Bioethanol in Kraftstoffen Deutschlands erste Tankstelle mit E20-Benzin
In Mannheim bietet ab heute die erste öffentliche Tankstelle den Kraftstoff Super E20 an. Es ist der Flottenversuch eines Ethanol-Herstellers. Die Bioethanol-Beimischung ist aber weiter umstritten.
Spezielle Tankkarten und ein Schloss an der Zapfsäule sollen Fahrerinnen und Fahrer daran hindern, den noch nicht zugelassenen Kraftstoff zu tanken. Denn nur 85 ausgewählte Fahrzeuge dürfen ab heute an der Oktan-Tankstelle in Mannheim mit Super E20 befüllt werden. Es ist ein Testlauf an firmeninternen Fahrzeugen der Südzucker AG mit Sitz in Mannheim. Vor allem VW- und BMW-Fahrzeuge, aber auch Modelle von Seat, Skoda und Audi sind Teil des Flottenversuchs.
Drei Jahre lang sei das Superbenzin "ausgiebig auf Emissionsparameter und technische Parameter getestet worden, um vor allem herauszufinden, wie Fahrzeuge das neue E20 vertragen", so Jörg Willhauck, Unternehmenssprecher der CropEnergies AG - ein Unternehmen, das 2006 an die Börse ging und mehrheitlich dem Südzucker-Konzern gehört. In der heute startenden Testphase stünden vor allem die Mischbetankung, die CO2-Einsparung und die Öffentlichkeitsarbeit im Vordergrund, so das Unternehmen.
Mehr Ethanol für mehr Klimaschutz?
Ethanol-Beimischungen in Kraftstoffen werden seit Jahrzehnten verwendet, um den Anteil fossiler Energien zu reduzieren und um die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern. Bei E5 liegt der Anteil von Bioethanol bei maximal fünf Prozent, bei E10 sind es zwischen null und zehn Prozent. Bei dem neuen E20 will der Hersteller nicht weniger als 20 Prozent beimischen, damit eine "maximale CO2-Einsparung" möglich sei, so Willhauck.
Für die Produktion werde hauptsächlich Futterweizen verwendet, der "keine Brotqualität" habe, verspricht das Unternehmen. "Aus dem Weizen nehmen wir die Stärke heraus, welche dann in Zucker umgewandelt wird. Der Zucker wird dann vergoren und zu Bioethanol verarbeitet", erklärt Willhauck.
"In direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion"
Umweltschützer sehen die Produktion von Ethanol für Kraftstoffe kritisch. "Auf riesigen Flächen erst Nahrung anzubauen und sie dann als Sprit in Verbrennerfahrzeugen zu verwenden ist ein sicherer Weg, um die Ernährungskrise, Klimakrise und das Artensterben gleichzeitig zu befeuern", warnt die Klima- und Verkehrsexpertin Johanna Büchler von der Deutschen Umwelthilfe. Diese großen Flächen, die nötig seien, um den Kraftstoff herzustellen, würden bei den offiziellen Treibhausgas-Bilanzen außerdem nicht mitberücksichtigt, so Büchler.
EU-weit werden täglich rund 10.000 Tonnen Weizen zu Kraftstoff verarbeitet, dies entspreche 15 Millionen Laib Brot, sagt Büchler. "Damit steht die Produktion von diesem Kraftstoff in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion", so die Expertin. Dies treibe die Lebensmittelpreise nach oben und treffe vor allem ärmere Menschen, kritisiert die Wissenschaftlerin. "Außerdem hat das Bundesumweltamt den Einsatz dieser Kraftstoffe schon seit 15 Jahren in jedem einzelnen Bericht als umweltschädlich eingestuft. Das ist ein deutliches Statement. Das Argument mit dem Klimaschutz stimmt nicht", so Büchler.
ADAC für höhere Beimischungsquoten
Natürlich dürfe die Herstellung des Bioethanols nicht zulasten der Lebensmittelversorgung gehen, sondern müsse aus Restprodukten und Bioabfällen erfolgen, betont Michael Gebhardt vom Automobilclub ADAC. "Eine höhere Beimischung von zehn auf 20 Prozent trägt dem Umweltschutz jedoch Rechnung und bietet noch mehr Einsparpotenzial, weil kein neues CO2 freigesetzt wird", so Gebhardt.
Von einer Markteinführung von Super E20 sei man ohnehin noch weit entfernt, dies könne noch Jahre dauern, betont der ADAC-Sprecher. "Die Kraftstoffqualitätsnorm muss dafür erst noch geändert werden, und auch die Autohersteller müssen erst noch damit beginnen, ihre Fahrzeuge freizugeben. Stand heute kann man nämlich nicht sagen, welche Autos E20-tauglich sind", so Gebhardt.
Außerdem liege der Marktanteil des aktuellen Super E10-Benzins bei lediglich 24 Prozent, obwohl 95 Prozent der Fahrzeuge damit betankt werden können. "Bei der Einführung von E10 hat man anfangs viele Verbraucher verunsichert, daher wollen die meisten Autofahrer das Benzingemisch nicht tanken." Es müsse bei der Vermarktung von E20 klarer kommuniziert werden, dass es für das Auto keinesfalls schädlich ist, so der ADAC-Sprecher.