Dieses neue Hochhaus in Wien ist zu einem großen Teil aus Holz.
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Trend bei Häusern Was für das Bauen mit Holz spricht

Stand: 06.07.2023 06:39 Uhr

Es sieht natürlich aus, ist gut für die Klimabilanz, vielseitig einsetzbar - und noch in ausreichender Menge vorhanden. Immer mehr Bauherren bauen Häuser aus Holz.

Auch wenn dieser erste Gedanke naheliegt: Um das Blockhaus, wie es vornehmlich im Alpenland zu finden ist, geht es weniger. Obwohl auch diese in Fachkreisen eher Naturstammhaus genannte Urform des Holzhauses durchaus und immer mehr eine Option für Bauherren ist.

"Moderne Holzhäuser sind in der Regel Fertighäuser, die auf den ersten Blick nicht als Holzbau erkennbar sein müssen", sagt Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH). Diese erleben offenbar derzeit so etwas wie eine Renaissance. Nicht ohne Grund, sollen die Klimaziele noch erreicht werden: "Beim Bauen mit Holz können je nach Gebäudeart bis knapp über 50 Prozent an Treibhausgasen gegenüber konventioneller Bauweise eingespart werden", so Ohnesorge.

Auch Annette Hafner rät dazu, aktuell mit Holz zu bauen. Sie leitet den Lehrstuhl für Ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Universität-Bochum und ist Mitglied im Beirat für Waldpolitik. Hafner bestätigt den Einspareffekt bei Treibhausgasen und bezieht ihn hier auf einen bestimmten Häusertyp: "Bei einem neuen Mehrfamilienhaus können pro Quadratmeter Bruttogrundfläche im Schnitt 40 Prozent Treibhausgase bei der Erstellung des Gebäudes eingespart werden - und das mit einer heute schon breit eingeführten Technologie: dem Holzbau".

Es gibt sogar Hochhäuser aus Holz

Hafner führt weiter aus, und das mag den Laien überraschen: "Man kann vom Einfamilienhaus bis hin zu Hochhäusern alles auch in Holzkonstruktionen bauen, wobei die hohen und großen Gebäude dann eher als Hybridgebäude - also neben Holz auch Stahl und Beton - zu sehen sind." Sehr gut ließen sich mit Holz aber auch Sanierungen, Aufstockungen und Nachverdichtungen auf Bestandsbauten umsetzen, da Holz als Tragwerk leicht sei.

Den Trend zum Holzhaus kann Zimmerer Felix Harth aus Ingelheim in Rheinland-Pfalz bestätigen. Der Unternehmer mit 50 Mitarbeitern verzeichnet einen enormen Zuwachs an Aufträgen für Holzhäuser: "In fünf Jahren hat sich unser Umsatz in diesem Segment vervierfacht." Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges und des Embargos gegen Russland sei es zwischenzeitlich schwierig gewesen, an Holz zu kommen. Deutschland habe vorher viel Holz aus Russland importiert. Die Preise hätten sich verdoppelt. Da gleichzeitig aber auch viel Holz aus Deutschland in andere Länder verkauft wurde, konnte man die Lücke ausgleichen - heute liegt der Preis wieder auf Vorkriegsniveau.

"Nachhaltigkeit kommt gut an"

Harth sieht in der positiven Entwicklung beim Holzbau ein gesellschaftliches Umdenken weit größeren Ausmaßes: "Holz wird geschätzt, es wird viel mehr über Nachhaltigkeit gesprochen, und Holz ist nachhaltig und gut für unsere CO2-Bilanz, daran wollen die Kunden sich beteiligen."

Er merke das auch bei seinen Auszubildenden. Es sei stets schwer gewesen, mehr als ein bis zwei gute Auszubildende zu bekommen. Dieses Jahr konnte er sieben einstellen. Die jungen Leute suchten zukunftsorientierte Berufe, und da erscheine die Holzindustrie sicher. "Das ist gut für uns, aber ich könnte sofort noch zehn Fachkräfte mehr einstellen", beschreibt er seine Situation.

Die Zimmerei hat früher hauptsächlich Nachverdichtungen aus Holz gebaut - Anbauten und Aufstockungen. "Ich musste Kunden vom Holzbau überzeugen. Heute fragen sie es von sich aus nach." Er erzählt von einem gewerblichen Kunden, der ein fünfgeschossiges Bürogebäude wollte. Zur Holzbauweise musste Harth ihn nicht überreden, dafür hatte der Kunde sich längst selbst entschieden. Auf Harths Nachfrage, wieso, antwortete der Kunde, das habe die Marketingabteilung entschieden. "Holz ist trendy", sagt der Zimmerer, "man kann sich damit schmücken, denn Nachhaltigkeit kommt gut an."

Droht ein Kahlschlag in den Wäldern?

