Island: Abstimmung über Entschädigung für Icesave-Verluste Das Nein war noch deutlicher als erwartet
Knapp vier Milliarden Euro soll Island an Großbritannien und die Niederlande zahlen - denn diese hatten Sparer entschädigt, die bei der Pleite der isländischen "Icesave"-Bank ihr Geld verloren hatten. Vor allem die Konditionen für die Rückzahlung erzürnten die Isländer. Bei einer Volksabstimmung lehnten sie den Plan einmütig ab.
Von Albrecht Breitschuh, ARD-Hörfunkstudio Stockholm
Es war ein Ergebnis, das überhaupt keinen Spielraum mehr ließ für irgendwelche Interpretation: Mehr als 93 Prozent der Isländer stimmten gegen das so genannte "Icesave"-Gesetz. Das war noch einmal deutlich mehr, als die Umfragen vorhergesehen hatten.
"Keine wirkliche Überraschung"
Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir, die das Referendum von vornherein für unsinnig erklärt hatte und sich nicht beteiligte, kommentierte das Resultat noch schmallippiger und knapper, als es man es von ihr sonst gewohnt ist: "Nichts daran ist eine wirkliche Überraschung. Die Leute haben ja auch allen Grund, unzufrieden zu sein. Es war ja schon vorher klar, dass das Gesetz keine Gültigkeit haben würde. Und jetzt stehen wir vor der Aufgabe, die Verhandlungen mit Großbritannien und den Niederlanden zu einem Abschluss zu bringen."
Und das soll möglicherweise schon in der kommenden Woche passieren. Beide Länder wollen knapp vier Milliarden Euro von Island - Geld, mit dem sie Sparer in Großbritannien und den Niederlanden für die in Konkurs gegangene Bank Icesave entschädigten. In Island werden, wie sich eindrucksvoll zeigte, die Bedingungen als viel zu hart empfunden. Die Summe, um die es geht, entspricht etwa einem Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes.
Der Druck auf die Regierung wächst
Mittlerweile näherten sich beiden Seiten jedoch an. Finanzminister Steingrimmur Sigfusson hält das Angebot an Island für akzeptabel - es sieht unter anderem eine Aussetzung der Zinsen für zwei Jahre vor. Auch er hatte mit keinem anderen Ausgang des Referendums gerechnet: "Die Sache hat sich so entwickelt, dass das Gesetz, über das abgestimmt wurde, ohnehin nicht mehr gültig war. Von daher bin ich sogar überrascht, dass es überhaupt 'Ja'-Stimmen gegeben hat, ich habe jedenfalls keinen ermuntert. Wir müssen das Resultat nun akzeptieren, die Sache hatte einen neuen Kurs bekommen, jetzt müssen wir weiter verhandeln."
Islands Position, so Außenminister Ossur Skarphedinsson, sei gestärkt worden. Eine Ansicht, die allerdings in der Regierung kaum einer teilte. Für die ist der Druck nun sehr viel größer geworden, ein akzeptables Verhandlungsergebnis vorzulegen. Politische Konsequenzen waren von vornherein ausgeschlossen worden, aber die Regierung in Reykjavik, die noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist, wirkt angeschlagen.
Freude bei der Opposition
Für Bjarni Benediktsson von der größten Oppositionspartei, der bis zum Wechsel regierenden Unabhängigkeitspartei, war der Ausgang des Referendums auch deshalb ein Grund zur Freude: "Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat, auch mit der Wahlbeteiligung von 54 Prozent. Das alles ist kein Zufall. Wir hatten hier einen ermüdenden Kampf das gesamte vergangene Jahr, und die Opposition hat alles getan, um das Gesetz zu bekämpfen. Nun hat das Volk das letzte Wort gesprochen. Nun kann es nicht so weitergehen wie bisher, die Regierung muss klarmachen, wie sie weiter verhandeln will. Es ist sehr viel, was uns voneinander trennt."