Schneller Datentransfer Perfekt vernetzt - doch wer zahlt?
Riesige Investitionen sind nötig, damit Datenverbindungen noch viel schneller und zuverlässiger werden. Gebraucht wird das etwa fürs autonome Fahren. Aber wer soll die Kosten übernehmen?
Von Christian Sachsinger, ARD-Studio Madrid
Das Ansinnen ist nicht neu: Netzbetreiber wie Deutsche Telekom, Vodafone oder Telefonica Deutschland haben auch in der Vergangenheit immer schon gerne Geld verlangt, wenn Inhalteanbieter ihre Datenleitungen im großen Stil nutzen. Bislang ließ sich dafür in Europa aber keine politische Mehrheit finden, um etwa Netflix, Google oder Facebook zur Kasse zu bitten.
Nun hat der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton die Debatte neu angestoßen. Breton, der selbst Chef des französischen Konzerns France Telecom war, führt Gespräche in alle Richtungen und völlig ergebnisoffen, wie er betont. Wichtig sei ihm, dass beim Ausbau der Datennetze in Europa was vorangeht, so Breton im Gespräch auf dem Mobile World Congress in Barcelona: "Die Netze geben den Ausschlag. Wir haben das bei der EU-Kommission recht gut verstanden. Alle EU-Bürger sollen bis 2030 perfekt vernetzt sein, inbegriffen die Ukraine, und dafür strengen wir uns wirklich an."
"Wir haben keine Zeit zu verlieren"
2030 ist jenes Jahr, über das auf dem Mobile World Congress viel gesprochen wird - weil dann das neue noch schnellere 6G-Mobilfunknetz starten soll. An den Ausbaukosten könnten nun also die Inhalteanbieter, die oft aus den USA kommen, beteiligt werden. "Fair Share" nennt sich das.
Ist dieses vorgeblich gerechte Teilen dabei als eine Art "Europe first" zu verstehen? Der Kommissar weicht aus, widerspricht aber auch nicht: "Ich versuche die Diskussion über 'Fair Share' in Gang zu bringen. Und zwar auf eine positive Art und Weise, indem wir nach vorne schauen. Wir haben jetzt eben das digitale Jahrzehnt. Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Kritiker sehen Netzneutralität gefährdert
Kritik an "Fair Share" gibt es dabei zu Hauf. Nicht nur die US-Konzerne, die es treffen würde, wehren sich; auch innerhalb der EU regt sich Widerstand, etwa aus den Niederlanden. Die dortige Wirtschaftsministerin Micky Adriaansens gab in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters zu bedenken, dass die Gebühren am Ende bei den Kundinnen und Kunden landen würden. Netflix oder Amazon Prime beispielsweise könnten sich die zusätzlichen Kosten ganz einfach über höhere Abo-Preise zurückholen.
Zu den Gegnern von "Fair Share" gehört auch Thomas Lohninger, Geschäftsführer der Wiener Bürgerrechtsorganisation Epicenter Works. Er sieht vor allem eine Gefahr für die Netzneutralität, also für einen gleichberechtigten Internetzugang für alle. Die Befürchtung: Wer für Datenvolumen bezahlt, wird auch bevorzugt behandelt, der Rest muss warten, wenn die Netze stark ausgelastet sind.
Telekom-Konzerne schütten hohe Dividenden aus
Außerdem glaubt Lohninger nicht, dass die Telekomnetzbetreiber zu wenig Geld haben, um die Netze zügig auszubauen. Er beruft sich auf die Regulierungsbehörden, "die alle sagen, eigentlich ist Geld nicht der Flaschenhals, sondern viel öfter sind das Tiefbaukapazitäten und lange Genehmigungsverfahren". Das bremse den Ausbau.
Deshalb würde womöglich kein einziges Glasfaserkabel mehr verlegt und kein neuer Handymast aufgestellt, nur weil die Netzbetreiber zusätzlich abkassieren dürfen. Dass womöglich auch so genügend Geld für einen Netzausbau vorhanden sein könnte, darauf deuten auch die Bilanzen etwa von Telefonica Deutschland und Deutsche Telekom hin. Beide haben im letzten Jahr Umsatz und Gewinn gesteigert und schütten unveränderte Dividenden an ihre Aktionäre aus. Gleichzeitig laufen die Arbeiten für das 5G-Netz auf vollen Touren.