Verkehrswende Deutschlandtakt erst 2070 komplett umgesetzt
Ursprünglich war die bundesweite Umsetzung des Taktfahrplans für 2030 geplant. Doch bis das Vorhaben komplett abgeschlossen ist, dürften laut Verkehrs-Staatssekretär Theurer weitere Jahrzehnte ins Land ziehen.
Es wird wohl noch etwas dauern, bis der Bahnverkehr in Deutschland auf einen Taktfahrplan umgestellt. Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), sieht den für die Verkehrswende wichtigen Deutschlandtakt erst 2070 vollständig umgesetzt. Der Deutschlandtakt werde "in den nächsten 50 Jahren als Jahrhundertprojekt" umgesetzt, sagte Theurer dem ZDF laut Bericht.
Es sei "immer völlig klar gewesen, dass das Jahrzehnte dauert". Theurer erklärte heute gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, der Deutschlandtakt komme "wie von Anfang an geplant in Etappen". Das Projekt "wird nicht verschoben". Das Bundesverkehrsministerium arbeite vielmehr an einer Beschleunigung des Projekts, das rund 50 bis 60 Milliarden Euro koste.
2018 von Verkehrsminister Scheuer vorgestellt
Für den Deutschlandtakt nach Schweizer Vorbild soll der Bahnverkehr auf einen bundesweiten Taktfahrplan umgestellt werden, der für Fahrgäste die Abfahrtszeiten zuverlässiger und planbarer macht und außerdem den Umstieg erleichtert. Die Züge sollen dafür jede Stunde in jede Richtung zur selben Minute fahren - Fernzüge in einem Takt von 60 Minuten und auf Hauptachsen im 30-Minuten-Takt. Fern- und Regionalverkehr sollen außerdem optimal miteinander vernetzt werden.
2018 wurde das Projekt von dem damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vorgestellt. "Gemeinsam wollen wir bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln und mehr Güter auf die Schiene holen. Und das bei gutem Service und hoher Qualität", sagte er. Schon damals ging Branchenexperte Gregor Kolbe davon aus, dass das Projekt nicht innerhalb weniger Jahre zu stemmen sei, aber: ein "Deutschland-Takt" könne in 10 bis 20 Jahren funktionieren. Das scheint nach der heutigen Ankündigung in weiter Ferne.
"Fortlaufendes Projekt, das stetig entwickelt wird"
In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien unter anderem das Ziel definiert, den Schienengüterverkehr bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppeln. Außerdem soll "erheblich mehr in die Schiene als in die Straße" investiert werden, "um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen".
Das Verkehrsministerium betonte am Donnerstag, der Deutschlandtakt sei ein "fortlaufendes Projekt, das stetig weiterentwickelt und an die Modernisierung des Schienennetzes angepasst wird". Die nächste große Etappe werde mit der Fertigstellung der Strecke Wendlingen-Ulm, Stuttgart 21 und der Generalsanierung der Riedbahn 2025/2026 abgeschlossen. Sie werde etwa den 30-Minuten-Takt zwischen den großen Metropolen Köln, Frankfurt, Mannheim, München, Nürnberg bringen.
Kritik aus der Opposition
Aus der Opposition hagelte es heute Kritik: Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Thomas Bareiß (CDU), erklärte, die Union habe zusammen mit der Schienenbranche schon früh den Grundstein für den Deutschlandtakt gelegt - nun werde dieser von 2030 auf 2070 verschoben. Das sei "das Eingestehen des Scheiterns der Ampel".
Der Berichterstatter der Unionsfraktion für die Schiene, Michael Donth (CDU), zeigte sich "fassungslos". Eine Verschiebung des Deutschlandtakts auf 2070 "wäre ein Desaster für die Zukunft des deutschen Schienenverkehrs".
Der Interessenverband Allianz pro Schiene hat nun außerdem Klarheit von der Bundesregierung gefordert. "Wir erwarten, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing den Ausbau des Schienennetzes nicht weiter verschleppt und noch in diesem Jahr ein verbindliches Konzept zur stufenweisen Umsetzung des Deutschlandtaktes vorlegt", forderte Hauptgeschäftsführer Dirk Flege.