Haushaltsstreit mit Italien EU entscheidet frühestens nächste Woche
Die EU-Kommission will in einer Woche ihr Urteil über Italiens umstrittenen Haushaltsentwurf abgeben. Frühestens dann wird sie auch entscheiden, ob sie ein Strafverfahren einleitet.
Der CSU-Haushaltspolitiker Markus Ferber gilt zuweilen im Europaparlament als eine Art "Enfant terrible". Ferber polarisiert gerne. Mit Hingabe spitzt er seine Wortmeldungen so zu, dass es anschließend jede Menge Protest gibt. Und auch jetzt beim kaum geänderten italienischen Haushaltsentwurf hat Ferber wieder eine klare Position. Der einzige Unterschied: Ferber erhält diesmal fraktionsübergreifend durchaus Zustimmung.
Der CSU-Politiker kritisiert, die bislang vorgelegten Entwürfe seien "einfach falsch." Sie würden "Rechenfehler und falsche Annahmen" enthalten. Die Italiener belügen sich selber", sagt Ferber.
Ferber spielt darauf an, dass das erwartete Wirtschaftswachstum von vielen Beobachtern als viel zu optimistisch eingeschätzt wird. Setzt man aber zum Beispiel die Wachstumsraten höher an, als sie letztlich sind, entpuppen sich am Ende auch die erwarteten Steuereinnahmen als zu hoch - womit ein zusätzliches Loch im italienischen Staatshaushalt absehbar zu sein scheint. Unter anderem um diesen Punkt dreht sich der Streit.
Das EU-Parlament in Straßburg. Aus allen Fraktionen heißt es, dass Italiens Haushalt Rechenfehler und falsche Annahmen enthält.
Finanzminister müssten separat zustimmen
Von der EU-Kommission und ihrem Sprecher heißt es nun, man prüfe den in der Nacht fristgemäß eingereichten Entwurf aus Rom. Nächste Woche Mittwoch werde die Kommission dann ihre Stellungnahme dazu veröffentlichen. Sie wolle das gemeinsam mit der Einschätzung aller anderen Haushaltsplanungen in der Eurozone machen.
Das heißt: Frühestens nächste Woche wird man also wissen, ob die EU-Kommission sich tatsächlich dafür ausspricht, ein sogenanntes Defizitverfahren gegen Italien auf den Weg zu bringen, was nichts anderes ist als ein Strafverfahren.
Dem müssten dann noch die Finanzminister der Eurozone separat zustimmen. Es ist ein Verfahren, das Monate dauern wird, in dem nach und nach die Daumenschrauben angezogen werden und an dessen Ende theoretisch Strafzahlungen in Milliardenhöhe stehen könnten.
Märkte sollen das Problem lösen
Theoretisch - denn eigentlich setzt man in Brüssel auf etwas ganz anderes. Die Kommission baut darauf, dass die Märkte das Problem schon lösen werden. Wie fast jedes Land muss sich auch Italien von Zeit zu Zeit Geld auf den Finanzmärkten leihen - also bei den Banken. Schon heute liegen die Zinsen, die Italien zahlen muss, deutlich über denen, die zum Beispiel für Deutschland fällig werden. Das liegt daran, dass die römische Haushaltspolitik als nicht so solide eingeschätzt wird.
Setzt Italien seinen Kurs fort, ist wahrscheinlich, dass die Zinsaufschläge immer weiter steigen. Geld leihen würde also immer teurer, oder, wie es der Finanzexperte Ferber formuliert: "Die steigenden Zinsen in Italien zeigen ja auch, dass die Spielräume verloren gehen. Wenn man aber gleichzeitig das Renteneintrittsalter absenkt, wenn man Sozialleistungen verspricht, die der Staat sich nicht leisten kann, dann wird man eben keine neuen Arbeitsplätze in Italien schaffen."
Moscovici: "Gewisse Flexibilität" möglich
Wenn Italiens Populistenregierung überreizt, könnte Italien am Ende auf eine schiefe Bahn geraten, ist die größte Sorge in Brüssel. Soweit ist es allerdings noch lange nicht. Auch EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat schon deutlich gemacht, dass er eine "gewisse Flexibilität" für möglich hält - allerdings nur, wenn die gemeinsam vereinbarten Verträge grundsätzlich eingehalten werden.
Mit anderen Worten: Erst die nächsten Monate werden wohl zeigen, ob die Drohungen aus Rom lediglich populistische Rhetorik sind, die man nach den Europawahlen wieder einpackt, oder ob es Salvini und seine Regierungs- und Parteikollegen ernst ist und sie bis zum Äußersten zu gehen bereit sind. Das wäre ein Chaos, nicht nur in Rom.