chinas Rohstoffnachfrage schneller als erwartet nachlässt", sagte Vivek Dhar, Direktor für Rohstoffforschung bei der Commonwealth Bank of Australia.

Der Euro fiel gegenüber dem Dollar auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Monaten. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung 1,0673 Dollar, nachdem sie in der Nacht zuvor noch bei rund 1,0730 Dollar notiert hatte. Belastend wirkte der nachlassende Preisanstieg in Deutschland und Frankreich und die überraschend hohe Zahl an offenen Stellen in den USA.

Trotz der aktuellen Dollar-Stärke konnte sich der Goldpreis im Verlauf leicht erholen. Am Abend kostete eine Feinunze 1962,70 Dollar.

Papiere der Münchener Rück lagen gegen den Trend gut im Markt. Am Morgen veröffentlichte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) recht positive Daten zu den Unwetterschäden des vergangenen Jahres.

Die ernüchternden Konjunkturvorgaben aus China drückten die Aktien von Unternehmen mit starken Geschäften in der Volksrepublik. Deutsche Konzerne wie Continental, Mercedes Benz, Rational und Knorr Bremse verloren teils über zwei Prozent. China ist der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik.

Der Energieriese E.ON senkt angesichts der stark gefallenen Börsennotierungen seine Preise für Strom und Gas. Der Konzern werde die Arbeitspreise für mehrere Millionen Kunden zum 1. September reduzieren, und zwar um durchschnittlich 18 Prozent in der Grundversorgung Strom und 28 Prozent in der Grundversorgung Gas, kündigte der Versorger heute an.

RWE baut für insgesamt 140 Millionen Euro an seinen Kraftwerkstandorten Grevenbroich-Neurath und Hamm zwei Batteriespeicher im Großformat. Zusammen verfügen die beiden Einheiten über eine Leistung von 220 Megawatt und eine Speicherkapazität von 235 Megawattstunden (MWh), wie der Energiekonzern mitteilte. Sie können ihre Maximalleistung über eine Stunde lang erbringen. "Rechnerisch reicht diese Leistung beispielsweise aus, um rund 4000 Elektroautos aufzuladen", erklärte eine RWE-Sprecherin. Die beiden Einheiten sollen ab dem zweitem Halbjahr 2024 Regelenergie zur Stabilisierung des Stromnetzes bereitstellen. Batteriespeicher speichern Energie, wenn im Netz überschüssiger Strom zur Verfügung steht. RWE betreibt aktuell Batteriespeicher mit einer Leistung von rund 300 Megawatt. Das Unternehmen will weltweit bis 2030 Batteriespeicher mit einer Leistung von insgesamt 3000 Megawatt bauen.

Erneut im Rampenlicht stand auch der Energiekonzern Uniper. Die Titel des weitgehend verstaatlichten Gasimporteurs legten rund 13 Prozent zu. Analysten und Händler verwiesen unter anderem auf eine erhöhte Volatilität der Aktie wegen des geringen Streubesitzes sowie die fallenden Gaspreise, die es Uniper erlaubten, von seinen Termingeschäften zu profitieren.

Volkswagen will sich aus Preiskämpfen in China weitgehend heraushalten. "Wir werden uns an der Rabattschlacht nicht um jeden Preis beteiligen", sagte China-Chef Ralf Brandstätter in einem veröffentlichten internen Interview. Der Autokonzern steht auf seinem wichtigsten Markt unter wachsendem Druck aufstrebender chinesischer Hersteller, die mit Elektroautos erfolgreicher sind als die westliche Konkurrenz. Der Absatz von VW ist in China gesunken - von rund 4,2 Millionen Einheiten vor der Covid-Pandemie auf knapp 3,2 Millionen Fahrzeuge im vergangenen Jahr.

Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen und sein Mehrheitseigner Vonovia bekommen wegen eines Darlehens Druck aus der Anlegerschaft. Der Stimmrechtsberater ISS drängt zusammen mit dem Hedgefonds Elliott auf eine Sonderprüfung eines Kredits von bis zu zwei Milliarden Euro, den die Deutsche Wohnen ihrem Großaktionär gewährt hatte. Dabei soll untersucht werden, ob die Übernahme durch Vonovia ein Grund für die Gewährung des Darlehens war.

Vonovia hatte 2021 die Kontrolle über die Deutsche Wohnen übernommen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Anteilseigner der Deutsche Wohnen der Sonderprüfung zustimmen, denn Vonovia hält fast 90 Prozent der Anteile. Eine Abstimmung ist jedoch Voraussetzung, wenn Elliott eine Sonderprüfung gerichtlich erzwingen will.

Die Hauptversammlung der Commerzbank hat heute die Weichen für einen Wechsel an der Aufsichtsratsspitze gestellt: Der ehemalige Bundesbank-Präsident Jens Weidmann soll neuer Vorsitzender der Kontrollgremiums werden, wie das Geldhaus bereits im November angekündigt hatte. Er wäre der vierte Aufsichtsratschef der Bank innerhalb von drei Jahren. Amtsinhaber Helmut Gottschalk amtiert erst seit April 2021 und hat sich aus Altersgründen entschieden, nicht erneut zu kandidieren.

Bei seiner ersten Reise in die Volksrepublik seit drei Jahren ist Tesla-Chef Elon Musk von den Chinesen wie ein Star gefeiert worden. "Er ist ein Idol", jubelte ein Nutzer in den Sozialen Medien. "Wenn es in China nur jemanden wie Elon Musk gäbe." Andere wünschen sich den exzentrischen Milliardär gar als US-Präsidenten. Der gebürtige Südafrikaner ist zu einem Arbeitsbesuch in der Volksrepublik, wo er unter anderem den chinesischen Außen- und Handelsminister wie auch den Chef der Batterieherstellers CATL treffen soll.

Der größte Baukonzern Österreichs hat zum Jahresstart der schwächeren Baukonjunktur getrotzt und erstmals die 24-Milliarden-Euro-Marke beim Auftragsbestand überschritten. Von Januar bis März stieg der Orderbestand von Strabag um drei Prozent auf 24,5 Milliarden Euro. Das entspreche dem 1,4-Fachen der Jahresleistung. Die Bauleistung kletterte um zehn Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Angesichts gestiegener Hypothekenzinsen habe sich vermehrt eine Verschiebung von privaten hin zu öffentlichen Aufträgen bemerkbar gemacht, erklärte der Konzern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 31. Mai 2023 um 09:00 Uhr.