Intersolar in München Solarbranche im Zwiespalt
Die Solarbranche ist in der Krise, diese Schlagzeile hört man seit Jahren. Und doch kommen die Veranstalter der Fachmesse Intersolar aus dem Jubel kaum heraus. Wie passt das zusammen?
Es sind gute Nachrichten, mit denen die deutsche Solarbranche zu Beginn der Fachmesse Intersolar aufwarten kann: Über eine Million verkaufte Solarsysteme im Jahr 2023, insgesamt rund 30 Milliarden Euro Umsatz. Auch dieses Jahr wird wohl mit einem deutlichen Plus weitergehen. Grund dafür: Zum einen die nach wie vor hohe Nachfrage bei Privatkunden.
Aber auch eine andere Zielgruppe ist auf das Thema PV-Anlage angesprungen, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft. "Wir beobachten, dass nach diesem wirklich regelrechten Solarboom in Deutschlands Eigenheimsiedlungen jetzt verstärkt Unternehmen auf Photovoltaik setzen, auf Elektrifizierung ihrer Firmendächer."
Unternehmen haben das Potenzial von PV-Anlagen erkannt
Während der Boom bei Privatkunden auf hohem Niveau stagniert, holen Unternehmen aktuell mit großen Schritten auf. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres hat die Branche auf deutschen Privathäusern genug Paneele errichtet, um - bei idealen Wetterbedingungen - zwei Atomkraftwerke zu ersetzen. Ebenso viel wie im Vorjahreszeitraum.
Immerhin ein Atomkraftwerk befindet sich neu auf den Dächern von Unternehmensgebäuden, fast eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Massive Steigerungen gab es auch bei frei stehenden Anlagen - auch hier haben die neuen Anlagen das gleiche Potenzial wie zwei Atomkraftwerke.
Doch trotz all dieser freudigen Nachrichten: Längst nicht alles ist gut in der Solarbranche. Denn auch wenn die Zahl der verbauten Solaranlagen massiv zunimmt, nur ein Bruchteil der Module entsteht in Deutschland. Immer wieder hört man von Firmen, die ihre Produktion einstellen oder - wie gerade erst die Dresdner Firma Solarwatt - ins Ausland verlagern müssen.
Deutsche Maschinen für Kunden im Ausland
Auch die Firma MiniTec hat einen Stand auf der Messe. In einem großen Glaskasten präsentiert sie ihr Produkt: Fertigungsanlagen für Solarpanele. Vorne Einzelteile wie den Rahmen und die Photovoltaikzellen rein, hinten kommen versandfertige Paletten mit den Modulen heraus. Die Abnehmer der Firma aus Rheinland-Pfalz: im Ausland.
In Länder wie China liefert die Firma zwar nicht mehr, aber Unternehmen in den USA, Afrika oder der Türkei kaufen die Maschinen - und auch das europäische Ausland. Italien und Frankreich sind wichtige Märkte für MiniTec. Warum? Dort greife die Politik den Unternehmen deutlich stärker unter die Arme. Schade, sagt Steffen Schoft von MiniTec. "Es wäre halt schön, die Industrie wieder an den Start zu bringen - und dann auch deutsche Produktion mit deutschen Maschinenbauern als Lieferanten. Es bringt einem auch nichts, wenn das dann aus China kommt."
94 Prozent aller Solarpanele kommen aus dem südostasiatischen Raum, schätzt die Energieberatung "Strategy&" der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Besonders chinesische Firmen überfluten seit Jahren den Markt. Dort herrscht ein Verdrängungswettbewerb, der die Unternehmen zwingt, Panele unter Marktwert zu verkaufen - Schnäppchen also für den deutschen Markt.
Förderprogramme statt Strafzölle
Um da mithalten zu können, müsse die Politik dringend eingreifen, sagt auch Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft. Die aktuell diskutierten Strafzölle auf chinesische Produkte seien aber der falsche Ansatz. Steigende Preise würden die Energiewende teuer machen und damit verlangsamen. Stattdessen müsse es Förderungen für deutsche Produzenten geben.
Immerhin: Der Preiskampf bei Solarpanelen sorgt für aktuell gute Bedingungen für Kundinnen und Kunden. Trotzdem sei es wichtig, sich mehrere Angebote einzuholen, betont etwa die Verbraucherzentrale - anstatt direkt beim vermeintlich billigsten Anbieter zuzuschlagen.