Ex-VW-Chef als Zeuge zur Dieselaffäre Winterkorn weist Kenntnis von Manipulation von sich
Seit Jahren verhandeln Gerichte in der VW-Dieselaffäre, um zu klären, wer die Verantwortung trägt. Heute trat erstmals Ex-VW-Chef Winterkorn vor Gericht auf. Er sagte im milliardenschweren Anlegerprozess als Zeuge aus.
Im milliardenschweren Anlegerprozess gegen VW und dessen Hauptaktionär Porsche SE wegen manipulierter Abgaswerte hat der langjährige Volkswagen-Chef Martin Winterkorn als Zeuge ausgesagt.
Vor dem Oberlandesgericht in Braunschweig wies er eine Verantwortung für die illegalen Abschaltvorrichtungen zurück. Er sei nicht in die Entscheidungen über die Entwicklung oder den Einsatz der Abschaltvorrichtung eingebunden gewesen.
Es ist das erste Mal, dass sich Winterkorn vor Gericht zu dem Dieselskandal äußert. Bislang hatte der 76-Jährige lediglich vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages und gegenüber den von VW beauftragten Kanzleien zu dem Thema gesprochen. Seine Anhörung ist zunächst für zwei Tage angesetzt.
"Weder gefordert noch gefördert oder geduldet"
"Ich habe diese Funktion weder gefordert noch gefördert oder ihren Einsatz geduldet", sagte er vor dem Gericht in Braunschweig weiter. Er selbst habe erst spät und unvollständig von den Problemen erfahren, sagte Winterkorn in einer kurzen Erklärung, die er seiner Befragung voranstellte.
Zunächst sei er davon ausgegangen, dass VW selbst zeitnah eine technisch und rechtlich einwandfreie Lösung für die Dieselfahrzeuge in den USA finde. "Wäre mir ein vollständiges Bild vermittelt worden, hätte ich nicht gezögert, die Vorgänge direkt anzugehen und aufzuklären."
Bei dem Anlegerprozess geht es vor allem um die Frage, ob Volkswagen und Porsche die Anleger zu spät über das Ausmaß des Dieselskandals informierten. Das Oberlandesgericht Braunschweig verhandelt seit fünf Jahren über eine Musterklage der Fondsgesellschaft Deka Investment der Sparkassen wegen erlittener Kursverluste durch den VW-Abgasskandal.
Die Kläger - zumeist institutionelle Anleger - werfen Volkswagen und der ebenfalls beklagten Porsche Holding vor, die Information über "Dieselgate" lange geheim gehalten und ihnen dadurch einen Wertverlust ihrer Aktien eingebrockt zu haben. Dem hält Volkswagen entgegen, die Kursrelevanz sei erst durch die Veröffentlichung der US-Umweltbehörde EPA am 18. September 2015 erkennbar geworden.
Skandal flog 2015 auf
Volkswagen hatte 2015 auf Druck der EPA zugegeben, Diesel-Abgaswerte durch eine Software manipuliert zu haben. Diese sorgte dafür, dass die Motoren die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand zwar einhielten, auf der Straße aber ein Vielfaches dieser giftigen Abgase ausstießen. Der Skandal löste eine Vielzahl von Prozessen aus.
Winterkorn trat im September 2015 wenige Tage nach dem Bekanntwerden der Abgasmanipulationen beim Autobauer zurück, beteuerte wenig später aber, vor der Veröffentlichung des Skandals nichts von illegalem Tun gewusst zu haben. Winterkorn ist nach Herbert Diess und Matthias Müller der dritte frühere Konzernchef, der vom OLG Braunschweig zur Sache vernommen wird.
Im Juni 2023 wurde der frühere Chef der Volkswagen-Tochter Audi, Rupert Stadler, vom Landgericht München zu einer Bewährungsstrafe und einer millionenschweren Geldauflage verurteilt.