Debatte um EU-Hilfe für Griechenland Zwischen Prinzipientreue und Euro-Druck
Die Nervosität ist groß. Griechenland steht vor dem Staatsbankrott und auch andere Euro-Länder haben ihre Schulden nicht im Griff. Die Probleme lasten auf dem Euro und auf der Politik. Der Druck wächst, den Griechen zur Hilfe zu kommen. In einer Videokonferenz wollen sich die EU-Finanzminister heute über mögliche Nothilfen abstimmen. Doch: Kann die EU Griechenland überhaupt helfen - und wenn ja, wie?
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die EU kann Griechenland mit seinen Problemen nicht allein lassen, zu groß sind die Risiken für den Euro - das scheint im Moment der Konsens zu sein, der sich abzeichnet. Der scheidende EU-Währungskommissar Joaquín Almunia hat es vor dem EU-Parlament mit Blick auf den Sondergipfel der EU-Regierungsgschefs noch einmal deutlich gesagt: "Ich möchte, dass die Staatschefs Europas der griechischen Regierung sagen: Wenn ihr euch anstrengt, bekommt ihr unsere Hilfe." Die Unterstützung müsse eindeutig und klar sein, und im Gegenzug sei ein klares Engagement der griechisches Regierung nötig.
Nach Einschätzung Almunias kann Europa dies allein tun, die Hilfe des Internationalen Währungsfonds sei nicht nötig. "Wir haben die Fähigkeiten und die Instrumente, um schwierige Situationen wie die gegenwärtige zu meistern."
Finanzhilfen ausgeschlossen - eigentlich
Aber was sind das für Instrumente? Denn die Regeln der Währungsunion schließen direkte Finanzhilfen für ein Land aus, das sich in Zahlungschwierigkeiten befindet. Aus gutem Grund: Dadurch soll verhindert werden, dass einer über seine Verhältnisse lebt, in der Gewissheit, dass die anderen ihn schon herausboxen werden.
Aber nun ist das Kind in den Brunnen gefallen, und die europäischen Politiker schwanken zwischen Prinzipientreue und dem Druck der Finanzmärkte, den Euro zu stabilisieren. Herauskommen dürfte die Doppelstrategie, die auch Währungskommissar Almunia andeutet: Man winkt den Griechen mit Unterstützung, zwingt sie aber gleichzeitig zu rigorosem Sparen. Das Land wird praktisch unter EU-Kuratel gestellt.
Wenn also keine direkten Finanzhilfen von der EU, was dann? Eine einfache Möglichkeit wäre es, die Regionalhilfen vorzuziehen, die Griechenland sowieso zustehen. Das sind immerhin 18 Milliarden Euro bis 2013. Das könnte die EU-Kommission allein entscheiden.
Kredit der Europäischen Investitionsbank...
Eine zweites mögliches Instrument ist die Europäische Investitionsbank (EIB). Sie dient der Finanzierung von Projekten in EU-Staaten und kann Geld am Markt aufnehmen. Die EIB könnte nun die Kreditvergabe an Griechenland verstärken.
Darüber hinaus hat die EU einen Fonds für Mitgliedsstaaten gegründet, die durch die Finanzkrise in Zahlungsbilanzschwierigkeiten geraten sind. In diesem Fonds sind immerhin 50 Milliarden Euro, die zum Teil noch nicht abgerufen sind. Allerdings haben bislang nur EU-Staaten, die nicht der Eurozone angehören, Zugang zu diesem Topf. Das müsste geändert werden.
...oder ein EU-Gemeinschaftskredit
Immer wieder wird auch eine gemeinsame Anleihe der Euro-Länder ins Spiel gebracht. So könnte auf den Finanzmärkten zu günstigeren Konditionen Geld eingesammelt werden, als die Griechen es allein können. Denn die müssen jetzt schon bis zu vier Prozent mehr für ihre Anleihen an Zinsen zahlen als Deutschland. Das heißt aber auch, die Deutschen würden bei einer gemeinsamen Euro-Anleihe drauf zahlen müssen - und das ist unwahrscheinlich.
Bliebe noch die Möglichkeit, dass einzelne Euro-Länder griechische Anleihen am Markt aufkaufen, um den Druck abzuschwächen. Im Prinzip würden die anderen EU-Staaten Athen damit bilaterale Kredite gewähren. In diesem Fall besteht immerhin die theoretische Möglichkeit, dass man die Anleihen später wieder mit Gewinn verkaufen kann.