dm, Rossmann, Müller & Co. Das Milliardengeschäft der Drogerie-Riesen
Das Geschäft von Drogeriemarkt-Ketten wie dm boomt. Welche Familien stecken hinter dem Erfolg der großen Händler, wie ist der Markt aufgeteilt - und wohin steuert die Branche?
Aufhübschen für das Date, Katzenfutter ist alle und für Opa noch schnell ein Foto ausdrucken: kein Problem, das alles kann man beim Drogeriemarkt um die Ecke erledigen. Die Frage ist nur: bei welchem? dm, Rossmann, Müller - und vor nicht allzu langer Zeit waren da noch Schlecker und Ihr Platz. Im Norden Deutschlands und in Berlin kennt man auch Budnikowsky, dort meist Budni genannt. Der war übrigens der erste seiner Art, gegründet 1912 von Iwan Budnikowsky in Harburg bei Hamburg. Sein Grundgedanke war damals, Seifen und Reinigungsmittel zu günstigen Preisen zu verkaufen. Jetzt ist Budnikowsky mit etwas mehr als 180 Filialen die kleinste Drogeriemarktkette und heute im Besitz der Familie Wöhlke.
Vom Drogeriekettengründer zum Romanautor
Familie spielt auch bei Rossmann eine große Rolle. Firmengründer Dirk Roßmann - der Familienname schreibt sich, anders als die Drogeriekette, mit "ß" - hat Ende September 2021 die Geschäfte an seinen 36-jährigen Sohn Raoul Roßmann übergeben. Vater Roßmann betätigt sich momentan als Buchautor, auch das finanziell äußerst erfolgreich. Er kann es sich eben leisten, teure Werbeminuten direkt vor der tagesschau zu platzieren; sein Vermögen wird auf 38 Milliarden US-Dollar geschätzt. Und seine Bücher liegen selbstverständlich auch in den etwa 4000 Rossmann-Drogeriemärkten aus. Aber das ist eine andere Geschichte.
Auffallend: Die Drogeriemarkt-Riesen in Deutschland wurden allesamt von einzelnen Personen gegründet, das gilt für Rossmann, dm, Müller und einst auch Schlecker. Susanne Eichholz-Klein vom Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln hat die Geschichte der Drogeriemärkte analysiert: "Die Entwicklung der aktuell führenden Drogeriemarktkonzepte ist von der Handschrift namhafter Unternehmerpersönlichkeiten geprägt worden. Das gilt auch für andere Handelsformate und -zweige und ist dem Zeitgeist der 1970er-Jahre und der Pionierzeit geschuldet."
Für Dirk Roßmann hat sich die Firmengründung im Jahr 1972 in Burgwedel bei Hannover richtig gelohnt. 2020 stieg der Konzernumsatz in seinen europaweit mehr als 4000 Filialen auf 10,35 Milliarden Euro, deutschlandweit auf 7,33 Milliarden Euro. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass Drogeriemärkte in Deutschland während des Corona-Lockdowns in 2020 nie schließen mussten.
Besondere Wege bei dm und Müller
Und davon profitierte auch der Branchen-Primus dm mit Sitz in Karlsruhe. Auch dm wurde von einer prägnanten Unternehmerpersönlichkeit gegründet: Götz Werner, gelernter Drogist, Antroposoph und Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens, hat sich mittlerweile aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. 1973 hatte er in Karlsruhe die erste dm-Filiale eröffnet.
Die Preisbindung für Drogerieartikel war gerade aufgehoben, und Werner startete mit einem klassischen Discounterprinzip: Selbstbedienung, hohe Rabattsätze aufgrund von Großeinkäufen. Anfang der 1990er-Jahre änderte Werner schrittweise die interne Organisationsstruktur. Die Filialen erhielten zunehmend mehr Selbstverantwortung und Eigenkontrolle. Heute bestimmen die dm-Filialen vor Ort selbst ihr Sortiment, ihre Dienstpläne, zum Teil die Vorgesetzten und sogar die Gehälter. Eine Besonderheit stellt das dm-Ausbildungskonzept dar: Alle Lehrlinge absolvieren während ihrer Ausbildung ein Theaterprojekt. Mit Unterstützung von Profis sollen sie dadurch Team-, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit lernen.
Bleibt noch die Nummer drei der deutschen Drogeriemärkte: Müller, bei dem sogar Spielwaren zum Sortiment gehören. Inzwischen deutschlandweit vertreten, machte Müller 4,01 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2020.
Abomodelle und Nachfüllstationen
Nach der Schlecker-Pleite im Jahr 2012 scheint sich in der Drogeriemarkt-Landschaft nicht mehr viel zu bewegen, sagt Jörg Funder vom Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement an der Hochschule Worms: "Die großen Drogerieketten Rossmann und dm haben mittlerweile deutschlandweit Filialen", erklärt er. "Die ehemalige Nord-Süd-Trennung ist spätestens seit der Expansionsstrategie Rossmanns und dem Ausscheiden des Wettbewerbers Schlecker mit anschließender Übernahme von Filialen durch Rossmann und Edeka Geschichte. Was die reinen Offline-Händler angeht, scheint der Markt für Drogerieartikel tatsächlich aufgeteilt."
Welche zukunftsorientierten Konzepte könnte es geben? "Wir werden im Onlinehandel viel mehr intelligente Abomodelle sehen, die den Alltag erleichtern," so Eva Stüber vom Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln. "Im stationären Handel nimmt mit Nachfüllstationen und unverpackten Waren das Thema Nachhaltigkeit größeren Raum ein. Damit werden die beiden großen Entwicklungstreiber Convenience und Nachhaltigkeit bedient."
Kosmetikprodukte zum Abfüllen: Ein klein wenig erinnert das an die Vorläufer der Drogeriemärkte: Drogisten im 19. Jahrhundert hatten nicht nur Heilkräuter und Arzneidrogen im Angebot, sondern mischten selbst Zahncreme, Zahnpulver, Hautcreme, um sie dann in kleinen Portionen zu verkaufen.