Der Trend kommt zur richtigen Zeit, denn einerseits wird in verbautem Holz eine große Menge CO2 lange Zeit gebunden, andererseits zwingt der Klimawandel uns, andere Hölzer anzupflanzen - und dafür brauchen die Wälder Platz. Expertin Hafner mahnt sogar zur Eile bei der Holznutzung: "Der Waldumbau muss jetzt beginnen, und dafür muss das Bauholz geerntet werden, das jetzt in die Ernte kommt. Dies macht dann sofort Platz für den Anbau neuer klimaangepasster Baumarten, die dann wieder neue Kohlenstoffspeicher aufbauen können."

Befürchtungen, wir könnten unsere Wälder kahlschlagen, scheinen also unbegründet. Verbandssprecher Ohnesorge gibt ein Rechenbeispiel: "Würden wir die Holzbauquote bei Ein- und Zweifamilienhäusern verdoppeln und bei Mehrfamilienhäusern verdreifachen, würde das laut einer Studie der Ruhr-Universität in Bochum einen Mehrbedarf an Rohholz von bundesweit knapp vier Millionen Kubikmeter mit sich bringen. Zum Vergleich: Allein Deutschlands Exporte an Nadelholz erreichten im Jahr 2021 rund 19 Millionen Kubikmeter, also fast das Fünffache. Der notwendige Umbau der deutschen Wälder hin zu klimaresilienten Ökosystemen wird voraussichtlich in den kommenden 20 Jahren zu einem hohen Aufkommen an Holz führen."

Mit anderen Worten: Je mehr jetzt mit Holz gebaut wird, desto schneller passen wir unsere Wälder an die neuen klimatischen Voraussetzungen an.

Es kommt auf die Verwendung an

Doch hier schränkt Wissenschaftlerin Hafner ein: Holz dürfe nicht für alles herhalten. "Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollte die langfristige, stoffliche Verwendung von Holz vor einer finalen thermischen Nutzung immer das primäre Ziel sein." Holz, das in einem Kamin oder in einer Heizung verbrennt, setzt sein CO2 frei. Und Holzpellets können nur mit erneutem Einsatz von Energie hergestellt werden, wohingegen die Verarbeitung von Bauholz mit Sägen, Fräse und Hobeln eher energiearm abläuft.

Außerdem solle Holz nachhaltig verbaut werden, so Hafner: "Wichtig ist eine ressourceneffiziente Verwendung des Holzes, das heißt, es müssen möglichst viele Gebäude mit dem eingesetzten Material erstellt werden. Vor allem die Sanierung und Nachverdichtung sollte unbedingt im Blick sein, da damit keine neue Fläche versiegelt und bebaut wird."

Hybridbauten aus Holz, Stahl und Beton

Zimmerer Harth bringt es auf den Punkt: "Der vernünftigste Platz für einen gefällten Baum ist in einem Haus, denn draußen im Wald macht er Platz für einen neuen Baum." Die Holzelemente fertigen seine Mitarbeiter in der Firma an. Auf der Baustelle müssen die vormontierten Teile inklusive Fenster, Steckdosen, Lichtschalter et cetera nur noch zusammengesetzt werden. Die Arbeit bei Wind und Wetter auf der Baustelle wird so minimiert und die Bauzeit verkürzt. Während draußen Erdaushub und Fundamentarbeiten laufen, wird drinnen schon das Haus gebaut.

Harths Unternehmen nimmt fast nur noch größere Projekte an. Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, fünf Stockwerke, dreizehn Stockwerke, aber eigentlich sei dem Holzbau in Sachen Größe kaum eine Grenze gesetzt. "Doch hier sprechen wir dann von Hybriden, also neben dem Holz kommen auch Stahl und Beton zum Einsatz."

Holz als "Brückentechnologie"

Holz ist also vielseitig einsetzbar. Eigentlich verwunderlich, warum es viele Jahre lang am Bau nur eine Nebenrolle gespielt hat. Verbandssprecher Ohnesorge sagt dazu: "Holz ist eine traditionelle Bauweise, allerdings über die Jahre in vielen Regionen in Vergessenheit geraten, weil Holz durch endliche und scheinbar günstigere mineralische oder synthetische Baustoffe verdrängt wurde. Die technologischen Fortschritte im Holzbau und die Nachhaltigkeit der Bauweise führten zur Renaissance der Bauweise."

Trotz vieler Vorteile bezeichnet Forscherin Hafner die Nutzung von Holz nicht als unbegrenzten Faktor beim Gebäudebau. Nach 2045 werden die Baumarten nachgewachsen sein, die heute in den Wald eingebracht werden. "Die Zeiträume, in denen der Waldumbau gedacht werden muss, sind andere als die, die für die Baubranche und Rohstoffnutzung relevant sind." Außerdem würden auch andere Baumaterialien unter Umständen "grüner" - also mit weniger Energieaufwand - hergestellt werden. Jetzt ergebe es Sinn, Holz einzusetzen; dennoch bleibe der Holzbau eine "Brückentechnologie".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 21. Juni 2023 um 13:07 Uhr.