Live-Shopping als Trend Flohmarkt per Livestream
Live-Shopping-Plattformen bekommen in den USA immer mehr Zulauf. Bei WhatNot können Sammler gebrauchte Waren wie Baseball-Karten, Briefmarken oder Action-Figuren verkaufen.
Jen verkauft gebrauchte Kleidung immer sonntags, dienstags und donnerstags auf der Internetplattform WhatNot. Für die User nicht im Bild zu sehen ist ihr Ehemann: Er bedient im Hintergrund den Computer, schaltet neue Auktionen frei. Jen lebt in Clemmons in North Carolina. Ihr Kanal hat um die 85 Live-Zuschauer.
Manchmal bricht der Ton ab
Grant und sein Team spielen dagegen schon in ersten Liga bei WhatNot. Um die 400 Zuschauer hat der Kanal im Schnitt. Dass der Ton manchmal abbricht oder dass die Kamera wackelt, scheint den Zuschauern egal zu sein. Grant verkauft zusammen mit seinen Kumpels begehrte Sammelkarten von Baseball- und Football-Teams. Manch eine Kartensammlung kostet mehrere Tausend Dollar.
Whatnot ist eine Mischung aus ebay, Flohmarkt und YouTube-Livestream. Die Plattform gehört zu den am schnellsten wachsenden Online-Marktplätzen in den USA. "Wir bezeichnen uns als eine Live-Shopping-Plattform", sagt sein Co-Gründer Greg Lafontaine. "Uns unterscheidet vom restlichen Markt, dass wir live senden und Features der Sozialen Medien haben."
Auf WhatNot kann jeder seinen eigenen Live-Shopping-Kanal eröffnen.
Angebot für die "Generation Smartphone"
2019 hat Lafontaine seinen Job bei Facebook im Silicon Valley aufgegeben und ist in den Süden Kaliforniens nach Los Angeles gezogen. Dort gründete er im selben Jahr mit seinem Freund Logan Head die Plattform WhatNot. Die ursprüngliche Idee: Sammler sollten dort Baseball-Karten, seltenes Spielzeug oder Comic-Hefte in einer interaktiven Online-Umgebung verkaufen können.
Der 34-Jährige sagt, die heutige Generation sei mit dem Smartphone aufgewachsen. Viele Online-Plattformen hätten sich aber nicht weiterentwickelt. Der durchschnittliche Zuschauer verbringe zwei Stunden pro Tag auf der Plattform, um Videos zu schauen und mit anderen Mitgliedern zu chatten.
Wer bei WhatNot Artikel verkaufen will, kann das im Auktionsverfahren tun oder zum Festpreis. Mittlerweile werden dort auch gebrauchte Elektronikartikel, Kleidung oder Kunstgegenstände verkauft. Die Palette wird jeden Monat größer. Wer bereits viele Follower in Sozialen Medien wie YouTube, Instagram, TikTok oder Twitch hat, tut sich bei WhatNot leichter. Die Verkäuferinnen und Verkäufer müssen nicht bei Null anfangen.
Senkrechtstart dank Risikokapital
Co-Gründer Lafontaine bekommt trotz sich anbahnender Rezession in den USA das Risikokapital hinterhergeworfen. Erst vergangene Woche hat WhatNot in Los Angeles eine weitere Finanzierung über 260 Millionen US-Dollar erhalten. Das Unternehmen wird derzeit mit 3,7 Milliarden Dollar bewertet.
Zurzeit arbeiten bei der Plattform am Firmensitz in Los Angeles 170 Angestellte. Im Januar 2021 seien es elf Mitarbeitende gewesen. Bis Ende dieses Jahres sollen bei WhatNot 300 Leute arbeiten.
In China boomt diese Branche bereits. Dort verzeichnet sie schon einen Umsatz von 600 Milliarden Dollar. Auch Unternehmen wie Amazon und Facebook experimentieren mit Live-Verkaufskanälen. Bei Amazon sehen die aber deutlich mehr nach professionellem Fernsehen aus. Das Amateurhafte vieler Kanäle bei WhatNot macht das Angebot umso charmanter.