Glasfaser- und 5G-Ausbau Meckern über das Netz
5G- und Glasfasernetze werden ausgebaut. Deutschland hat aber auch eine Menge nachzuholen. Im europäischen Vergleich ist die Unzufriedenheit der Deutschen mit dem Mobilfunknetz groß, wie eine Studie zeigt.
Meckern über die Telekom - das ist in Deutschland eine Art Volkssport. Wenn jemand im Bekanntenkreis von Problemen mit dem Handyempfang berichtet oder einer Störung im heimischen WLan, dann zucken alle nur mit den Achseln. Telekom-Ärger scheint ein Alltagsphänomen zu sein. Wobei "Telekom" nicht unbedingt den Konzern mit Sitz in Bonn meint, auch die großen Konkurrenten gehören im Sprachgebrauch dazu.
Ob Festnetz oder Mobilfunk - viel Unbehagen
Es müsste so nicht sein. Das zeigt jetzt eine europaweit durchgeführte Studie der Unternehmensberatung BearingPoint. Demnach meckern alle anderen Europäer viel weniger als die Deutschen. Hierzulande sind laut der Studie, für die insgesamt 10.850 Menschen befragt wurden, nur 13 Prozent der Befragten mit ihrem Mobilfunknetz zufrieden.
Der Durchschnitt der anderen befragten Länder Frankreich, Großbritannien, Schweden, Österreich, Schweiz, Irland und Niederlande, liegt hingegen bei 64 Prozent. Beim Festnetz dasselbe Bild: Deutschland kommt auf 14 Prozent Zufriedenheit, der Rest im Schnitt immerhin auf 58 Prozent.
Zufriedener mit 5G und Glasfaser?
Laut Experten sollte das für deutsche Netzanbieter alarmierend sein, auch die Bundesnetzagentur könne hier mal genau hinschauen. Vor allem, da die Macher der Studie einen Zusammenhang herstellen zwischen der Verbreitung moderner Technologien und der Kundenzufriedenheit. "Unsere Studie zeigt eindeutig: Kunden mit 5G und Glasfaserzugang sind die zufriedeneren Kunden", sagt Julius Hafer, Partner bei BearingPoint.
Ist die Unzufriedenheit also so groß, weil Deutschland in Sachen 5G im Mobilfunk und Glasfaser zu Hause so sehr hinterherhinkt? Die Bundesnetzagentur schreibt in ihrem Jahresbericht von Milliardeninvestitionen ins Netz. 13,1 Milliarden Euro haben die Unternehmen demnach 2022 in den Telekommunikationsmarkt gesteckt. "Die Investitionstätigkeit hat sich im Bereich des Festnetzes auf den Glasfaserausbau konzentriert. Der Fokus im Mobilfunk lag auf dem Ausbau der 5G-Netze", heißt es im Bericht.
Investitionen kamen spät
Tatsächlich liegt Deutschland aktuell vorn in Europa, wenn es um Investitionssummen und Steigerungsraten geht. Was fortschrittlich klingt, ist auch ein Beleg dafür, dass sehr spät mit den Investitionen begonnen wurde. Im gleichen Bericht der Bundesnetzagentur steht nämlich auch, dass es derzeit rund 3,4 Millionen aktive Glasfaseranschlüsse gibt.
Eine weitere Studie zum Glasfaserausbau zeigt, was diese Zahl im weltweiten Vergleich bedeutet und wie weit Deutschland bei diesem Thema mittlerweile abgehängt ist. Nach Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), ebenfalls von 2022, kommt Deutschland auf einen Anteil an Glasfaseranschlüssen von 8,11 Prozent.
Italien erreicht über 16 Prozent, die Schweiz 26, Schweden liegt bei fast 80 Prozent und Spanien bei über 81. Vom weltweiten Durchschnitt, 35,88 Prozent, ist Deutschland weit entfernt.
"Gut, aber noch nicht gut genug"
Ein Grund für die geringe Verbreitung von Glasfaseranschlüssen sei auch die Verwendung von Techniken wie dem sogenannten VDSL-Vectoring, so die Bundesnetzagentur. Mit dieser Technik werden alte Kupferleitungen zu Höchstleistungen getrieben. In anderen europäischen Ländern wurden diese längst ausgetauscht und mit Glasfaser ersetzt, auch weil es politische Regelungen dazu gibt.
Die Telekom, die voll auf das Vectoring setzte, erkennt die Grundthese der Studie an: "Je höher die Bandbreite desto höher ist auch die Zufriedenheit." Jedoch verweist das Unternehmen auf andere Erhebungen zur Kundenzufriedenheit, die zu anderen Ergebnissen kommen. Dennoch habe "der Glasfaserausbau der Telekom enorm Fahrt aufgenommen". Im laufenden Jahr wolle man drei Millionen neuen Haushalten einen Anschluss anbieten. Ähnlich äußerte sich Vodafone: "Die Netze in Deutschland sind schon gut, aber noch nicht gut genug."
Telefonieren im Zug ab 2026?
In Sachen 5G sieht der größte Telekom-Konkurrent Deutschland sogar vorne: "Im Mobilfunk nimmt Deutschland sogar eine weltweite Vorreiterrolle bei der Breitbandtechnologie 5G ein. Keine andere Technologie wurde hier jemals so schnell ausgerollt." Allerdings erkennt auch das Unternehmen an, dass aufgrund der weiter steigenden Nachfrage nach Daten um mehr als 30 Prozent jährlich "Investitionen in den weiteren Netzausbau" folgen müssen. Nötig seien dafür bessere politische Rahmenbedingungen.
Die Telekom verweist auf Kooperationsvereinbarungen mit der Deutschen Bahn und der Autobahn GmbH. Entlang der Straßen und Bahntrassen sollen bis 2026 alle Funklöcher geschlossen werden, "damit unterbrechungsfrei telefoniert und gesurft werden kann".
Ausbau sorgt für Frustration
Die Macher der Studie sehen als Ursache für das desaströse Abschneiden bei der Kundenzufriedenheit einen weiteren Grund: mangelhafte Kommunikation. "Die Verbesserung der Netzqualität und damit Investitionen in die Netzinfrastruktur muss Priorität für die Betreiber haben, genau wie eine bessere Kommunikation dieser Vorteile", so Julius Hafer.
Der Ausbau von 5G und Glasfaser sorgt vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung für Frustration. Nicht unbedingt der eigene Zugang zum Internet, die Geschwindigkeit oder die Stabilität des Mobilfunknetzes sind es, die die deutsche Unzufriedenheit maßgeblich erklären - sondern auch das Wissen darüber, dass andere Länder für die Zukunft längst besser aufgestellt sind.