Verhandlungen mit Geldgebern Tsipras will Referendum über Sparprogramm abhalten
Jetzt soll das Volk entscheiden: Im Streit um die Bedingungen für ein Sparprogramm will Griechenlands Regierungschef Tsipras am 5. Juli ein Referendum abhalten. Das auslaufende Hilfsprogramm will er um ein paar Tage verlängern. Am Nachmittag treffen sich erneut die Euro-Finanzminister.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras will im Falle einer Einigung mit den internationalen Geldgebern ein Referendum abhalten. So werde das griechische Volk über die geplanten Reformen abstimmen können, sagte er in einer Fernsehansprache. Das Referendum soll am 5. Juli stattfinden. Die Griechen sollen entscheiden, ob sie die Vorschläge der Euro-Partner akzeptieren können.
Er werde die Gläubiger bitten, das Ende Juni auslaufende Hilfspaket dafür um einige Tage zu verlängern. Der 40-jährige Links-Politiker versprach, sich an das Ergebnis der Abstimmung zu halten.
"Die Partner haben uns ultimativ aufgefordert, noch mehr Sparlast zu akzeptieren", begründete Tsipras nach einer nächtlichen Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts den Schritt. Diese Maßnahmen würden lediglich ein weiteres Schrumpfen der griechischen Wirtschaft bewirken. "Manche der Institutionen und der Partner haben wohl die Absicht, ein ganzes Volk zu demütigen", warf der griechische Regierungschef den Geldgebern vor.
Das Parlament muss dem Plan für ein Referendum zustimmen. Dafür ist eine Mehrheit von 151 Abgeordneten notwendig. Die Entscheidung wird für den Abend erwartet.
Syriza lehnt Sparprogramm ab
Aus der Tsipras-Regierung kamen zahlreiche Stimmen, gegen die Reformen zu votieren. Der Fraktionschef der Syriza-Partei, Nikos Filis, sagte, das Ultimatum der Gläubiger müsse zurückgewiesen werden. Entwicklungsminister Panagiotis Lafazanis vom linken Syriza-Flügel forderte die Griechen ebenfalls auf, gegen die Vorschläge der Gläubiger zu stimmen. "Die Antwort des griechischen Volkes wird ein schallendes Nein sein", sagte Lafazanis nach dem Kabinettstreffen. "Unser Volk wird mit Nein stimmen", zeigte sich auch Staatsminister Nikos Pappas überzeugt. Ähnliche Meinungen kamen auch vom rechtspopulistischen Koalitionspartner der Syriza.
Kritisch äußerte sich die Opposition in Athen. "Tsipras hat das Land in eine Sackgasse geführt", sagte der frühere Ministerpräsident Antonis Samaras. Jetzt gebe es nur noch die Wahl zwischen einem schlechten Deal mit den Geldgebern und einem Euro-Ausscheiden.
Die Geldgeber von IWF, EZB und EU wollen im Gegenzug für weitere Finanzhilfen Strukturveränderungen durchsetzen, um die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. So soll sich auch die Haushaltslage verbessern. Unter anderem werden Renten- und Arbeitsmarktreformen sowie Steuererhöhungen verlangt. Die Links-Rechts-Regierung von Regierungschef Tsipras lehnt diese Maßnahmen ab. Tsipras und seine Syriza-Partei wurden mit dem Versprechen gewählt, den Sparkurs zu beenden.
Sitzung der Euro-Finanzminister
Die überraschende Referendum-Ankündigung könnte den ursprünglichen Zeitplan in den Verhandlungen mit Griechenland erneut über den Haufen werfen. Eigentlich muss bis zum Monatsende eine Einigung mit Griechenland gefunden und diese von den Euro-Mitgliedsländern abgesegnet werden.
Tsipras habe bereits mit EZB-Präsident Mario Draghi gesprochen, sagte ein Regierungssprecher in Athen. Dieser habe mit "Verständnis und Sensibilität" auf die Ankündigung reagiert. Für den Nachmittag ist in Brüssel ein neuerliches Treffen der Euro-Finanzminister geplant. Es sollte eigentlich die letzte und entscheidende Sitzung sein.
Griechenland muss bis Dienstag 1,6 Milliarden Euro Schulden an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Da es diese Summe aus eigener Kraft kaum aufbringen kann, ist es auf die 7,2 Milliarden Euro aus dem Rettungspaket dringend angewiesen. Dem Land droht ohne die Freigabe der dringend benötigten Hilfsgelder der Staatsbankrott.