Energieversorgung e.on stoppt Gasneueinkauf bei Gazprom
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine hat e.on angekündigt, kein neues Gas mehr von Gazprom zu kaufen. An Nord Stream 1 hält der Energiekonzern aber weiter fest - und lobt die Bundesregierung.
Wegen der Invasion Russlands in der Ukraine geht der Energiekonzern e.on auf Distanz zum russischen Gaskonzern Gazprom. Das Unternehmen habe in seinem Portfolio Erdgasmengen, die von europäischen Handelsgesellschaften von Gazprom eingekauft wurden, sagte e.on-Chef Leonhard Birnbaum heute auf der Bilanzpressekonferenz in Essen. "Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs haben wir den Einkauf neuer Mengen von diesen Gesellschaften gestoppt."
Langlaufende Lieferverträge mit den Gasproduzenten habe der Konzern nicht. Birnbaum warnte dennoch davor, dass ein plötzlicher Stopp der Energieimporte aus Russland dem Versorger einen Schlag versetzen würde: "Der russische Markt gehört nicht zu unseren Zielregionen. Aber eines ist klar: Sollte es zu einer mehr oder weniger langen physischen Verknappung der Energieimporte kommen, hätte das auch für uns Konsequenzen."
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs nicht abschätzbar
"Wir müssen und werden die Energieabhängigkeit von Russland beenden. Daran führt kein Weg vorbei", so Birnbaum. Langfristig könne etwa der verstärkte Einsatz von Flüssiggas (LNG) helfen. Für die kommenden zwei bis drei Jahren gebe es aber keine einfachen Lösungen: "Es mag schmerzhaft sein und unbequem - aber kurzfristig geht es ohne russisches Gas nicht." Deshalb sei es gut, dass die Bundesregierung Rufen standhalte, Gasimporte aus Russland kurzfristig zu stoppen.
Insgesamt seien die kurz- und langfristigen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs nicht vollständig abschätzbar, hieß es vom DAX-Konzern. e.on erwartet für 2022 ein operatives Ergebnis unter dem Vorjahresniveau. Dafür dürfte vor allem der Wegfall der Beiträge der Atomenergie verantwortlich sein. Mit dem Atomkraftwerk Isar 2 in München betreibt die e.on-Tochter Preussenelektra eines der letzten drei aktiven Kernkraftwerke, die Ende dieses Jahres stillgelegt werden.
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll 2022 zwischen 7,6 Milliarden und 7,8 Milliarden Euro liegen. Das wären selbst im besten Fall 100 Millionen Euro weniger als 2021. Im vergangenen Jahr konnte e.on sowohl die eigenen Erwartungen als auch die von Analysten übertreffen.
Verkauf von Beteiligung an Nord Stream 1 nicht geplant
Eine mögliches Risiko für e.on bleibt die Beteiligung an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1, durch die seit über zehn Jahren Gas aus Russland nach Deutschland fließt. Nachdem die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 vorerst auf Eis gelegt wurde, könnte es auch Folgen für Nord Stream 1 geben. Bereits Ende Februar hatte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki einen Stopp der Verbindung gefordert.
Zuletzt drohte außerdem Russlands Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak mit einem Ende der Erdgasversorgung über diese Pipeline. An seiner Beteiligung hält e.on trotzdem vorerst fest. "Eine Veräußerung, ein Ausstieg, ist im Moment überhaupt nicht möglich. Das Asset ist im Moment nicht verkäuflich. Es gibt keinen Markt dafür", erklärte Birnbaum.
Der Buchwert der Beteiligung von 15,5 Prozent, die im e.on-Pensionsfonds liegt, betrage etwas über eine Milliarde Euro. "Wem würde geholfen, wenn wir das Asset dem russischen Mehrheitsaktionär überschreiben würden?", so der Manager weiter. Zudem sei Nord Stream 1 ein genehmigtes und voll operatives Projekt, wie das Unternehmen schon vor einigen Wochen mitteilte.
Uniper und Wintershall ebenfalls ausgestiegen
An der Finanzierung von Nord Stream 2 ist e.on dagegen nicht beteiligt - im Gegensatz zu Uniper. Der Düsseldorfer Konzern, an den e.on 2015 seine restlichen Aktivitäten in Russland abspaltete, stoppte seine Investitionen in der vergangenen Woche. Uniper will seine bestehenden Verträge weiter erfüllen, aber keine neuen langfristigen Lieferverträge für Erdgas mit Russland abschließen.
Zudem plant Uniper, seine Darlehen an die Nord Stream 2 AG in Höhe von 987 Millionen Euro inklusive bisher aufgelaufener Zinsen abzuschreiben. Die in der Schweiz ansässige Projektgesellschaft entließ bereits alle ihre Mitarbeiter, stellte nach eigenen Angaben aber bisher keinen Insolvenzantrag. Vor Uniper hatte auch Wintershall Dea sein Engagement bei Nord Stream 2 abgeschrieben.