"Weihnachtsfrieden" der GDL endet Gibt es bei der Bahn bald wieder Streiks?
Der "Weihnachtsfrieden" ist vorbei. Ab morgen könnte bei der Deutschen Bahn wieder gestreikt werden. Zwar ist zu Beginn der Woche ein neuer GDL-Ausstand unwahrscheinlich - doch niemand weiß, was ab Mittwoch passiert.
Der "Weihnachtsfrieden" ist vorbei - im Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn könnte es bald wieder zu Streiks kommen. Nach der erfolgreichen Urabstimmung der GDL unter ihren Mitgliedern in der Vorweihnachtszeit könnten Ausstände zudem deutlich länger dauern als zuletzt. 97 Prozent der Teilnehmer hatten sich für unbefristete Streiks ausgesprochen.
Allerdings dürfte es am Montag und Dienstag zunächst keine Ausstände geben. Eine wichtige Tagung des Deutschen Beamtenbunds (dbb), in dem die GDL Mitglied ist, soll laut dbb-Chef Ulrich Silberbach nicht von Arbeitskämpfen bei der Bahn gefährdet werden. "Ich habe mit Claus Weselsky schon vor Weihnachten verabredet, dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden", sagte Silberbach vor wenigen Tagen dem Kölner Stadtanzeiger. "Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand."
Ab Mittwoch drohen Streiks
Spätestens ab Mittwoch ist dann jederzeit mit Streiks auf der Schiene zu rechnen. Eine Annäherung beider Seiten ist in der Tarifauseinandersetzung derzeit nicht absehbar. Zwar hatte die Bahn ihr bisheriges Angebot am Freitag noch einmal erweitert. Dabei griff sie erstmals eine von der GDL geforderte Arbeitszeitreduzierung auf. Von dem ebenfalls geforderten vollen Lohnausgleich will Konzern-Personalvorstand Martin Seiler aber weiterhin nichts wissen.
Die GDL möchte die Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Wochenstunden absenken und das ohne Lohneinbußen. Mit zwei kleineren Bahnunternehmen, Netinera und Go Ahead, hat die GDL eine solche Vereinbarung bereits getroffen. Diese Einigung soll nach dem Willen von Gewerkschaftschef Claus Weselsky als Muster in der gesamten Branche dienen. "Wir haben uns verpflichtet, vergleichbare Abschlüsse im Markt zu erzielen", sagte er vor wenigen Wochen. "Wir werden nicht lockerlassen."
Knackpunkt voller Lohnausgleich bei kürzerer Arbeitszeit
Die Bahn hatte am vergangenen Freitag vorgeschlagen, bestehende Wahlmodelle bei der Arbeitszeit auszuweiten. Bisher können sich Beschäftigte entscheiden, ob sie etwa mehr Geld, mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitstage haben wollen. Sie könnten etwa von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekämen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet nun an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus bis zu 35 Stunden reduzieren zu können. Wer möchte, könnte zudem für etwas mehr Geld auch bis zu 40 Stunden pro Woche arbeiten.
Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür aber Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen, betonte Seiler. Den von der GDL geforderten vollen Lohnausgleich lehnt der Konzern damit weiterhin ab.
Juristische Auseinandersetzung um Fairtrain
Verschärft wird der Konflikt zudem durch eine Klage der Bahn vor dem Landesarbeitsgericht Hessen. Die hatte das Unternehmen am vergangenen Dienstag eingereicht. Die Bahn geht mit der Feststellungsklage gegen die Genossenschaft Fairtrain vor, die die GDL im Sommer gegründet hatte. Ziel der Leihfirma ist es laut Weselsky, Lokführer von der Bahn abzuwerben und sie zu eigenen Tarifbedingungen an Eisenbahnunternehmen zu verleihen.
Die Bahn sieht darin einen Interessenkonflikt und stellt die Tariffähigkeit der GDL infrage, die aus Sicht des Konzerns nun sowohl als Arbeitgeber als auch als Gewerkschaft auftritt. In dem Rechtsstreit geht es nur am Rande um konkrete Fragen aus dem Tarifstreit. Streiks verhindern kann die Bahn damit ohnehin nicht. Doch er könnte Auswirkungen haben auf einen künftigen Tarifabschluss, den die Bahn weiterhin mit der GDL anstrebt.