Foto-App Snapchat sucht nach neuen Geschäftsideen
Snapchat erlebt gerade ein Revival mit steigenden Nutzerzahlen. Doch das Werbegeschäft geht zurück, so schrumpft gleichzeitig der Umsatz der Foto-App. Neue Ideen sollen die Krise beenden.
Es war eine neue Idee, die bei jungen Menschen sehr gut ankam: Fotos auf dem Handy beziehungsweise Smartphone zu schießen, die - kaum verschickt - von allein wieder verschwinden. Damit war Snapchat 2011 an den Start gegangen und über Jahre schnell und stark gewachsen. Doch das blieb nicht unbeobachtet.
Konkurrenz durch Instagram und TikTok
Mittlerweile bieten Instagram, Facebook, TikTok oder WhatsApp ebenfalls solche und noch mehr Funktionen an. Vor allem Instagram und TikTok sind inzwischen viel beliebter. Dennoch nutzen gerade junge Leute die App - wieder. Was vor zwölf Jahren begann, lebte in den vergangenen Monaten neu auf. Und so stieg im abgelaufenen Quartal die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer von 375 auf 383 Millionen.
Das Revival schlägt sich allerdings nicht in der Bilanz nieder: Die Foto-App Snapchat hat erstmals einen Umsatzrückgang gemeldet: Binnen drei Monaten schrumpfte er um sieben Prozent auf 988,6 Millionen Dollar. Der Mutterkonzern Snap Inc. hatte einen Umsatzrückgang bereits Ende Januar in Aussicht gestellt. Trotzdem hatte das Unternehmen die Erwartungen der Analysten verfehlt. Immerhin verringerte Snapchat den Quartalsverlust.
Die Börse strafte die Macher der Foto-App ab. Die Aktie verlor in New York ein Fünftel an Wert. Auf Sicht eines Jahres ist die Aktie um 70 Prozent eingebrochen. Andere US-App-Titel konnten sich stattdessen deutlich besser entwickeln. So gewann die Meta-Aktie innerhalb eines Jahres 15 Prozent, allein im laufenden Jahr 98 Prozent. Alphabet wurden auf Jahressicht um 10 Prozent billiger, im laufenden Jahr steht ein Plus von 21 Prozent auf dem Kurszettel.
"Digitaler Spiegel" für virtuelle Anprobe
Inzwischen versucht das Unternehmen, digitale Effekte mit der realen Welt zu verbinden: Diese neuen Ideen fruchten noch wenig: So stellte Snap kürzlich einen "digitalen Spiegel" für Geschäfte vor. Damit können Nutzerinnen und Nutzer Sonnenbrillen, Kleidung oder Schuhe vor Ort im Display "anprobieren". Auf dem Bildschirm sieht es so aus, als würde man die Produkte tatsächlich tragen. Diese virtuelle Anprobe will Snap nunmehr über die eigene Plattform hinaus vertreiben und damit das Angebot breiter streuen. Erster Kunde ist der Sonnenbrillen-Anbieter Goodr.
Nach Angaben von Snap ist es allerdings noch nicht möglich, die ausgewählten Produkte direkt über die Smartphone-App zu kaufen. Bisher hatte Snap die sogenannte Augmented Reality ("erweiterte Realität") lediglich zum Spaß angeboten: Nutzerinnen und Nutzer konnten bereits auf Snapchat virtuell Mode oder Accessoires anprobieren und Fotos machen.
Zugleich nutzt Snapchat den globalen Chatbot-Trend: Snap will seinen Texroboter MyAI für alle User kostenlos zur Verfügung stellen. Mit MyAI können sie sich mit einer echten Person unterhalten. Bisher hatten nur Abo-Kunden von Snapchat+ diese Möglichkeit. In Deutschland kostet der Dienst 3,99 Euro pro Monat.
Probleme mit Online-Werbemarkt überall in der Branche
Viele App-Anbieter aber eint vor allem ein Problem: Der Rückgang des Online-Werbemarktes. Das bekommen auch andere Unternehmen wie Googles Konzernmutter Alphabet oder der Facebook-Konzern Meta zu spüren. Das Geschäft leidet nicht nur seit dem konjunkturellen Gegenwind, sondern vor allem durch die Auswirkungen von Apples Datenschutzänderungen seit 2021: Nutzerinnen und Nutzer dürfen seitdem die Sammlung ihrer Daten für Werbezwecke ablehnen.
Daten sind für das Werbegeschäft aber immens wichtig: Snap generiert Einnahmen aus Werbung, aus sehr gezielter Werbung. Dafür ist der Dienst Snapchat für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos. Snap geht aber davon aus, dass sich der Werbemarkt wieder erholt. Die beiden größten digitalen Plattformen Meta und Alphabet warteten in dieser Woche trotz der Schwierigkeiten auf dem Werbe-Markt mit positiven Quartalsergebnissen auf.