Landesweiter Streik in Griechenland "Werden den Kampf fortsetzen"
In Griechenland haben etwa 100.000 Menschen gegen weitere Sparmaßnahmen demonstriert. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Die Polizei nahm 100 Randalierer vorübergehend fest. Durch erneute Kürzungen von Löhnen und Renten will die griechische Regierung rund 12 Milliarden Euro einsparen.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Es waren die größten Demonstrationen seit Monaten in Griechenland. Allein in Athen gingen 100.000 Menschen auf die Straße, die Polizei spricht von 50.000 Teilnehmern. Sie alle wehren sich gegen den Plan der Regierung, Löhne und Renten in Griechenland noch einmal zu kürzen - und dann auch noch neue Steuern einzuführen.
"Das nehmen wir nicht hin", sagt Gewerkschaftschef Kostas Tsikrikas und kündigt eine Protestwelle für den Herbst an. "Die Gewerkschaften werden ihren Kampf gegen diese unfairen Sparmaßnahmen fortsetzen. Wir werden diese neoliberale Politik stoppen, die den gesamten öffentlichen Dienst zerstört."
Der landesweite Streik soll noch bis in die Nacht dauern. Züge und Fähren fahren nicht, Schulen, Behörden und fast alle Banken waren den gesamten Tag geschlossen. Auch etliche Flüge fielen aus. Proteste gegen die Sparpolitik gab es auch in anderen Städten Griechenlands.
100 Randalierer in Athen vorübergehend festgenommen
In Athen gab es am Rande der Demonstration Ausschreitungen. Vermummte Jugendliche warfen Brandsätze auf Polizisten, einige Beamte wurden verletzt. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm rund 100 Randalierer vorübergehend fest. Finanzminister Yannis Stournaras zeigt sich von allen Protesten unbeeindruckt. Er drückt aufs Tempo und will das Sparpaket noch in dieser Woche durchsetzen.
Mit Ministerpräsident Antonis Samaras hat er sich angeblich schon auf alle Details geeinigt. Fast zwölf Milliarden Euro sollen aus dem Haushalt herausgekürzt werden. Allerdings müssen die Regierungsparteien noch zustimmen, vor allem die beiden kleinen Koalitionspartner Pasok und Demokratische Linke sperren sich gegen Lohnkürzungen und neue Steuern. Zudem muss auch noch die Troika von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds das Sparpaket absegnen. Erst dann wird Griechenland neue Hilfskredite bekommen.
Auch die Akropolis blieb geschlossen
Von den Streiks waren auch Touristen betroffen, nicht nur, weil Flüge ausfielen und die Fähren zu den Inseln nicht ablegten. Auch etliche Museen waren dicht, ebenso die Akropolis, die größte Sehenswürdigkeit Athens. Eine Touristin aus Südafrika stand kopfschüttelnd vor dem verschlossenen Tor: "In dieser Situation ist es nicht gerade klug, die Akropolis zu sperren", meint sie: "Die griechische Wirtschaft braucht doch die Touristen. Die Museen müssen offen sein. Deshalb sind wir doch hier."
Doch die Museumswärter entgegnen: "Wie sollten wir uns sonst dagegen wehren, dass man uns den Lohn immer weiter kürzt. Wir können einfach nicht mehr." Sollte die Regierung wirklich bald das Sparpaket beschließen, werden die Gewerkschaften zu neuen Streiks und Protesten aufrufen. Auch das Personal in den Museen will dann wieder mitstreiken.