Bundesrechnungshof zur Bahn "Die Krise der DB AG wird chronisch"
Mit deutlichen Worten kritisiert der Bundesrechnungshof die Lage der Bahn. Sie werde ein Sanierungsfall, der das ganze System Eisenbahn gefährde. Vom Bund fordern die Prüfer ein "Drehbuch", um die Probleme systematisch abzuarbeiten.
Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, hat vor einer Dauerkrise der Bahn gewarnt. "Die Krise der DB AG wird chronisch, der Konzern entwickelt sich zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet", sagte Scheller bei der Vorstellung eines Sonderberichts zur Bahnstruktur. So sei das "System Eisenbahn sogar noch unzuverlässiger geworden und die wirtschaftliche Lage der DB AG hat sich weiter verschlechtert".
Der Bericht hebt die im vergangenen Jahr deutlich schlimmer gewordene Unpünktlichkeit im Fernverkehr hervor und den rasant steigenden Schuldenstand der Bahn. So habe der Konzern nun über 30 Milliarden Euro Schulden, zuletzt seien täglich fünf Millionen dazu gekommen. "Die DB entwickelt sich zu einem Fass ohne Boden."
Prüfer fordern "Drehbuch" des Bundes
Zusammen mit der an vielen Stellen sanierungsbedürftigen Infrastruktur sei das Ziel der Bundesregierung unerreichbar, bis 2030 den Personenverkehr per Bahn zu verdoppeln und den Bahnanteil beim Güterverkehr auf 25 Prozent zu erhöhen.
Das Management der Deutschen Bahn habe zwar immer wieder Verbesserungen angekündigt, aber die Versprechen wie "Starke Schiene" oder der Deutschlandtakt seien wirkungslose Worthülsen, sagte Scheller. Der Bund müsse ein Gesamtkonzept vorlegen, "das seine Ziele enthält und ein Drehbuch ist, um den Handlungsstau systematisch aufzulösen." Es müsse klar werden, "was für eine Bahn und wie viel Bahn der Bund zu welchen Kosten haben will".
Angemahnt wird im Bericht auch eine Abspaltung des Schienennetzes vom Konzern. "Die bisherige Organisation als integrierter Konzern hat die Dauerkrise der DB AG nicht verhindert", hieß es. Dies will die Bundesregierung aber nicht ändern. Bahnhöfe und Netz sollen weiter zum Bahnkonzern gehören, aber gemeinwirtschaftlich ausgerichtet werden.
Mehr Staat und keine Auslandsgeschäfte mehr
Einige vom Rechnungshof kritisierte Punkte standen bereits im letzten Bahn-Sonderbericht von 2019. Dazu gehören die zahlreichen Auslandsbeteiligungen der Bahn, an denen sich der Rechnungshof auch nun wieder stieß. Mit dem Abarbeiten einiger Punkte hat das Unternehmen allerdings zwischenzeitlich begonnen, so will sie sich von der Logistiktochter Schenker trennen.
Auslandsgeschäfte sollte es nach Vorstellung der Prüfer generell nicht mehr geben. Sie schlagen eine Neuausrichtung vor: Mehr Einfluss durch den Bund, zum Beispiel durch mehr Plätze in den Aufsichtsräten, keine Geschäfte mehr im außereuropäischen Ausland, und was die Schiene nicht stärke, gehöre nicht in den Konzern.
Bahn nicht alleine Schuld
Aber Rechnungshof-Chef Scheller gab dem Bahn-Management nicht alleine die Schuld an der Misere. "Die Bundesregierung hat ein fehlerhaftes System über Jahre akzeptiert, tatenlos zugeschaut, nicht gegengesteuert. Der Bund ist hier in der Verantwortung, er ist Alleineigentümer, er ist Geldgeber, er ist gefordert als verkehrspolitischer Gestalter."
Scheller verwies aufs Grundgesetz: Der Bund sei für das Allgemeinwohl verpflichtet, eine funktionierende Bahn zu gewährleisten. Dieser Verantwortung müsse er gerecht werden.
Wissing verweist auf frühere Verkehrspolitik
Bundesverkehrsminister Volker Wissing verwies in Reaktion auf den Bericht auf das Konzept zur Streckensanierung, das bereits "Punkt für Punkt" abgearbeitet werde. "Aktuell werden die Nebenstrecken auf Vordermann gebracht, damit die Generalsanierung der am meisten belasteten Korridore schnell starten kann", erklärte der FDP-Politiker. Er verwies aber auch auf die Verkehrspolitik der vergangenen Jahre, die nicht einfach rückgängig gemacht werden könne: "Was wir nicht können, ist rückwärts regieren."
Dass die Generalsanierung so wie von Wissings Ministerium vorgesehen klappt, hält der Rechnungshof nicht für ausgemacht: "Ob das in der Umsetzung funktionieren wird, bleibt abzuwarten - so ist die geplante Umsetzung auch bei Fachleuten oder Verbänden umstritten", hieß es. Zudem reiche die Sanierung allein nicht aus, um die Wachstumsziele der Bahn ermöglichen zu können. Seinen Bericht leitet der Bundesrechnungshof nun an den Bundestag weiter.