Gefahr durch Ratenkredite Verbraucherschützer für mehr Schutz vor Überschuldung
Angesichts der boomenden Nachfrage nach Ratenkrediten dringen Verbraucherschützer auf einen besseren Schutz vor Überschuldung. Kreditgeber sollten ihren Kunden etwa in finanziellen Notlagen flexible Rückzahlungskonditionen anbieten.
"Buy Now - Pay Later" - jetzt kaufen, später bezahlen: Einkaufen auf Pump ist beliebt, doch immer wieder überschätzen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre finanziellen Möglichkeiten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher, die Menschen schon im Prozess der Kreditvergabe besser vor möglicher Überschuldung zu schützen.
Um Verbraucher vor Überschuldung zu schützen, fordert der vzbv unter anderem, dass Banken vor dem Kreditvertrag verpflichtet werden, Einkommen und regelmäßige Ausgaben von Verbrauchern zu prüfen - auch bei Minikrediten. "Gerade bei Krediten mit geringem Betrag oder kurzer Laufzeit, muss von einem besonders hohen Überschuldungsrisiko ausgegangen werden, weshalb insbesondere die Verpflichtungen aus bestehenden Kreditverträgen berücksichtigt werden sollten", mahnt der vzbv.
Bessere Vereinbarkeit mit Datenschutz
Zudem sollten Kreditgeber verpflichtet werden, Verbrauchern, die bei der Rückzahlung in Schwierigkeiten geraten, flexible Konditionen anzubieten, ehe deren Vertrag gekündigt wird: etwa eine Verringerung der Raten oder einen Zahlungsaufschub (Stundung).
Um Überschuldungsschutz und Datenschutz gleichermaßen zu berücksichtigen, schlägt der vzbv außerdem vor, die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung durch ein strenges Verarbeitungsverbot von sensiblen Verbraucherdaten zu ergänzen. "Die Kreditwürdigkeitsprüfung muss so gestaltet werden, dass bei jeder Art von Verbraucherkrediten das individuelle Einkommen und die regelmäßigen Ausgaben geprüft werden, ohne dabei sensible Verbraucherinformationen zu verarbeiten", so vzbv-Expertin Mohn.
Chancen neuer EU-Vorgaben nutzen
Wer in Deutschland einen Kredit aufnehmen möchte, muss in der Regel zunächst eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchlaufen. Teil davon ist häufig eine Bonitätsauskunft einer Auskunftei - etwa der Schufa. Die Prüfung soll Banken und Sparkassen Aufschluss geben, wie hoch das Risiko ist, dass ein Kreditnehmer einen Kredit nicht zurückzahlt. Klein- und Kurzzeitkredite bis 200 Euro sind von einer solchen Prüfung bislang ausgenommen - noch.
Denn die EU-Verbraucherkreditrichtlinie, die am 30. Oktober 2023 in Kraft getreten ist, sieht vor, auch bei der Vergabe solcher Kredite eine Prüfung voranzustellen. Wer sich Geld bei der Bank leiht, soll künftig verständlicher informiert werden, was das kostet. Ziel ist, vor allem Haushalte mit geringem Einkommen vor zu hohen Schulden zu bewahren. Bis 20. November 2025 müssen die EU-Mitgliedstaaten die Vorgaben in nationales Recht umsetzen.
Wie die Verbraucherkreditrichtlinie in Deutschland umgesetzt werden könnte, dafür hat der Verbraucherzentrale Bundesverband gemeinsam mit dem Institut für Finanzdienstleistungen (iff) Vorschläge erarbeitet. Die Chance sei, "die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Vergabe von Verbraucherkrediten langfristig zu verbessern", argumentiert der vzbv.
Weniger Überschuldung in Deutschland
Die Zahl überschuldeter Privatpersonen in Deutschland geht seit Jahren zurück: Wie Daten des SchuldnerAtlas 2023 zeigen, waren im vergangenen Jahr 5,65 Millionen Bürgerinnen und Bürger über 18 Jahre überschuldet. Damit ist die Zahl überschuldeter Privatpersonen zum fünften Mal in Folge zurückgegangen und sinkt 2023 auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Auswertungen im Jahr 2004.
"Kredite können Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, Vorhaben wie einen Auto- oder Küchenkauf zu realisieren oder finanzielle Engpässe zu überbrücken. Wir beobachten jedoch, dass Banken immer wieder Kredite vergeben, die für Verbraucherinnen und Verbraucher in der finanziellen Überforderung oder Überschuldung enden", sagte Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim vzbv.
Mehr Ratenkredite
Allerdings ist gleichzeitig auch die Zahl der Ratenkredite gestiegen: Daten der Auskunftei Schufa zufolge ist die Zahl neu abgeschlossener Ratenkreditverträge in Deutschland im Jahr 2022 um 30 Prozent zum Vorjahr auf gut 9,1 Millionen Abschlüsse gestiegen. Etwa 3,8 Millionen der neuen Verträge waren demnach Kleinkredite unter 1.000 Euro. In fast 98 Prozent der Fälle werden Ratenkredite vertragsgemäß getilgt. Dennoch warnte Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder: "Auch die Rückzahlung von vielen kleinen Krediten kann schnell zu finanzieller Überlastung führen."
Heute kaufen, morgen bezahlen - aus Sicht vieler Verbraucher ein verlockendes Angebot, zumal die Finanzierung oft zum Nulltarif angepriesen wird. "Besonders das Aufkommen neuer Kreditformen wie Buy-Now-Pay-Later, die eine schnelle Finanzierung von Waren im Online-Handel ermöglichen, schaffen neue Gefahren für Verbraucherinnen und Verbraucher, die eigenen finanziellen Möglichkeiten zu überschätzen", betont der vzbv.