BGH bestätigt Referenzzinssatz Prämiensparer können auf Nachzahlungen hoffen
Seit Jahren wird über sogenannte Prämiensparverträge vor Gerichten gestritten. Verbraucherschützer beklagen, dass Sparer zu geringe Zinszahlungen bekommen haben. Jetzt schafft ein Urteil des BGH Klarheit.
Verhandelt wurde heute über zwei Musterfeststellungklagen der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbraucherzentrale Sachsen. Der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Dresden hat sich auch Martina Clauß angeschlossen.
Bereits 1997 hatte Clauß einen sogenannten Prämiensparvertrag abgeschlossen. Für sie sei der Sparvertrag eine ganz unkomplizierte Sache gewesen: "Das lief eben und lief und ich musste mich nicht weiter darum kümmern“, sagt die Sparerin aus Dresden.
Einseitige Zinsanpassungen sind unzulässig
Lange laufende Prämiensparverträge waren in den 1990er- und 2000er-Jahren eine beliebte Geldanlage. Zusätzlich zu einer attraktiven Prämienzahlung bekamen die Sparerinnen und Sparer Zinsen. Der Nachteil: Die Banken konnten den Zinssatz einseitig verändern und je nach Marktlage absenken. In der Niedrigzinsphase korrigierten die Banken die Zinsen häufig nach unten. Martina Clauß beklagt, dass die Zinsberechnung bei ihrem Vertrag nicht vorhersehbar war.
Einseitige Zinsanpassungen, undurchsichtig für die Sparerinnen und Sparer - entsprechende Klauseln hat der Bundesgerichtshof schon früher für unzulässig und unwirksam erklärt. Nach der Prüfung von Tausenden Prämiensparverträgen kamen Verbraucherschützer zu dem Schluss, dass den Sparerinnen und Sparern im Durchschnitt ein vierstelliger Eurobetrag entgangen sei.
Wie müssen die Zinsen richtig berechnet werden?
Martina Clauß aus Dresden war darüber sehr verärgert und hat sich wie viele andere einer Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen angeschlossen. Insgesamt laufen in Sachsen neun solche Klagen gegen Sparkassen.
2021 hatte der Bundesgerichtshof zwar schon verbraucherfreundlich geurteilt. Die genaue Zinsberechnung sollte aber das OLG Dresden vornehmen. Das hatte 2023 eine Methode für die Zinsberechnung festgelegt. Doch aus Sicht der Verbraucherzentrale Sachsen war das für die Sparerinnen und Sparer zu wenig. Sie klagte deshalb erneut vor dem Bundesgerichtshof.
Der BGH sagt nun: Die Berechnungsmethode des OLG Dresden ist in Ordnung. Die für Verbraucher günstigere Methode, den Zinssatz zu berechnen, ist nicht zwingend.
Insgesamt ein Erfolg für Sparerinnen und Sparer
Zwar bekommen die Sparerinnen und Sparer mit dem heutigen BGH-Urteil wahrscheinlich nicht so viel wie erhofft. Dennoch ist jetzt klar, dass den Sparkassenkunden Zinsnachzahlungen zustehen und wie sich die berechnen. Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen ist insgesamt mit dem Urteil zufrieden: "Wir haben mehr gewollt. Aber unter dem Strich bleibt bestehen, dass die Sparkasse viel zu wenig Zinsen ausgezahlt hat an ihre Kunden, und dass sie jetzt ganz erhebliche Nachzahlungen leisten muss."
Carsten Biesok von der Ostsächsischen Sparkasse Dresden betont hingegen, dass man schon mit vielen Kunden einvernehmliche Lösungen gefunden habe. Auf die Frage, ob die Sparkasse Dresden auch Kunden entgegenkommen werde, deren Ansprüche eigentlich verjährt sind, macht Carsten Biesok keine Zusage. Man werde sich das "im Einzelfall angucken". Ob die Banken jetzt eher die Klagen der einzelnen Sparer abwarten oder mit Nachzahlungsangeboten auf ihre Kunden zugehen, bleibt abzuwarten.
"Zinsen endlich richtig berechnen und auszahlen"
Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen fordert das jedenfalls. Er erwarte von der Sparkasse Dresden, "dass sie jetzt ganz konkret ihren Widerstand aufgibt und dass sie jetzt endlich die Zinsen richtig berechnet und auszahlt."
Im Durchschnitt rechnen die Verbraucherschützer mit einer vierstelligen Nachzahlung pro Sparer, die die Banken leisten müssten. Den neun Musterfeststellungsklagen in Sachsen haben sich über 7.000 Verbraucher angeschlossen, circa 15.000 sind es bundesweit bei Musterfeststellungklagen gegen Banken.
Für die, die bisher noch nicht geklagt haben, ist wichtig, dass ein Anspruch noch nicht verjährt ist. Die Frist beträgt drei Jahre nach Kündigung des Sparvertrages. Die Kläger wollten eine längere Frist von zehn Jahren durchsetzen, das lehnte der BGH jedoch ab. Das heißt: Alle, die jetzt noch einen Prämiensparvertrag haben, oder denen in den letzten drei Jahren gekündigt wurde, können ihre Verträge überprüfen und möglicherweise Zinsen nachfordern.