EU legt Pläne vor Bargeldobergrenze gegen Geldwäsche
Die EU will den Kampf gegen Geldwäsche verschärfen. Diskutiert wird neben einer EU-weiten Bargeldobergrenze auch eine neue Überwachungsbehörde. Was würde die Idee bringen?
Viele Fachleute sind der Ansicht, dass die EU-Staaten bei der Kriminalitäts- und Geldwäschebekämpfung Nachholbedarf haben. Die EU-Kommission hat heute ihren Plan für einen effektiveren Kampf dagegen vorgestellt.
Was hat die EU-Kommission beschlossen?
Das heute vorgelegte Paket besteht aus vier Gesetzgebungsvorschlägen. Erstens soll eine neue EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geschaffen werden. Zweitens ist ein einheitliches EU-Regelwerk für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geplant. Als dritte Maßnahme ist eine aktualisierte Richtlinie mit Bestimmungen vorgesehen, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, dazu gehören die Vorschriften zu den nationalen Aufsichtsbehörden und den zentralen Meldestellen in den EU-Mitgliedstaaten. Viertens soll EU-weit eine Barzahlungsobergrenze von 10.000 Euro gelten. Auch Kryptowährungen wie der Bitcoin sollen stärker reglementiert werden, damit Transaktionen mit diesen Währungen künftig vollständig verfolgbar sind. Die Bereitstellung anonymer Krypto-"Geldbörsen" wird untersagt, so wie schon heute bei anonymen Bankkonten der Fall ist.
"Jeder neue Geldwäscheskandal ist einer zu viel", kommentiert Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis die vorgelegten Pläne, "und zugleich ein Weckruf, dass wir weiter daran arbeiten müssen, die Lücken in unserem Finanzsystem zu schließen."
Was erhofft sich die Kommission von der Bargeldobergrenze?
Hohe Barzahlungen ließen sich nur schwer aufdecken und stellten für Straftäter somit eine gute Gelegenheit zur Geldwäsche dar, argumentiert die EU-Kommission. Eine Bargeldobergrenze mache es Kriminelle schwerer, den illegalen Ursprung ihrer Erträge zu verschleiern. Terrorismusfinanzierung würde ebenso erschwert wie Schwarzarbeit. Denn anders als elektronische Einzahlungen oder Überweisungen hinterlassen Bargeldgeschäfte kaum Spuren. Somit könnte eine Obergrenze für Zahlungen mit Schein und Münze kriminelle Machenschaften eindämmen. Nach Auffassung der Brüsseler Behörde ist ein EU-weites Limit von 10.000 Euro hoch genug, um den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel nicht infrage zu stellen. Gleichzeitig werde die wichtige Rolle des Bargeldes anerkannt.
Gegner der Bargeldobergrenze bezweifeln, dass sie ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität ist. "Bislang gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg, dass mit Barzahlungsobergrenzen das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen", hatte unlängst Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann gesagt. Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller, hatte zudem schon vor Jahren gewarnt, ein Bargeldlimit öffne "das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher". Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksichtigt werden.
Wie hoch sind die kriminellen Beträge, um die es geht?
Naturgemäß sind die Beträge nur schwer zu beziffern: Nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofes werden in der EU jährlich Milliardenbeträge aus kriminellen Geschäften in die reguläre Wirtschaft eingespeist, um den illegalen Ursprung der Erträge zu verschleiern. Die europäische Polizeibehörde Europol schätzt den Wert verdächtiger Transaktionen innerhalb Europas auf zuletzt Hunderte Milliarden Euro.
Tut Europa genug gegen Geldwäsche?
Der Europäische Rechnungshof kam jüngst nach einer Prüfung zu dem Schluss, dass es deutliche Schwächen gibt. So wurde unter anderem bei den Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche sowie beim Eingreifen nach Feststellung eines Risikos eine unzureichende Koordinierung auf EU-Ebene festgestellt. "Die Schwächen der EU bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung müssen ausgeräumt werden, und die Aufsicht durch die EU muss deutlich verstärkt werden", forderte Chefprüfer Mihails Kozlovs danach.
Gibt es in der EU bereits eine Bargeldobergrenze?
In den meisten Ländern Europas gibt es längst Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen. In Griechenland liegt sie beispielsweise bei 500 Euro, in Kroatien bei 15.000 Euro. Keine Limits setzen bislang Staaten wie Deutschland, Österreich, Luxemburg und Zypern. Die EU-Kommission will nun, dass alle Mitgliedstaaten ein Verbot von Barzahlungen über 10.000 Euro durchsetzen. Staaten, die ein niedrigeres Limit eingeführt haben, können dieses beibehalten.
Wen würde die 10.000-Euro-Grenze in Deutschland treffen?
Barzahlungen in fünfstelliger Höhe dürften für die meisten Verbraucher Seltenheitswert haben. In bestimmten Bereichen allerdings könnten Obergrenzen Probleme bereiten, etwa beim Gebrauchtwagenkauf. Viele Verkäufer dürften sich dabei ungern auf die Zusage verlassen, das Geld werde überwiesen. Auch hohe Mietkautionen werden mitunter bar gezahlt.
Allerdings schlägt die EU-Kommission Mechanismen vor, "mit denen sichergestellt werden soll, dass die Bürgerinnen und Bürger durch eine solche Maßnahme nicht vom Finanzsystem ausgeschlossen werden." Dies können zum Beispiel Ausnahmen für Geschäfte zwischen Privatleuten sein, wie sie es schon jetzt in Staaten mit Barzahlungsobergrenzen gibt. Ausgenommen werden auch Personen ohne Bankkonto.
Welche Ideen hat die EU noch?
Neben der Bargeldobergrenze plant die EU-Kommission auch eine neue Überwachungsbehörde zwecks Geldwäschebekämpfung. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, soll die "Anti-Money Laundering Authority" (AMLA) bei Verstößen gegen EU-Regeln auch Finanzsanktionen verhängen können. Das Bundesland Hessen wirbt dafür, dass die neue EU-Behörde in der Bankenmetropole Frankfurt angesiedelt wird. In Paris haben bereits die europäische Bankenaufsicht EBA und die europäische Finanzaufsicht ESMA ihren Sitz, Frankfurt wartet mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und der unter deren Dach angesiedelten Aufsicht über die großen Euro-Banken auf.
Wie geht es jetzt weiter?
Nach der Vorstellung der Pläne sind der Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament am Zug. Wenn dort ausreichend große Mehrheiten zustande kommen, können die Vorschläge der EU-Kommission umgesetzt werden. Vor dem kommenden Jahr werden allerdings keine endgültigen Entscheidungen erwartet.