Albig wechselt zu Philip Morris Ex-Ministerpräsident wird Lobbyist für Tabakkonzern
Torsten Albig, ehemaliger Regierungschef von Schleswig-Holstein, ist künftig für das US-Takabunternehmen Philip Morris tätig. Wechsel früherer Spitzenpolitiker zu Konzernen haben immer wieder für Kontroversen gesorgt.
Schleswig-Holsteins früherer Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) ist als Lobbyist zum Tabakkonzern Philip Morris gewechselt. Der 60-Jährige leitet künftig den Geschäftsbereich External Affairs der Deutschland-Tochter des global tätigen Zigarettenherstellers, wie die Philip Morris GmbH mitteilte.
"Ich will die Firma in ihrer Transformation vom Tabakhersteller zu einem Anbieter von schadstoffreduzierten Produkten unterstützen", sagte der Ex-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Dabei bezog er sich auf den Tabakerhitzer Iqos, den Philip Morris stark bewirbt, dessen Marktanteil aber noch gering ist. Würden erwachsene Raucherinnen und Raucher auf solche Produkte umsteigen, hätte dies das Potenzial, die Gesundheitsgefahren zu senken, sagt Albig. "Am besten ist natürlich immer der Rauchstopp."
Der Sozialdemokrat ist nach eigener Aussage Nichtraucher. "Ich habe noch nie in meinem Leben eine Zigarette geraucht." Seine Mutter und seine Großeltern seien hingegen starke Raucher gewesen, alle drei hätten auch deswegen schwere gesundheitliche Probleme bekommen. "Meine Mutter wollte immer wieder aufhören zu rauchen, aber sie hat immer wieder damit angefangen", sagt Albig. Hätte es schon damals schadstoffreduzierte Produkte gegeben, "dann wäre das eine Option gewesen für sie und ihr wäre vielleicht einiges erspart geblieben".
Umstrittene Tabakerhitzer
Albig sprach sich für einen anderen Ansatz im Umgang mit dem Rauchen und mehr Informationskampagnen aus. In Italien und Japan hätten schadstoffreduzierte Produkte einen deutlich höheren Marktanteil als in Deutschland. Zudem verweist er auf Schweden, wo nur wenige Menschen rauchen. Dort ist das Tabakprodukt Snus weit verbreitet - das nicht geraucht, sondern unter die Oberlippe geschoben wird. Der Snus-Hersteller Swedish Match gehört zu Philip Morris, in Deutschland darf das Produkt allerdings nicht verkauft werden.
Tabakerhitzer sind dagegen auch hierzulande erhältlich. Der Konzern British American Tobacco macht Philip Morris hier mit der Marke glo Konkurrenz. Die Produkte sind umstritten. Einerseits gibt es Stimmen, die sie als kleineres Übel werten. Im Gegensatz zu Zigaretten wird der Tabak nicht verbrannt, sondern nur heiß gemacht. Andererseits warnt zum Beispiel das Deutsche Krebsforschungszentrum vor einer Verharmlosung - auch Tabakerhitzer seien schlecht für die Gesundheit. Mangels Langfriststudien sind die genauen Folgen noch unklar.
Der Tabakriese Philip Morris International (PMI) will sich auf lange Sicht vom klassischen Zigarettengeschäft lösen und vermarktet daher weltweit Produkte wie Iqos, E-Zigaretten und Nikotinbeutel. Der größte Anteil des Umsatzes kommt aber noch aus dem Verkauf von Marken wie Marlboro und L&M.
Wenn Politiker die Seiten wechseln
Die Personalie Albig könnte für Kontroversen sorgen. Auf die Frage, ob er seiner Partei mit dem Wechsel in die umstrittene Tabakbranche nicht schade, sagte Albig, Philip Morris sei "ein bedeutendes Unternehmen" mit einem wichtigen Ziel, und zwar deutlich mehr schadstoffreduzierte Produkte zu verkaufen als bisher. "Unabhängig von mir ist es für meine Partei immer gut, wenn ihre Mitglieder auch in der Wirtschaft Akzeptanz finden und dort auch führende Aufgaben übernehmen."
Der gebürtige Bremer Albig war von 2009 bis 2012 Oberbürgermeister von Kiel und danach bis 2017 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Nach einer verlorenen Landtagswahl zog sich der SPD-Politiker aus der aktiven Politik zurück und ging für vier Jahre nach Brüssel, wo er Leiter der Repräsentanz der Deutschen Post DHL wurde. 2021 wechselte er für gut ein Jahr zum Bundesverband Deutscher Postdienstleister.
Wechsel von Spitzenpolitikern zu großen Unternehmen oder Verbänden haben immer wieder für Aufsehen gesorgt. Matthias Wissmann (CDU) war in den 1990er-Jahren Bundesverkehrsminister, von 2007 bis 2018 war er als Präsident des Verbands der Automobilindustrie oberster Autolobbyist in Deutschland. Der frühere Staatsminister im Kanzleramt Eckart von Klaeden (CDU) wurde 2013 Cheflobbyist des Daimler-Konzerns. Der Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) beriet den umstrittenen Fleischkonzern Tönnies. Und der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Berninger ist für den Agrarchemiekonzern Bayer tätig.