Gas-Frühwarnstufe ausgerufen "Extreme wirtschaftliche Folgen" befürchtet
Mit der Aktivierung der ersten Stufe des Notfallplans Gas trifft die Bundesregierung Vorbereitungen für den Fall, dass Russland kein Gas mehr liefert. Unternehmen und Verbände reagieren besorgt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Der Schritt erfolgt vorsorglich für den Fall, dass der Kreml seine Drohung wahr macht und kein Gas mehr liefert. Energieversorger, Unternehmen aus betroffenen Branchen sowie Wirtschaftsverbände begrüßen den Schritt, äußern sich aber auch besorgt und warnen vor einem Ausbleiben russischen Gases.
Von Deutschlands größtem Importeur von russischem Erdgas, Uniper, heißt es in einer ersten Reaktion: "Es ist sinnvoll, die Frühwarnstufe in der jetzigen Situation auszurufen, um auf eine Eskalation vorbereitet zu sein, die niemand derzeit ausschließen kann". Die Bundesregierung habe zusammen mit allen beteiligten Akteuren wichtige Vorbereitungen für diesen Fall getroffen. "Aktuell besteht kein Engpass bei der Gasversorgung", betonte Uniper.
Ähnlich äußerte sich der Konkurrent e.on. "Wir unterstützen die Entscheidung", sagte ein Unternehmenssprecher. Man müsse sich in der aktuellen Situation "vorausschauend und vorsorglich auf viele denkbare Szenarien vorbereiten". Die Frühwarnstufe erleichtere die Koordinierung aller relevanten Marktakteure mit den verantwortlichen Stellen in Politik und Verwaltung.
"Folgerichtiger Schritt"
Die Gaswirtschaft hat die Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas als "folgerichtigen Schritt" bezeichnet. "Die Forderung Russlands nach einer Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel würde zu einem klaren Bruch der Lieferverträge führen", sagte der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler. "Da sich die Unternehmen der Gaswirtschaft an die geltenden Verträge halten werden, besteht die Gefahr möglicher Liefereinschränkungen oder sogar Lieferausfälle."
"Obwohl aktuell noch keine Mangellage vorliegt, ist es notwendig, dass alle Beteiligten für den Fall einer Lieferunterbrechung einen klaren Fahrplan zu ihren Rechten und Pflichten haben. Das heißt, wir müssen jetzt die Notfallstufe konkret vorbereiten, denn im Fall einer Lieferunterbrechung muss es schnell gehen", betonte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae.
DIHK warnt vor stark steigenden Energiepreisen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat die Ausrufung der Frühwarnstufe als "verantwortungsvoll" bezeichnet, aber auch vor "extremen wirtschaftlichen Folgen" gewarnt. "Bei einem Lieferstopp wären in den Folgemonaten in erster Linie viele Unternehmen von Abschaltungen betroffen", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. Wenn etwa ein Unternehmen keinen Kunststoff produzieren könne, fehlten diese Vorprodukte auch in der Fertigung von Lebensmittelverpackungen oder von Medizinprodukten.
Zudem rechnet Adrian damit, dass neben den Gaspreisen auch die Strompreise explodieren würden. "Damit wären auch Unternehmen betroffen, die kein oder wenig Gas einsetzen - auch deshalb wären die wirtschaftlichen Auswirkungen gravierender als vielfach angenommen."