Geschlossene Niederlassungen Was mit der Sparkassen-Filiale alles wegfällt
Die Mittelbrandenburgische Sparkasse ist die größte Sparkasse Ostdeutschlands. Jetzt will sie 30 ihrer 141 Filialen schließen. Viele Menschen, vor allem ältere, beunruhigt das sehr.
Filippo Smaldino regt sich auf. Der Bürgermeister der Verbundgemeinde Mühlenbeck ist stolz darauf, dass seine Gemeinde stetig wächst. Immer mehr Menschen ziehen in die idyllischen Orte zwischen Wäldern und Seen an der nördlichen Berliner Stadtgrenze. Nun hat die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) angekündigt, dass hier im August die Sparkasse schließt. Und nicht nur das: Auch der Geldautomat soll verschwinden.
Für Smaldino ist die Sache klar: Seine Gemeinde verliere an Attraktivität. Er verstehe nicht, wieso in einer wachsenden Gemeinde kein Potenzial für eine Filiale sein solle und warum seinen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit genommen werde, einfach an Bargeld zu gelangen.
Ein Ort des Austauschs
50 Kilometer südlich von Mühlenbeck in Wilhelmshorst bei Potsdam herrscht ebenfalls Unverständnis. Der kleine Ort mit 3200 Einwohnern diskutiert: Vor allem die Älteren hätten nach Schließung der Sparkasse Probleme, Geld zu holen und ihre Bankgeschäfte zu erledigen, heißt es. Der 83-jährige Manfred Ramin gibt zu bedenken, er könne jetzt noch Auto fahren, aber irgendwann nicht mehr. Und die öffentlichen Verkehrsmittel in den Nachbarort würden einfach zu selten fahren.
Seine Nachbarin Beate-Susanne Sprenger ergänzt, Online-Banking könne nicht alles ersetzen: "Es ist natürlich auch Lebensqualität, zur Sparkasse zu gehen, sich zu unterhalten und Austausch zu haben." Und ein anderer Wilhelmshorster beklagt, dem Ort werde das Zentrum genommen. Vor ein paar Jahren sei die Apotheke geschlossen worden und nun die Sparkasse.
Wie die Sparkasse die Schließungen begründet
Alle diese Argumente gegen die Filialschließungen kennt Robert Heiduck von der MBS. Und er versichert, man habe es sich nicht leicht gemacht, die Entscheidung zu treffen. Dennoch sei sie der einzige Weg, die Sparkasse zukunftsfest zu machen. Es gehe nicht darum, Geld zu sparen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. Im Gegenteil: Das Unternehmen wolle investieren.
Es gebe verschiedene Gründe für eine Ausdünnung der Geschäftsstellen. Zum einen kämen immer weniger Menschen in die kleinen Filialen in den Gemeinden. Stattdessen nehme die Nutzung von Online-Angeboten stetig zu. Heiduck betont: "75 Prozent aller unserer Zahlungsvorgänge finden online statt. Es gibt ja kaum noch einer eine Papierüberweisung ab." Auch die Sparkassen würden unter Fachkräftemangel leiden, deshalb sei es sinnvoll, die Kompetenzen des Personals zu bündeln.
Längere Wege für Beratung "zumutbar"?
Das Leitbild für das Geldinstitut sei ohnehin der "hybride Kunde" - also Menschen, die teilweise online und teilweise in der Filiale ihre Bankgeschäfte erledigen. Es sei wichtig, ihnen bessere Angebote zu machen. Einfache Sachen würden dann bequem am Handy oder am Computer erledigt. "Für Dinge, die man nicht täglich tut - wie Altersvorsorge, Hausfinanzierung -, da bedarf es einer persönlichen Beratung und da wollen wir auch nicht weg davon. Wir setzen ja auf das vertrauensvolle Verhältnis zu unseren Kundinnen und Kunden. Und für solche Gespräche - einmal, zweimal im Jahr - da ist ein etwas längerer Weg in eine Filiale durchaus vertretbar", erklärt Heiduck die Strategie der Sparkasse.
Parallel werde in den Ausbau digitaler Angebote investiert und das Video- und Telefonbanking ausgebaut. Gerade für den älteren Kundenkreis sei Telefonieren eine Möglichkeit, sich den Weg in eine Filiale zu ersparen. Zudem gebe es auch noch einen "Sparkassenbus", der als mobile Filiale in Regionen unterwegs sei, in denen das verbliebene Filialnetz zu dünn sei. Denn auch nach der geplanten Schließung verfüge die MBS ansonsten über das dichteste Geschäftsstellennetz in der Region, verglichen mit allen anderen Geldinstituten.
Daseinsvorsorge gerade für ältere Menschen
Bürgermeister Smaldino in Mühlenbeck überzeugt das nicht. Die MBS als Sparkasse sei eine Anstalt Öffentlichen Rechts, getragen von Landkreisen und Städten in Brandenburg. Sie habe einen anderen Auftrag als private Mitbewerber. "Der Ehrenkodex der Sparkasse war, so habe ich das immer verstanden: Wir sind für den kleineren Bürger in der Mitte der Gesellschaft da, und wir sind für den Mittelstand da, um hier Kreditvergaben zu machen." Es gehe um Daseinsvorsorge, nicht um Geschäft.
Seit die Information zur Filialschließung öffentlich ist, würden ihm die Menschen "die Bude einrennen", erzählt Smaldino. Gerade bei älteren Bürgern fließe da "schon einmal eine Träne". Es seien schließlich ganz praktische Dinge, die fehlten, wenn der nächste Geldautomat nur kompliziert erreichbar sei. "Wie soll denn eine alte Omi für ihr Enkelkind jetzt noch einen Zwanziger herausholen und zum Geburtstag nebenbei reinstecken?"