Renten runter, Mehrwertsteuer rauf? Finale im griechischen Schuldenstreit
Nun wird es ernst. Denn wenn die EU und Griechenland am Freitag ihre Gespräche fortsetzen, könnte es ans Eingemachte gehen - eine Kürzung der Renten und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Kommissionschef Juncker schwant: "Ich werde nicht viel schlafen."
Der griechische Schuldenstreit steuert auf sein Finale zu. Nach Informationen der Nachrichtenagentur "Reuters" und des "Wall Street Journal" fordern die Gläubiger von der Athener Regierung Einschnitte im Rentensystem und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Zudem soll es inzwischen eine konkrete Liste mit zahlreichen Privatisierungsvorschlägen geben.
Ob die Griechen sich auf solche Forderungen einlassen, ist völlig offen. Zwar zeigte sich Premier Alexis Tsipras in der Nacht zu Donnerstag nach einem mehrstündigen Spitzentreffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zuversichtlich, zu einer Einigung zu gelangen. Aus seiner eigenen Syriza-Partei schlägt ihm allerdings heftiger Widerstand entgegen. "Weiter so mit der Sparpolitik? - Nein danke!", titelte die Parteizeitung "Avgi". Der Syriza-Funktionär Alexis Mitropoulos sprach gar von "mörderischen" Vorschlägen, die Juncker unterbreitet habe.
Immerhin, der Bruch scheint erst mal abgewendet
Immerhin - den völligen Bruch scheinen Tsipras und Juncker erst einmal abgewendet zu haben. So versicherte Tsipras ("Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden weiter zahlen"), dass seine Regierung die an diesem Freitag fällige 300-Milllionen-Euro-Rate an den Internationalen Währungsfonds überweisen werde. Quasi im Gegenzug lockerten die internationalen Geldgeber offenbar ihre Sparauflagen.
Durch die gegenseitigen Zugeständnisse könnten sich die Beteiligten ein paar Tage Zeit erkaufen, um doch noch zu einer Lösung im seit Monaten schwelenden Schuldenstreit zu kommen - denn die nächste Tilgungsrate an den IWF wird erst am 12. Juni fällig. Im Falle einer Einigung wollen die EU, die EZB und der IWF den Griechen die noch ausstehenden 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket überweisen. Die drohende Staatspleite wäre damit vorerst abgewendet.
Schon an diesem Freitag soll es weitergehen
Bei einem Auftritt vor Journalisten in Brüssel betonte Juncker, dass die Zeit drängt. Angesprochen auf sein nächtliches Treffen mit Tsipras meinte er, seine "griechischen Freunde" hätten ihn von einem normalen Schlaf abgehalten: "Das wird in den nächsten Tagen so weitergehen, denke ich." Aus Kreisen der Eurozone hieß es, Spitzenvertreter der EU-Institutionen und Griechenlands könnten schon an diesem Freitag zu einem weiteren Krisentreffen zusammenkommen.
Ebenfalls an diesem Freitag will Tsipras das griechische Parlament über den Stand der Verhandlungen informieren. Die Volksvertreter kämen um 17.00 Uhr zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, verlautete aus Regierungskreisen in Athen. Eine Abstimmung über die Pläne sei aber nicht vorgesehen.
Rentenkürzungen in Milliardenhöhe?
Wie die Forderungen der Gläubiger im Detail aussehen - dazu existieren bislang nur unbestätigte Medienberichte. So schreibt Reuters unter Berufung auf Insider, es gehe um Rentenkürzungen in Höhe von einem Prozent des griechischen BIP und weitere 800 Millionen Euro durch Einschnitte bei Renten für Geringverdiener. Eine Bestätigung für diese Zahlen gibt es aber nicht, ebenso wenig wie für Informationen, dass die Mehrwertsteuer im Volumen von einem Prozent des BIP angehoben werden solle.
Auf der Privatisierungsliste, die die Geldgeber den Griechen vorgelegt haben sollen, stehen laut "Reuters" die Häfen in Piräus und Thessaloniki sowie Ölkonzerne, Netzbetreiber, und das Telefonunternehmen OTE.