Abgabe für große Onlinehändler Barcelona erhebt "Amazon-Steuer"
Online-Shopping ist praktisch, hat aber seinen Preis: Lieferfahrzeuge verstopfen die Straßen, der stationäre Händler leidet. Barcelona hat deshalb eine Abgabe auf ausgelieferte Waren eingeführt.
Es klingt nicht besonders spektakulär, als Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau am vergangenen Freitag den Tagesordnungspunkt zwei aufruft: die endgültige Abstimmung über die gemeinhin als "Amazon-Steuer" bekannte Abgabe. Die Regelung wird mit deutlicher Mehrheit angenommen.
Für große Onlinehändler und Postdienstleister heißt das: eine Abgabe von 1,25 Prozent ihrer Bruttoerlöse für in Barcleona ausgelieferte Waren, zahlbar an die Stadt. "Groß" meint hier Unternehmen, die Waren im Wert von mindestens einer Million Euro im Jahr in der Stadt ausliefern.
Um die 120 Pakete bringe sie jeden Tag zu Leuten nach Hause, berichtet eine Fahrerin - und sie ist nur eine von vielen. Tausende Lieferfahrzeuge, die ständig ihre Runden drehten und einfach irgendwo parkten, bemängelte der damalige Vizebürgermeister Jaume Collboni bereits im Dezember. Inzwischen kandidiert er selbst für das Bürgermeisteramt.
Bessere Luft und mehr Lebensqualität als Ziel
Im Vorfeld durchgeführte Studien haben ergeben, dass die 8300 Stellplätze für das Be- und Entladen von Lieferwagen einen Wert von 2,6 Millionen Euro pro Jahr darstellen - Millionen, von denen die Stadt bisher nichts gesehen hat. Das soll sich nun ändern.
Aber sie verfolgt mit der Abgabe noch andere Ziele: Die Stadt soll lebenswerter werden, die Luft besser. Seit Jahren ist bekannt, dass im Großraum Barcelona jährlich rund 3000 Menschen frühzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung sterben. Die Stadt tut sich schon lange schwer damit, unter den Schadstoffgrenzwerten zu bleiben, ab denen die Europäische Union Bußgelder verhängt.
Ändert sich das Konsumverhalten?
Nächster Punkt: Nachhaltigkeit - dass ein Päckchen, das 300 Gramm wiege, von einem tonnenschweren Fahrzeug ausgeliefert wird, sei schlicht nicht nachhaltig, so Stadtrat Jordi Martí bei der Vorstellung des Projekts. Deshalb sind zum Beispiel Lieferungen an Abholzentren von der Abgabe ausgenommen.
Und noch etwas hat die Stadtverwaltung mit der Abgabe im Sinn: ein verändertes Konsumverhalten der Menschen zugunsten kleinerer Geschäfte vor Ort. Onlinehändler sollen ihren steuerlichen Vorteil gegenüber lokalen Händlern verlieren, die unter anderem Abgaben für Müll oder die Straßenreinigung zahlen müssen.
Verbraucher nehmen es gelassen
Dass die großen Onlinehändler den Aufschlag direkt an die Kundinnen und Kunden weitergeben könnten, scheint der Stadt kein Kopfzerbrechen zu bereiten; auch das könnte lokalen Geschäften nützen, so die Hoffnung. Und viele scheinen sich auch schon darauf eingestellt zu haben: Sie werde die Produkte auch weiterhin brauchen und daher auch weiter kaufen, sagt eine Kundin.
Das Projekt ist kein Schnellschuss: Drei Jahre lang hat die Stadt die Abgabe auf etwaige Rechtslücken für Klagen prüfen lassen und hält sie für wasserdicht.