Anspruch auf Rückzahlungen Europarichter stärken RWE-Kunden den Rücken
Wer von RWE Gas bezieht, kann sich Hoffnung auf Rückzahlungen machen: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Preiserhöhungen in bestimmten Verträgen des Energieversorgers nicht rechtens sind. Das letzte Wort haben aber von Fall zu Fall die nationalen Gerichte.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Der Essener Energieversorger RWE machte sich die Sache einfach - und das könnte ihn nun Millionen kosten. In den Verträgen, die er seinen Sonderkunden anbot, übernahm er eine Klausel aus den Standardverträgen. Diese Klausel erlaubt es RWE, den Gaslieferpreis einseitig zu ändern.
In Deutschland müssen Energieversorger einen gesetzlich geregelten Standardtarif anbieten. Daneben können sie aber im Rahmen der Vertragsfreiheit auch Sondertarife anbieten, die preislich in der Regel für den Verbraucher günstiger ausfallen. 25 RWE-Sonderkunden, die von 2003 bis 2005 mehrere Tariferhöhungen hinnehmen mussten, wollen dieses Geld nun zurück haben. Unterstützt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen argumentieren sie, dass die einseitige Preiserhöhungsklausel missbräuchlich und zu wenig transparent sei.
RWE hält dagegen, dass man ja nur die allgemeinen Bedingungen der deutschen Gasversordnungsordnung in die Sonderverträge übernommen habe. Und diese allgemeinen Bedingungen unterliegen - da sie staatlich festgelegt und also bindend sind - keiner Missbrauchskontrolle.
Nationale Gerichte entscheiden im Einzelfall
Die Europarichter haben aber nun klargestellt, dass dieses Privileg für Sonderverträge nicht gilt. Sie können also angefochten werden. Ob die Preiserhöhungsklausel aber tatsächlich missbräuchlich und undurchschaubar ist, dass müssen die nationalen Gerichte im Einzelfall entscheiden.
Die Europarichter geben dafür aber mehrere Kriterien vor: Anlass und Vorgehensweise für die Tariferhöhungen müssen klar und verständlich dargelegt werden. Und der Kunde muss von der ihm eingeräumten Kündigungsmöglichkeit auch tatsächlich Gebrauch machen können. Das heißt, er muss rechtzeitig von der Preiserhöhung in Kenntnis gesetzt werden, und er muss auch tatsächlich die Möglichkeit haben, den Lieferanten zu wechseln.
Auch rückwirkende Ansprüche
Jetzt müssen die RWE-Kunden also auf die deutschen Gerichte hoffen. Wenn diese im Sinne der Gaskunden entscheiden, dann können auf RWE und auch auf andere Energieversorger gigantische Rückzahlungsforderungen zukommen. Denn es gibt Millionen solcher Sonderverträge. Und der EuGH machte klar, dass sein Spruch auch rückwirkend anzuwenden ist - also auf alle Verträge, die seit dem Inkrafttreten der entsprechenden europäischen Verbraucherschutzgesetze geschlossen wurden. Das war 1995.
Aussicht auf eine erfolgreiche Klage haben aber nur Kunden, die innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist ihrem Vertrag widersprochen haben.