Gespräche über Griechenland in Brüssel Es bleibt schwierig
Bei den Verhandlungen zwischen einer griechischen Delegation und den internationalen Geldgebern in Brüssel zeichnet sich kein Kompromiss ab. Zu den schwierigsten Punkten gehören die von den Geldgebern geforderten Rentenkürzungen. Die Zeit läuft endgültig davon.
Bei den womöglich entscheidenden Krisengesprächen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern in Brüssel zeichnen sich bislang keine Kompromisse ab. Nach Angaben eines EU-Vertreters ist der Ausgang völlig offen, die Verhandlungen könnten mehrere Tage dauern.
In Brüssel verhandelt ein griechisches Verhandlungsteam im Auftrag von Premierminister Alexis Tsipras mit einem neuen Vorschlag im Gepäck. Dabei ist auch Staatssekretär Nikos Pappas, einer der engsten Mitarbeiter von Tsipras. Von Gläubigerseite nahmen Vertreter der EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) teil. Auch ein Team des Internationalen Währungsfonds (IWF) nahm wieder teil. Es war vor zwei Tagen überraschend aus den Gesprächen ausgestiegen.
Zu Beginn der Gespräche signalisierte Tsipras aus Athen Kompromissbereitschaft. Einziges Ziel sei es, "die Krise zu beenden" und zu einem "realisierbaren Abkommen" zu gelangen. Ob Tsipras dafür allerdings im Parlament und in seinem Linksbündnis Syriza die nötige Mehrheit findet, ist offen.
Für Athen drängt die Zeit enorm: Gelingt in den kommenden Tagen kein Durchbruch, droht die Pleite. Ende des Monats läuft das Hilfsprogramm aus, außerdem müssen insgesamt 1,6 Milliarden Euro an Krediten an den IWF zurückgezahlt werden. Am kommenden Donnerstag tagen die Euro-Finanzminister, die einen möglichen Kompromiss absegnen müssten. Am Donnerstag hatten sie erstmals offiziell über den Fall einer Staatspleite Athens beraten.
Juncker warnt vor "Grexit"
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte eindringlich vor einem "Grexit", eines griechischen Austritts aus der Eurozone infolge eines Staatsbankrotts. Dass die möglichen Folgen "verheerend" seien und die Lage sehr ernst, das wisse auch Tsipras.
Zugleich wies Juncker darauf hin, dass keineswegs allein die Bundesrepublik Athen dränge, endlich wirksame Strukturreformen zu beschließen und umzusetzen. "Finnland, Österreich, die Niederlande, die Slowakei, Slowenien und Malta - sie alle waren und sind weit fordernder", erklärte Juncker. "Und das aus einem verständlichen Grund: der Mindestlohn in diesen Ländern ist niedriger als in Griechenland, und die Pensionen sind es teilweise auch."
Zu den schwierigsten Punkten bei den monatelangen Verhandlungen gehören Fragen zur Rentenreform und zur Reform der Mehrwertsteuer in Griechenland. Thema ist auch die Frage des Primärüberschusses. Dieser Wert legt fest, wie viel die griechische Regierung jährlich einsparen muss, um den Schuldenberg irgendwann abzubauen. Die Geldgeber wollen für dieses Jahr ein Haushaltsplus vor Zinszahlungen und Schuldentilgung von einem Prozent. Athen beharrte aber zuletzt auf einem Primärüberschuss von nur 0,75 Prozent. Einem Bericht der Finanzzeitung "Naftémporiki" zufolge könnte sich Athen nun auf 0,9 Prozent einlassen.
Von einem Primärüberschuss ist die Rede, wenn ein Staat mehr einnimmt als ausgibt - der Schuldendienst mit den Zins- und Tilgungszahlungen wird in dieser Rechnung komplett ausgeklammert. Wie sich dieser Primärhaushalt entwickelt, gilt als Indiz dafür, ob und wann ein Staat seinen aufgehäuften Schuldenberg abtragen kann. In den Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern, verpflichtete sich die griechische Regierung, durch Einsparungen und höhere Einnahmen Primärüberschüsse zu erreichen. Dabei wurden für die einzelnen Jahre konkrete Zielmarken vereinbart. Wenn diese Vorgaben in den laufenden Verhandlungen nun gesenkt werden sollten, wäre auch der Spardruck Griechenlands in diesem Jahr und den folgenden Jahren geringer als bisher.