Aktion "wahrer Preis" Bauern werfen Penny Greenwashing vor
Mit Preissteigerungen von bis zu 94 Prozent will der Discounter Penny in dieser Woche auf Umweltschäden durch die Lebensmittelproduktion hinweisen. Umweltschützer loben die Aktion. Der Bauernverband sieht darin Greenwashing.
Der Discounter Penny verlangt ab heute für eine Woche lang die "wahren Preise" bei einigen seiner Produkte - also inklusive der Kosten aller Umweltschäden, die durch die Produktion verursacht wurden. Die Reaktionen auf die Aktion fallen gemischt aus: Während es von Umweltschützern Lob gab, warf der Bauernverband dem Discounter Greenwashing vor.
"Die Penny-Aktion zu 'wahren Kosten' ist vor allem ein auf Kosten der Bauern ausgetragenes Greenwashing-Projekt eines Discounters, der sich ansonsten wenig für faire Bepreisung interessiert", sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken.
Foodwatch: Penny senkte gleichzeitig andere Preise
Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch sprach von einem reinen PR-Gag. Während Penny für gerade einmal neun seiner Produkte die "wahren Preise" verlange, drücke der Discounter gleichzeitig die Preise für etliche andere klima- und umweltschädliche Lebensmittel wie Fleisch aufs Minimum.
Umwelt- und Verbraucherschützer loben hingegen die Aktion des Discounters - sehen diese aber nur als einen ersten Schritt. "Die 'wahren Preise' bei Penny machen anschaulich, dass viele Nahrungsmittel ohne Rücksicht auf Umwelt und Klima erzeugt werden", sagte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte, Matthias Lambrecht. Doch reiche dies nicht aus. "Der Aktion im Supermarkt müssen endlich grundlegende Maßnahmen folgen. Die Supermarktketten sind dabei ebenso in der Pflicht wie die Bundesregierung."
BUND: Sozialpolitischer Ausgleich nötig
Greenpeace schätzt die Umwelt- und Klimaschäden durch die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten in Deutschland auf rund sechs Milliarden Euro im Jahr. Um dies zu ändern, plädiert die Organisation dafür, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel abzuschaffen. Parallel könne die Mehrwertsteuer auf Fleisch und Milchprodukte, deren Produktion wesentlich umweltbelastender sei als die von Obst und Gemüse, kräftig erhöht werden. So könne eine Änderung der Konsumgewohnheiten gefördert werden.
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderten bei einer Umfrage der Nachrichtenagenture dpa, das Problem der verdeckten Umweltkosten bei der Lebensmittelproduktion müsse endlich konsequent angegangen werden. "Wir halten es für notwendig, dass Produkte zu Preisen verkauft werden, die deutlich näher an ihrem 'wahren Preis' liegen", erklärte der BUND. Dabei müsse jedoch zwingend ein sozialpolitischer Ausgleich für finanziell schwächer gestellte Menschen stattfinden, betonte der Verband.
Produkte werden bis zu 94 Prozent teurer
Bei der Aktion des Discounters werden nun neun der mehr als 3.000 Produkte eine Woche lange für ihren "wahren Preis" - einschließlich der Kosten für Umweltschäden - verkauft. Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent teurer, wie die Handelskette mitteilte. Die Packung Wiener Würstchen koste, Umwelt- und Gesundheitsschäden eingerechnet, beispielsweise statt 3,19 Euro nun 6,01 Euro.
Die Mehreinnahmen will die zur Rewe-Gruppe gehörende Kette für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden. Der Händler will mit dem Schritt nach eigenen Angaben mehr Bewusstsein für die Umweltbelastungen durch die Lebensmittelproduktion schaffen.
Wissenschaftler erwarten nützliche Ergebnisse für die Politik
Penny arbeitet für die Aktionswoche mit der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald zusammen. Die Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Amelie Michalke von der Universität Greifswald versicherte, es gehe nicht darum, die "wahren Kosten" unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen. Dazu fehlten die umfassenden wissenschaftlichen Grundlagen. "Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen und verursachergerechteren Form diskutieren und betrachten."
Umweltökonom Tobias Gaugler, ebenfalls von der Technischen Hochschule Nürnberg, erwartet, dass durch die Ergebnisse der Aktion auch Rückschlüsse auf das Kaufverhalten gezogen und somit politische Instrumente entwickelt werden könnten. Er glaube nicht, dass Kunden tatsächlich zu den deutlich teurergewordenen Produkten greifen, sagte er im tagesschau24-Interview. "Aber allein das ist schon ein Learning: Nämlich dass der Kunde, dass die Konsumentin nicht dazu bereit oder vielleicht auch finanziell dazu in der Lage ist, diese höheren Preise schlussendlich zu bezahlen." Das könnte auch bedeuten, dass die Politik "andere Wege" gehen müsse, um die aktuellen Fehlbepreisungen im Handel zu reduzieren.