BA-Chefin gegen Frühverrentung Ältere Arbeitnehmer länger beschäftigen?
Die Frühverrentung von Arbeitnehmern hält die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Nahles, für "kontraproduktiv". Entsprechende Unternehmensprogramme sieht sie in einem aktuellen Interview kritisch.
In vielen großen deutschen Unternehmen sind Programme üblich, mit denen ältere Arbeitnehmer teilweise oder ganz früher aus dem Berufsleben ausscheiden können, noch bevor die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht ist. Aus Sicht der Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, ist das ein falscher Weg.
"Es ist höchste Zeit, dass die Unternehmen, die so vorgehen, verstehen, dass die demografische Entwicklung auch sie betrifft", so Nahles gegenüber der "Rheinischen Post". Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht seien Frühverrentungsprogramme "kontraproduktiv", so die BA-Chefin. Gerade die erfahrenen Fachkräfte würden so lange wie möglich im Arbeitsmarkt gebraucht.
Wieder mehr Programm zur Frühverrentung?
Durch die Corona-Krise scheine "die unselige Frühverrentungspraxis wieder zugenommen zu haben". Viele Altersteilzeit-Programme begännen bereits bei 60 Jahren oder sogar noch früher. Immerhin sei zwar die Beschäftigungsquote bei den 60-Jährigen Männern seit 2015 von 55 auf 63,5 Prozent gestiegen, und bei den 63-Jährigen habe sie sich von 25 auf 50 Prozent verdoppelt.
Bei älteren Arbeitnehmern bestehe laut Nahles noch "ein erhebliches Arbeitskräftepotenzial". Arbeitgeber sollten daher "im individuellen Gespräch mit ihren älteren Mitarbeitern klären", ob und wie diese weiterbeschäftigt werden könnten.
Wirtschaftsweise fordert längere Lebensarbeitszeit
Die Aussagen der BA-Chefin können als Wortmeldung in der derzeitigen Diskussion über das Renteneintrittsalter und die Lebensarbeitszeit der Bundesbürger verstanden werden. Am Wochenende hatte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm dafür ausgesprochen, das Renteneintrittsalter bei steigender Lebenserwartung automatisch anzuheben. "Man sollte die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln", sagte Grimm den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Gegenwind aus den Parteien
Die Reaktionen auf den Vorschlag aus der Politik fielen eher kritisch aus. So sagte der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Die Politik braucht den Mut zu differenzierten Lösungen. Man kann nicht pauschal das Rentenalter erhöhen." Zurückhaltend äußerte sich auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober: "Die Erhöhung des Renteneintrittsalters kommt allenfalls mit längeren Übergangsfristen in Betracht, denn Menschen planen ihre Rentenphase langfristig", sagte er den Funke-Zeitungen.
Auch Bundeskanzler Scholz hat sich gegen eine Anhebung des Renteneintrittsalters ausgesprochen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir es jetzt nicht mehr nötig haben, das Renteneintrittsalter immer weiter anzuheben", so Scholz am vergangenen Donnerstag auf einem Bürgerdialog im thüringischen Erfurt. Es sei "super", wenn Personen länger arbeiten wollten. Aber dies müsse freiwillig sein.