Verhandlungen zwischen Athen und Geldgebern Duell der Reformkonzepte
Griechenlands Premier Tsipras hat seine Reformliste vorgelegt, die Geldgeber ihrerseits haben die Reformansprüche heruntergeschraubt. Reicht das für eine Einigung? Heute berät Tsipras darüber mit EU-Kommissionschef Juncker.
Griechenlands Premier ist optimistisch, dass die von ihm vorgelegte Reformliste auf Zustimmung der Europäischen Union stößt. "Wir haben Zugeständnisse gemacht, die innenpolitisch schwierig sein werden. Aber wir haben einen realistischen Plan für Griechenland vorgelegt, um die Krise zu beenden", sagt Alexis Tsipras.
Ob die drei entscheidenden Griechenland-Kreditgeber nach einer Lektüre der Tsipras-Liste zu derselben Wertschätzung kommen, ist offen. Denn nach dem, was bisher über das neueste Tsipras-Reformkonzept bekannt ist, klammert der griechische Premier eine umfassende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und eine tiefgreifende Reform des kostspieligen Rentensystems weiterhin aus. Genau das aber sind die Reformen, auf denen der Internationale Währungsfonds in Washington besteht, weil er Griechenlands Staatsverschuldung begrenzen will.
Und ohne Zustimmung des IWF können die europäischen Kreditgeber Athen nicht entgegenkommen. Um EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker seine Reformvorschläge zu erläutern, will Tsipras heute nach Brüssel kommen und sein Konzept Juncker während einer Abendsitzung erläutern.
Politischer Wille, Griechenland im Euro zu halten
Alles ist in Sachen Griechenland-Rettung möglich, wenn nur der politische Wille da ist. Und der politische Wille, Griechenland im Euro zu halten, ist bei Juncker ähnlich ausgeprägt wie bei Angela Merkel. Die Kanzlerin hat sich ihrerseits intensiv darüber beraten, wie ein sogenannter "letzter Kompromissvorschlag" der Geldgeber an die Adresse Athens aussehen könnte.
Auch die sogenannten Institutionen müssten jetzt ein bisschen flexibler werden, was ihre Forderungen an Athen angeht - das signalisierte bereits während des G7-Finanzministertreffens in Dresden Jack Lew, der US-Kollege von Wolfgang Schäuble. US-Präsident Barack Obama hat nämlich kein Interesse daran, dass der bevorstehende G7-Gipfel im oberbayerischen Elmau de facto ein Griechenland-Gipfel wird. Und erst Recht kein Interesse daran hat Gifel-Gastgeberin Angela Merkel.
Athener Angebot, Brüsseler Forderung
Und so kommt es jetzt zu einem Duell der modifizierten Reformforderungen von europäischer und der Reformangebote von griechischer Seite. Aus Sicht einer EU-Sprecherin ist ein solcher Papierkrieg nichts Ungewöhnliches. Schließlich würden auch zwischen Brüssel und Athen zahlreiche Konzepte ausgetauscht.
Ob die Schnittmenge zwischen den Reformforderungen der Kreditgeber auf der einen Seite und den Reformangeboten der Tsipras-Regierung auf der Gegenseite groß genug ist, um eine schnelle Lösung zu erreichen, bleibt allerdings fraglich. Es kann also sein, dass US-Präsident Obama die europäischen Staats-und Regierungschefs in Elmau mit der Frage konfrontiert, warum die Griechenland-Krise noch immer nicht gelöst ist.