Einigkeit über Maßnahmen gegen Finanzkrise Europäer wollen die Finanzmärkte zähmen
Lückenlose Aufsicht über und strenge Kontrolle der globalen Finanzmärkte - so haben die wichtigsten europäischen Wirtschaftsmächte ihr Ziel für den G20-Gipfel in London formuliert. Man wolle nichts weniger erreichen als eine Neugründung des Systems, so Frankreichs Präsident Sarkozy.
Die globale Finanzkrise fordert von den Volkswirtschaften gewaltige finanzielle Anstrengungen. Sie ist nicht zuletzt mitverschuldet vom ungebremsten Renditestreben einiger Banken und Unternehmen und den hochriskanten Geschäften einiger Manager. Damit allerdings soll nun bald Schluss sein.
Auf einem Vorbereitungstreffen in Berlin verständigten sich die wirtschaftlich bedeutendsten EU-Staaten - Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, die Niederlande - und die tschechische EU-Ratspräsidentschaft beim anstehenden G20-Gipfel im April in London mit einer Stimme zu sprechen und konkrete Schritte zur strengen Kontrolle der Finanzmärkte einzufordern. Alle beteiligten Staaten stimmten darin überein, dass "kein Finanzmarkt, kein Finanzmarktprodukt, kein Finanzmarktakteur" künftig ohne Regulierung oder Aufsicht sein dürfe.
Nur mit einem breiten Instrumentarium an Kontrollmechanismen sei es möglich, das Vertrauen in die Märkte wieder herzustellen, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Und nur wenn die Menschen spürten, dass die Politik die notwendigen Lehren aus der Krise gezogen habe, sei es möglich, ihnen die gewaltigen anstehenden Belastungen zuzumuten. "Europa bekennt sich zu seiner Verantwortung in der Welt", sagte Merkel. Der Gipfel in London müsse daher zu einem Erfolg werden. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy assistierte: "Dies ist die letzte Chance", sagte er. Man wolle in London nichts weniger als eine Neugründung des Systems erreichen.
Aus für Steueroasen, mehr Kontrolle für Hedge-Fonds
Im Detail wollen die größten Wirtschaftsmächte Europas Steueroasen austrocknen - bis zum London-Gipfel soll eine Liste der Staaten aufgestellt werden, die nicht kooperieren. Die stärkere Kontrolle soll nach Merkels Worten auch für die hochspekulativen Hedge-Fonds und Rating-Agenturen, die Kreditrisiken bewerten, gelten. Deutschland dringt seit Jahren auf eine Regulierung der Fonds. Bislang hatten sich Großbritannien und die USA aber gesträubt, da viele Fondsmanager in den Finanzzentren London und New York arbeiten und dort Steuern zahlen. Schließlich wollen die europäischen Staatschefs ein Frühwarnsystem für Finanzkrisen aufbauen und Bonuszahlungen für Manager zu beschränken. Damit würden zumindest des 47-Punkte-Plans umgesetzt, den der erste Weltfinanzgipfel im vergangenen November beschlossen hatte.
Die "Gruppe der 20" (kurz: G20) wurde 1999 ins Leben gerufen, um die Kooperation in Fragen des internationalen Finanzsystems zu verbessern. Ihr gehören alle Mitglieder der Gruppe der acht wichtigsten Industriestaaten (G8) an: USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Russland und Kanada.
Dazu kommen die G5 der wichtigsten Schwellenländer, also China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika; außerdem Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union. Die G20 repräsentiert somit zwei Drittel der Weltbevölkerung, fast 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft und rund 80 Prozent des Welthandels.
Die Finanzminister und Zentralbankchefs der G20 treffen sich seit 1999 jährlich. Der erste G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs fand aber erst im November 2008 in Washington statt. Dabei wurden die Weichen für die größte Weltfinanzreform seit mehr als 60 Jahren gestellt. Neben den eigentlichen Mitgliedern nahmen auch Spanien und die Niederlande als fünft- und sechstgrößte Wirtschaftsmächte Europas teil.