Wissing appelliert an Bahn und GDL Neue Streiks wären "nicht erklärbar"
Nur noch heute gilt die selbst auferlegte Friedenspflicht der Lokführergewerkschaft - nach dem vorzeitigen Scheitern der Tarifverhandlungen mit der Bahn drohen neue Streiks. Verkehrsminister Wissing mahnt beide Seiten zu einer Einigung.
Nach den erneut gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) an beide Seiten appelliert, einen Kompromiss zu finden. "Mit dem Beharren auf Maximalpositionen kommen wir hier nicht weiter. Es wäre den Menschen in diesem Land nicht länger erklärbar, wenn nach monatelangen Verhandlungen erneut gestreikt würde, weil die Verantwortlichen am Verhandlungstisch keine Lösung finden", sagte er der Bild am Sonntag.
Wissing sieht Sicherheitsrisiko
Betroffen von neuen Streiks wäre neben Bahnfahrern auch die Wirtschaft, weil auch der Güterverkehr nicht fahren könnte und etwa Kohletransporte für die Kraftwerke Probleme bekommen könnten. Wissing warnte: "Neben den massiven Beeinträchtigungen des Alltags für weite Teile der Bevölkerung sollten sich die Verantwortlichen ins Gedächtnis rufen, dass in Europa Krieg herrscht. Diese Tarifauseinandersetzung darf nicht zum Sicherheitsrisiko werden. Wir müssen für dieses Problem eine gemeinsame Lösung finden."
Nach dem vorzeitigen Scheitern vierwöchiger Verhandlungen am Donnerstag hatte die GDL angekündigt, sich an die selbst auferlegte Friedenspflicht bis einschließlich heute zu halten. Doch ab kommender Woche drohen wieder lange Arbeitskämpfe und damit weitreichende Beeinträchtigungen im Fern-, Regional und Güterverkehr.
Keine Einigung trotz erfahrener Schlichter
Dabei saßen in den vergangenen Wochen der Bahn zufolge bereits zwei Schlichter mit am Verhandlungstisch. Die Bahn hatte den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière hinzugerufen. Für die GDL vermittelte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. Doch selbst die erfahrenen Schlichter konnten keinen Kompromiss vermitteln.
Beide Seiten hatten bei den wiederaufgenommenen Verhandlungen Geheimhaltung bis einschließlich 3. März vereinbart. Dieses Schweigen brach am Donnerstag vorzeitig die Bahn. Trotz weitreichender Zugeständnisse und trotz des Einsatzes der externen Moderatoren habe die GDL die Gespräche frühzeitig platzen lassen, teilte der Konzern mit. "Wir waren bereit, Schritte bei der Arbeitszeitverkürzung zu gehen, die weit über unser letztes Angebot hinausgehen", hieß es von Personalvorstand Martin Seiler.
Die GDL dementierte das nicht, warf der Bahn aber vor, sich nicht an die Absprachen zur Kommunikation nach außen gehalten zu haben. "Diese Informationen sind gezielt vom DB-Management durchgestochen worden, um es dann der Gewerkschaftsseite anzuhängen", teilte die Gewerkschaft mit.
Knackpunkt Arbeitszeit
Gescheitert sind die Verhandlungen der Bahn zufolge an der Kernforderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen. Die Bahn lehnt das ab, hatte in den Wochen zuvor aber Lösungen im Rahmen von bestehenden Arbeitszeit-Wahlmodellen vorgeschlagen.