
Geplanter E-Kleinwagen Das "freundliche Gesicht" von Volkswagen
Große Bühne für ein kleines Auto: Volkswagen hat in Düsseldorf mit viel Aufwand sein Elektroauto ID.Every1 für 20.000 Euro vorgestellt. Noch ist es aber nur ein Showcar und nicht serienreif.
Gerade mal 3,88 mal 1,81 Meter misst die neue Elektro-Hoffnung von Volkswagen. Mit dem ID.Every1 hat der Wolfsburger Konzern ein kleines E-Auto vorgestellt, das als Nachfolger des bis 2023 produzierten E-up! gelten kann.
Die Bedeutung des Autos für den Konzern ist groß: Seit langem wird von vielen Seiten ein solches Fahrzeug von VW gefordert - Stimmen kommen aus der Politik und dem Umweltschutz, von Verbraucherseite sowie Expertinnen und Experten. Bisher, so die Argumentation von Volkswagen, seien die Batterien aber noch zu teuer gewesen, um ein E-Auto zu bauen, mit dem sich auch Geld verdienen lasse. Das ändert sich jetzt.

VW-Chef Oliver Blume bei der Vorstellung des Kleinstwagens ID.Every1.
Der "typische Volkswagen" kommt spät
"Der ID.Every1 ist für uns ein extrem bedeutsames Auto, weil es eben der elektrische Eintritt in die Marke sein wird", so VW-Markenvorstand Thomas Schäfer im Interview mit dem NDR. "Es ist aber auch für den ganzen Konzern ein Zeichen, dass man auch kleine Fahrzeuge wirtschaftlich herstellen kann." Allerdings: Der ID.Every1 soll erst von 2027 an produziert werden.
"Volkswagen besetzt sehr spät ein sehr großes Marktsegment, eben diese Kleinstwagen, um den typischen Volkswagen auf den Markt zu bringen", kritisiert Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Westfalia Hochschule in Wolfsburg. "Und Volkswagen erreicht dieses Jahr auch nicht die CO2-Ziele. Dieses Auto hätte geholfen, wenn es früher auf den Markt gebracht werden würde."
Vorschlag der EU-Kommission verschafft VW Luft
Rückenwind erhält Volkswagen in dem Zusammenhang durch einen neuen Vorschlag der EU-Kommission. Er sieht im Kern vor, die europaweiten CO2-Grenzwerte für Autobauer in den kommenden Jahren zu flexibilisieren. CO2-Einsparungen, die dieses Jahr von den Herstellern nicht erreicht werden, können bis 2027 durch höhere Einsparungen kompensiert werden.
Für VW werden mit dem Modell Strafzahlungen wegen eines Überschreitens der Grenzwerte unwahrscheinlicher. Dennoch drängt die Zeit für günstige Elektroautos. Während das Segment in Europa bisher eher dünn besetzt war, drängen jetzt zunehmend Autobauer aus aller Welt in den Bereich vor. Im kommenden Jahr will VW mit dem ID.2 zumindest ein E-Auto für etwa 25.000 Euro anbieten.
Die meisten technischen Details sind noch unbekannt
Wenn VW mit dem neuen ID.Every1 aber schon nicht schnell auf dem Markt ist, muss zumindest das Gesamtpaket stimmen, damit der elektrische Kleinwagen ein Erfolg wird. Der Showcar lässt bisher hauptsächlich Rückschlüsse auf das Design zu, die meisten technische Fragen sind noch offen. Das Modell habe ein "freundliches Gesicht", lobt Leslie Schraut, Social-Media-Redakteurin bei Auto, Motor und Sport. "Aber es wird die Technik sein, die letztendlich entscheidend ist."
Mindestens 250 Kilometer soll die Reichweite betragen. Eine der größten Herausforderungen: die Software. Markenchef Schäfer selbst räumt ein, dass VW eine "steile Lernkurve" habe hinlegen müssen. Die Software der ersten Elektromodelle überzeugte nicht, mittlerweile hat VW aufgeholt.
Elektrische Kleinwagen werden in Südeuropa gebaut
Der zukünftige Kleinwagen werde eine "moderne Software-Architektur" erhalten, verspricht Schäfer. Es wird das erste Modell innerhalb des Konzerns sein, bei dem die Software gemeinsam mit Rivian entwickelt wird. Mit dem amerikanischen E-Autobauer hatte VW 2024 ein Joint-Venture gegründet, um beim Thema Software besser voranzukommen.
Klar ist: Die beiden kleinsten E-Automodelle von VW werden nicht in Deutschland gebaut werden, sondern in Südeuropa. Das sei nachvollziehbar, sagt Helena Wisbert. Die Arbeitskosten lägen beispielsweise in Spanien im Vergleich zu Deutschland bei etwa der Hälfte. In Deutschland könnten nach wie vor wettbewerbsfähige Autos gebaut werden, versichert Thomas Schäfer. Die Kleinwagen mit den vergleichsweise geringen Gewinnmargen sind es allerdings nicht.