Nach Kontensperrung Google Russland plant Insolvenzantrag
Russische Behörden haben das Bankkonto von Google Russland gesperrt. Das Unternehmen kündigt daraufhin einen Insolvenzantrag an. Kehrt Google dem Land jetzt komplett den Rücken?
Die russischen Behörden haben nach übereinstimmenden Medienberichten das Bankkonto von Google Russland gesperrt. Das mache die Arbeit des russischen Büros unmöglich, erklärte nun ein Sprecher des US-Technologiekonzerns. Google Russland könne so seine Angestellten und Lieferanten nicht bezahlen und auch seinen sonstigen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.
Zukunft des Geschäfts fraglich
Damit bestätigte Google erstmals, dass seine Konten in Russland eingefroren wurden. Dem Sprecher zufolge hat Google Russland vor diesem Hintergrund einen Insolvenzantrag angekündigt.
Ob das auch bedeutet, dass Google nach dem Vorbild zahlreicher anderer großer US-Konzerne wie etwa der Schnellrestaurantkette McDonald's sein Geschäft in Russland komplett aufgeben möchte, blieb zunächst unklar.
Google China als Vorbild?
Allerdings zeigt ein Blick in die Konzerngeschichte von Google, dass der Rückzug aus Russland für das Unternehmen durchaus eine Möglichkeit sein könnte, um möglicherweise irgendwann wieder einen Neustart in dem Land zu wagen. In China war Google einst ähnlich vorgegangen: 2010 hatte sich der Technologieriese angesichts von Zensur und Hackerangriffen aus dem chinesischen Markt komplett zurückgezogen.
2018 kehrte Google zurück - mit einer speziell für den chinesischen Markt entwickelten Suchmaschinen-App, die von der chinesischen Regierung zensierte Inhalte blockiert.
Der Kreml hat den Konzern schon lange im Visier
Für die russischen Nutzer der Google-Dienste, zu denen auch Gmail, Google Maps und Youtube zählen, soll sich dem Unternehmen zufolge vorerst jedenfalls nichts ändern - vorausgesetzt, diese werden nicht von der russischen Regierung gesperrt. Zu Beginn des Ukraine-Krieges hatte Russland zwar die Google-Nachrichtenseite blockiert. Doch zugleich versicherte die russische Regierung mehrfach, sie wolle Youtube nicht sperren, da ein solcher Schritt vor allem die russischen Nutzer treffen würde.
Nichtsdestotrotz stand die russische Google-Niederlassung seither unter großem Druck seitens der Behörden. Schließlich weigerte sich der Konzern beharrlich, Inhalte zu löschen, die in den Augen der russischen Autoritäten illegal sind. Auch der wiederholten Aufforderung, den Zugang zu einigen russischen Medien wie etwa den Fernsehsendern RBK, NTW und TNT auf Youtube wiederherzustellen, wollte Google nicht nachkommen.
Russische Millionenstrafe ist fällig
Investoren spekulieren nun über die Gründe für den Insolvenzantrag: Die Frage ist etwa, ob eine russische Millionenstrafe damit zusammenhängen könnte. Die zeitlichen Abläufe legen das zumindest stark nahe: Heute ist nämlich eine bereits im Dezember verhängte russische Geldstrafe gegen Google in Höhe von 7,2 Milliarden Rubel (damals umgerechnet 86 Millionen Euro) fällig. Ein Gericht in Moskau hatte die Strafe verhängt, nachdem sich der Suchmaschinenbetreiber wiederholt geweigert hatte, "verbotene Inhalte" von seinen Plattformen zu löschen.
Da Russland die Konten von Google Russland eingefroren hat, kann die russische Niederlassung des US-Konzerns die Strafe nicht bezahlen, so die Argumentation. Das an der Technologiebörse Nasdaq notierte Unternehmen hatte zuvor erfolglos versucht, die Entscheidung anzufechten. Nach einem Bericht der "Moscow Times" war für das russische Google-Büro bereits seit dem 22. März klar, dass es seinen Zahlungsverpflichtungen bald nicht mehr nachkommen kann.
Rückzug wäre für Google verkraftbar
Google wollte sich dazu bislang nicht offiziell äußern. Sollte der Konzern tatsächlich einen Insolvenzantrag für seine russische Niederlassung stellen, so wäre er das erste große Unternehmen aus der US-Technologiebranche, das sich zu einem solchen drastischen Schritt gezwungen sieht. Andere große Tech-Konzerne wie Apple, der Facebook-Mutterkonzern Meta und Microsoft haben bislang lediglich ihre Geschäfte in dem Land eingestellt.
Selbst ein kompletter Rückzug aus dem russischen Markt würde den Google-Mutterkonzern Alphabet indes nicht sehr hart treffen. Google hatte im April darauf hingewiesen, dass im vergangenen Jahr mit rund 2,6 Milliarden Dollar lediglich ein Prozent der Konzernumsätze aus Russland stammten.