Zukunft der Innenstädte Wenn die City ihr Kaufhaus verliert
Viele weitere Kaufhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof sind bedroht - und Innenstädte bangen um Publikumsmagneten. Wie erging es Städten, die bereits eine Filialschließung hinter sich haben? Drei Beispiele.
Wenn Frank Helmenstein über Karstadt spricht, wird er noch immer ein bisschen wehmütig. "Der Karstadt fehlt", sagt der Bürgermeister von Gummersbach. Vor rund zwei Jahren schloss das Warenhaus in der 50.000-Einwohner-Stadt, die östlich von Köln liegt. Helmenstein hatte mit großem Einsatz dafür gekämpft, dass die Gummersbacher Filiale erhalten bleibt - vergebens. "Das war eine meiner schmerzhaftesten Erfahrungen als Bürgermeister", sagt der CDU-Politiker heute.
Kein "Domino-Effekt" in Gummersbach
Im Juli 2020, als die Schließung der Filiale noch nicht besiegelt war, warnte Helmenstein vor einer "Katastrophe" für Gummersbach: "Würde Karstadt schließen, wären hier Domino-Effekte zu befürchten", sagte er damals in den ARD-tagesthemen. Inzwischen blickt der Bürgermeister sehr viel hoffnungsvoller auf die Situation des Einzelhandels in seiner Stadt: "Der Domino-Effekt ist gottlob ausgeblieben. Es ist nicht so, dass reihenweise Läden geschlossen hätten."
Im Karstadt-Gebäude selbst wurde unter anderem ein Impfzentrum eingerichtet. Im zweiten Obergeschoss - da, wo früher CDs, Schreibwaren und Spielzeug verkauft wurden - befindet sich heute ein Fitnessstudio. Auch das Erdgeschoss werde wieder komplett nachgenutzt, sagt Helmenstein, hier sei ein Textilgeschäft eingezogen. Nur das Untergeschoss werde lediglich als Lagerraum genutzt.
Karstadt habe durchaus eine Lücke gerissen. Ein Kaufhaus mit einem solch breitem Sortiment gebe es in Gummersbach nun nicht mehr, so Helmenstein. Einen großen Attraktivitätsverlust für die Innenstadt sieht er aber nicht.
"Hohe Leerstände" in Bottrop
Ganz anders ist die Lage in Bottrop im Ruhrgebiet: Hier beschreibt die Stadtverwaltung die Folgen der Karstadt-Schließung als "deutlich negativ". Die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" spricht sogar davon, das Gebäude sei zum "Symbol des Niedergangs der Innenstadt" geworden, nachdem die Filiale vor mehr als sechs Jahren zugemacht wurde. Der Versuch, hier ein anderes Einkaufszentrum zu etablieren, scheiterte.
"Eigentlich ist das eine 1A-Lage", sagt Oliver Schröder, Vorsitzender einer Interessengemeinschaft von Gewerbetreibenden, über die Bottroper Innenstadt. Die Schließung des Kundenmagnets Karstadt habe in der Konsequenz aber dazu geführt, dass sich beispielsweise auch H&M und Douglas aus der Stadt zurückzogen. Dadurch wiederum habe die Innenstadt weiter an Attraktivität verloren, sagt Schröder: "Die Folge sind hohe Leerstände."
Jetzt soll, wie die Stadt bestätigt, der Discounter Netto eine Filiale im ehemaligen Karstadt-Gebäude eröffnen. Das würde zumindest ein bisschen Publikumsverkehr in die Innenstadt bringen. Ob Netto tatsächlich kommt, steht aber noch immer nicht final fest.
Kita und Hotel im alten Karstadt-Gebäude
Deutlich besser scheint es in Recklinghausen zu laufen, das rund 25 Kilometer von Bottrop entfernt liegt. Im und am ehemaligen Karstadt-Gebäude entsteht gerade das "Markt-Quartier". Ein Hotel und eine Aldi-Filiale haben dort bereits eröffnet. Noch folgen sollen nach Angaben der Stadt unter anderem eine städtische Kindertagesstätte, Wohnungen, Büros und Gastronomie.
Das Markt-Quartier ist ein Hoffnungsträger für die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in der Umgebung. "Wir erhoffen uns, dass sich die Innenstadt belebt", sagt Julia Kortenjann, die hier eine Buchhandlung betreibt. Das neu eröffnete Hotel konnte sie bereits nutzen, um dort eine Autorin unterzubringen, die für eine Lesung in ihre Buchhandlung gekommen war. Aus Sicht der Buchhändlerin geht die Entwicklung der Innenstadt von Recklinghausen in eine gute Richtung.
"Kein Patentrezept"
Was also können andere Städte aus den bisherigen Erfahrungen mit Karstadt-Schließungen lernen? Die Stadt Recklinghausen sieht den engen Kontakt mit Investoren als wichtigen Baustein. Gummersbachs Bürgermeister Helmenstein betont die Bedeutung des "City-Managers", der im Auftrag der Stadt Einzelhändler unterstützt und sich um neue Mieter für leerstehende Ladenflächen kümmert.
Gleichzeitig weist Helmenstein darauf hin, dass jede Stadt ihre Besonderheiten hat; ein Patentrezept gebe es nicht. Gummersbach etwa habe eine geringe Arbeitslosenquote, Kaufkraft sei vorhanden. In Städten, die anders dastehen, brauche es andere Lösungen.